Unsere Nachbarin Viola ist heute morgen Richtung Swaragau aufgebrochen. Sie hatte kurzfristig die Möglichkeit bekommen an einem Trek ins Dorf teilzunehmen und wir haben sie natürlich aktiv dazu überredet, dem Dorf, in dem wir 10 wundervolle Tage verbracht haben, einen Besuch abzustatten.
Am Frühstückstisch besprechen wir den Tag und lassen natürlich den gestrigen Abend in Bollywood nochmals Revue passieren. Es war also doch kein Traum und übrigens habe ich 10.000 Rupien in der Tasche. Was machen wir denn nun mit dem plötzlichen Geldsegen? Kerstin erinnerte mich an die Kinder unten im Erdgeschoß, die immer so brav auf einer Matte vor dem Haus in der Sonne sitzen, um sich aufzuwärmen. In Kathmandu ist der Winter eingebrochen und so sind die Zimmer ohne Heizung sehr ausgekühlt. Daher beschließen wir ein Heizgerät von dem Geld zu kaufen. Natürlich erinnern wir uns an die Zeiten am Edersee im Campingzelt, wo mit einem Heizaufsatz auf einer Gasflasche geheizt wurde. Sowas stellen wir uns vor und berichten Gokul und Prakriti von unserer Idee, die freudig angenommen wird. Gesagt getan, nehmen wir uns vor, heute mal zu schauen, wie weit das Film-Budget reicht.
Nach dem Frühstück geht es zum Pashmina-Händler, um unsere Fundstücke abzuholen. Leider oder zum Glück gibt es keine neue Ware und wir packen alles zusammen und freuen uns über das kuschelweiche Paket. Auf dem Rückweg halte ich bei einem Haushaltswaren-Laden an und erkunde die Heizgeräte. Gleich fällt mir eine Variante mit Gas und Strom auf, in die man die Gasflasche komplett hineinstellen kann. Ich erfrage den Preis und wir marschieren weiter in den nächsten Supermarkt, um Klopapier zu kaufen. Dabei fällt uns ein leerer Reissack mit dem Elefantenmotiv auf und ich schnappe mir direkt das extrem rare Stück und frage an der Kasse, ob ich den Sack mitnehmen darf. Die Kassiererin schaut mich staunend an und nickt nur. Lange nicht mehr soooo viele Fragezeichen in den Augen eines Menschen gesehen. Zu Hause zeigen wir Stolz unser Fundstück und berichten Gokul über die Heizgerät-Recherche. Er fragt mich sofort, ob es ein Gerät aus China oder Indien wäre und ob es Garantie gibt. Schon war mir klar, dass ich wohl doch noch nicht mit allen Nepali-Wassern gewaschen bin und das nächste Mal besser direkt mit Gokul losziehe.
Was klopft da eigentlich den ganzen Tag auf dem Dach? Ich steige die Rundtreppe hoch und sehe zwei Nepali mit einem Stock auf einen Haufen Füllstoff einprügeln. Heute ist Matratzen-Auffrischungstag. Mit Stöckern wird das Füllmaterial durch Schläge wieder fluffig gemacht. Alles Handarbeit hier in Nepal.
Prakriti berichtet von ihrem Besuch bei Sunita und dem engagierten Einsatz, insbesondere die neuen Labels in die Taschen zu nähen. Es geht ein Strahlen über Kerstins und Prakritis Gesicht. Die Mädels haben alles im Griff!
Des Weiteren verkündet mir Gokul, dass sein Vater ihm mitgeteilt hat, dass er mich als seinen neuen Schwiegersohn ansieht. Dies ist eine große Ehre für mich und ich bin ganz gerührt. Somit sind Kerstin als neue Tochter und ich als neuer Schwiegersohn offiziell Mitglieder der Familie Subedi. Ich freue mich ein Teil der Familie zu sein.
Auf geht es zur Hochzeit des Sohnes des Bruders der Mutter oder was weiß ich. Auf jeden Fall Familie. Rauf auf den Motorroller und ab durch den Staub. In einem kleinen Gewerbegebiet auf einem Innenhof steht ein großes Zelt mit mehreren Reihen Plastikstühlen und ersten Gästen. Eigentlich sind wir davon ausgegangen, dass wir mindestens 2 Stunden zu spät sind, aber hier gilt mal wieder Nepali-Zeit. Die Party fängt gerade erst an. Wir begrüßen erste uns bekannte Menschen und setzen uns. Gleich stürmt eine Gruppe Kinder auf uns zu und die üblichen Fragen auf Englisch prasseln auf uns ein. Immer wieder schön zu sehen, dass die Kinder den Mut haben und anzusprechen. Kerstin holt ihre Wunderwaffe heraus: Seifenblasen. Das wirkt in jedem Alter und die Kinder ziehen mit der Flasche ab.
Was passiert jetzt hier? Das Brautpaar hatte bereits gestern eine große Feier in enger Familienrunde, an der wir aus terminlichen Gründen nicht teilnehmen konnten. Heute darf jeder kommen und eigentlich warten alle nur auf die Eröffnung des Buffets. Aus irgendwelchen Gründen wurde das Buffet in zwei Teile geteilt: Vegetarisch und Fleisch. Das hatte zur Folge, dass sich bei Fleisch in Millisekunden eine Schlage von min. 50 Menschen bildete und Vegetarisch sofort zu erreichen war. Gerne wäre ich natürlich an die Fleischtheke gegangen, aber das hatte sich nun erledigt. Zwischendurch stibitzt Gokul mit gegrilltes Huhn von der Fleischtheke, weil er wohl Angst hatte, das ich verhungere 😉 Als wir mit dem Essen fertig waren, war auch unsere Anwesenheit nicht mehr nötig und verließen die Feier mit einem Foto mit dem hübschen Brautpaar. Dies hat der offizielle Fotograf sich natürlich nicht entgehen lassen, denn ein Bild mit den einzigen Weißen muss natürlich auch ins Hochzeitsbuch.
Auf nach Old-Town um die Love Letter abzuholen. Doch leider waren diese trotz Zusage nicht vor Ort und das war definitiv die falsche Information. Prakriti ließ sich sofort den Chef per Telefon geben und hat ihn durch Telefon mal kurz in den sandigen Boden gestampft. Kerstin und ich haben zwar kein Wort verstanden, aber wir beide lächelten uns nur an und waren erfreut, wie sie sich für die Sache einsetzt. Weiter so!
Gokul und ich fahren noch weiter, um nach einem Heizgerät in Old-Town ausschau zu halten und die Frauen fahren nach Hause. Wir schlängeln auf dem Mottorrad durch engste überfüllte Gassen, bis wir direkt vor dem Eingan eines Elektrohändlers halten. Ich gehe ein paar Läden weiter, während Gokul mit dem Besitzer fachsimpelt. Irgendwie scheinen hier die Preise mindestens auf dem Niveau wie bei uns im Viertel zu liegen. Da wollen wir lieber den Händler vor Ort unterstützen und wir haben kein Transportproblem. Gesagt, getan und ein Heizgerät bei uns im Viertel gekauft und es war auch noch das besseres Gerät aus Indien inkl. Garantie. Perfekt!
Gokul möchte uns noch etwas besonderes zeigen und wir fahren zum Pashupatinath Tempel, da wo die Hindus die Toten verbrennen. Leider sind wir etwas spät dran und bekommen nur noch den Schluss der Zeremonie mit. Wir suchen uns noch ein weiteres Plätzchen, um die Stimmung dieses besonderen Ortes auf uns wirken zu lassen. Wieder sehen wir, wie eine (fast) Tote auf die Verbrennung vorbereitet wird und bekommen auch mit, wie ein neuer Toter per Sarg (wahrscheinlich direkt vom Flughafen aus z.B. einem arabischen Land) gebracht wird.
Wieder zu Hause sitzen wir noch bei Gokul und Prakriti auf dem Bett und arbeiten weiter am Projekt. Krishna ist ebenfalls anwesend und es entwickelt sich ein Karriereberatungsgespräch zwischen Krishna und Kerstin. Leider konnten wir hier nicht schnell zu einem Resultat kommen.