Kultur und Business im Wechsel

Chancen auf dem US Markt

Heute treffen wir uns mit Mac, der auch gerade in Kathmandu ist. Den Kontakt hat eine liebe Freundin aus Berlin hergestellt. Mac exportiert seit über 30 Jahren Handwerkskunst aus Tibet und Nepal in die USA und verkauft es dort im grossen Stil auf Märkten, auf einer Online-Plattform und über Katalog. Ein Profi, der sich bestens auskennt. Wir sind gespannt ihn zu treffen. Da er sehr beschäftigt ist, fahren wir zu ihm nach Patan. Das ist eine Nachbarstadt von Kathmandu und das Zentrum aller Botschaften, NGOs und INGOs. Hier ist es viel sauberer als in Kathmandu, das STrassenbild oft geprägt von Jeeps verschiedener Hilfsorganisationen und das Angebot an Bars- und Restaurants sehr westlich geprägt. Wir sind sehr selten hier und staunen jedes mal. Mittlerweile sind wir ganz selbstverständlich mit dem Roller von Prakriti unterwegs. Oliver kommt gut mit dem Rechtsverkehr und den Schlaglöchern zurecht und drängelt und schlängelt sich durch das Strassenchaos ganz wie ein echter Nepali.

In Patan angekommen, breiten wir unsere ganze Shakti Milan Palette in Piano, einem Italienischen Restaurant, auf der Dachterrasse aus. Die Klassiker, unsere City Bag, genauso wie die neuen Prototypen. Super gespannt erwarten wir Mac.

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Mac ist ein super sympathischer und entspannter Geschäftsmann. Mehrmals im Jahr verschickt er Container mit Waren aus Nepal in die USA um sie dort zu vertreiben. Das Leid der Transportkosten können wir bereits mit ihm teilen. Er erklärt uns seine ganze Lieferkette und wer alles etwas vom Kuchen abhaben will, bis das Endprodukt dann verkauft ist. Ja, das kommt uns bekannt vor, deshalb verkaufen wir ja auch am liebsten direkt an den Endkunden. Aber mittlerweile haben wir eine gut laufende Produktion, die locker 300 Taschen pro Monat schafft und da müssen wir uns nach Vertriebspartnern umsehen, die auch gewissen Mengen abnehmen können, damit wir unseren Ladies eine Beschäftigungssicherheit bieten können. Mac wäre ein Glücksfall für uns, auch wenn wir beim Preis einige Kompromisse eingehen müssen.

Gespannt wie ein Flitzebogen sind wir, ob ihm unsere Produkte wohl gefallen und in sein Sortiment passen. JA! Er ist begeistert. Lobt die Produkte und die Verarbeitung. Hat hier und da noch ein paar Anmerkungen aber unterm Strich ist alle gut. Wir beschliessen, dass wir es gerne auf einen Versuch ankommen lassen wollen und eine kleine Charge nach seinen Wünschen produzieren, die dann als Test auf dem US Markt landen. WOW!

Als nächstes schickt uns Mac seine Designerin, die sich unsere Produktion anschaut und bestimmte Änderungswünsche hat. Und gemeinsam mit ihr kommt auch seine Qualitäts-Managerin. Sie wird alles inspizieren und ihm dann einen Report schicken. Jetzt heisst es Daumen drücken, dass wir den Qualitäts-Check gut bestehen und uns auch über Preis und Konditionen einig werden. Bitte alle mithelfen. Wir berichten dann, wie die Geschichte weitergeht.

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Das liebe Essen….

Oliver: Wer mich kennt, der weiß, dass ich gerne esse. Nur bei 32°C im Schatten kann ich auch gerne mal auf das Mittagessen verzichten und abends lecker essen. Das habe ich nun heute Mittag allen betroffenen und nicht-betroffenen Mitgliedern der Gastfamilie mitgeteilt und versucht klarzumachen, dass es mir gut geht und ich nur kein Mittagessen wünsche. Selbst beim rausgehen habe ich die x-te Rückfrage nochmals bestätigt, dass ich aktuell weder Reis noch Tee benötige. Es sind schließlich 32°C. Ca eine Stunde später steht plötzlich Prakriti neben mir und bietet mir eine Nudelsuppe mit den Worten an, dass ich doch was essen müsste und Kerstin hat schliesslich auch eine Nudelsuppe gegessen. I like Nepal.

Apropos essen. Essen in Nepal bedeutet Reis mit Linsen, was hier Dal Baht heißt. Da ich zusätzlich auch noch in einem Vegetarier Haushalt bin, gibt es hier ausschließlich Reis mit Linsen. Aber es gibt Beilagen. Kartoffeln. Wozu brauche ich Kartoffeln, wenn ich Reis habe? Sei ruhig und iss. I like Nepal.

Zu den guten Sitten in Nepal gehört es, dass man gerne einen Nachschlag nimmt. Nun habe ich selten ein Problem damit einen Nachschlag zu nehmen, doch wenn man bereits den Teller mit Reis und Linsen und eben Kartoffeln hoch wie den Himalaya gefüllt hat, fällt es auch mir schwer, einen weiteren Löffel von jedem dazu zunehmen. Doch Ama, die Mutter von Gokul und Herrin der Küche, lässt natürlich nicht locker und so gibt es noch einen Löffel Reis und etwas Linsen, ach ja Kartoffeln gibt’s auch noch. I like Nepal.

Dass meine Essensverweigerung auch noch am nächsten Tag Thema sein wird, hätte ich nicht gedacht. Aber bereits zum Frühstück kommen wir wieder auf das Thema und Gokul möchte sichergehen, dass ich heute was esse. Da ich plane mit Krishna in die Stadt zu einem Festival zu fahren, werden mir bereits jetzt MoMos (eine Art Nepalesische Maultaschen) versprochen. In der Stadt hat mir Krishna dann einen Geheimtipp für MoMos gezeigt und ich habe sehr leckere MoMos gegessen. Um alle Gemüter zu beruhigen habe ich ein Selfie per FB Messenger in die Runde geschickt und alles ist wieder gut. I like Nepal.

Da ich, ehrlich gesagt, die ganze Aufregung nicht verstehe (tut mir sicherlich auch mal gut eine Mahlzeit auszulassen), erklärt mir Kerstin, woher die Aufregung kommt. Als ausländischer Gast bin ich hier das wichtigste Gut im Haushalt. In der Kultur der Nepalesen ist Essen wesentlich, wenn nicht sogar heilig. Das ich nicht zu Mittag gegessen habe, war also ein kultureller Fauxpas. Es gibt nur eine Ausnahme und das ist die Gesundheit. Da alle Nepalesen wissen, dass wir Bleichgesichter manchmal mit den Speisen magentechnisch nicht klarkommen, kann man dann eine Ausnahme machen, da die Gesundheit wohl über dem Essen steht. Dieser Grund darf auch als Ausrede benutzt werden. I like Nepal.


Pooja in Pashupatinath

Heute Nachmittag gibt es Kultur. Gokul, sein Freund Raj, Krishna, Kerstin und ich fahren mit den Motorrädern zuerst zur Augentempel-Stupa. Auf dem Weg zur Stupa sehen wir die auch ein Jahr nach dem Erdbeben noch existierenden Zeltlager der Obdachlosen. Am 25. April jährt sich dieses fürchterliche Ereignis zum ersten Mal und ich werde sicherlich noch dazu berichten.

Angekommen an diesem besonderen Platz mit dem buddhistischen Heiligtum in der Mitte und den unzähligen Hotels und Geschäften im Ronell um die Stupa herum, erkennt man schnell, dass dies ein Magnet für Nepalis, Mönche und Touristen ist., aber vor allem für die Tibetische-Gemeinschaft ausserhalb Tibets. Alle Menschen gehen im Uhrzeigersinn um die Stupa herum. Mindestens 1 Mal. Und nie eine gerade Anzahl an Runden. Dabei halten sie ihre Gebetsketen (Malas) in den Händen und beten vor sich hin.

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Auch dieses Heiligtum hat Schaden durch das Erdbeben genommen. Die Spitze der der riesigen Kuppel und die charakteristischen Augen wurden beschädigt, danach entfernt und jetzt komplett erneuert.

Nach dem buddhistischen Heiligtum fahren wir danach zum hinduistischen Heiligtum. Einer der stimmungsvollsten Orte in Kathmandu ist für mich Pasupatinath. Bereits bei unserer ersten Reise vor über einem Jahr haben wir diese „Begräbnisstätte“ besucht. Für einen Hindu gibt es nichts Erfüllenderes, als hier nach dem Tot verabschiedet, verbrannt und im Fluß als Asche auf den Weg ins Jenseits gebracht zu werden. Zum Glück gab es hier nur wenig Schäden durch das Erdbeben. Heute Abend gibt es eine besondere Zeremonie, an der wir teilnehmen wollen. Kerstin, etwas Abseits sitzend und die Stimmung mit der Musik und den Farben genießend, und ich mit der Kamera in der Hand direkt um das Geschehen herumspringend, um möglichst stimmungsvolle Bilder zu knipsen. Immer wieder einen Abend wert.


Einführung in Nepals High Society

Bei unserem Termin in der Deutschen Botschaft haben wir einen Kontakt zu einem Österreichischen Geschäftsmann bekommen, der in Nepal einen Deutsch-Nepalesischen Unternehmer-Stammtisch organisiert. Das klingt spannend. Also haben wir ihn angeschrieben und auf ein Bier eingeladen um von ihm mehr darüber zu erfahren, wie der Hase so in Nepal läuft und wie wir hier erfolgreich sein können. Er antwortet sofort und lädt uns zum Treffen in sein Familien-Restaurant nach Patan ein.

So langsam lernen wir, dass Patan, Kathmandus kleine Nachbarstadt, auch für uns wichtig ist.

Wir sind sofort per Du. Herbert. Er ist super nett, sehr offen und wir trinken erst einmal einen vorzüglichen Wein in seinem Restaurant. Hier ist es wie in Italien oder wie im Molinari in Berlin. Ein Treffpunkt von Familie, Freunden und Geschäftspartnern. Wir sitzen mit am grossen Familien-Tisch im Restaurant und lernen so auch seine Nepalesische Familie kennen. Alle gut ausgebildet, sehr freundlich und international erfahren. Deutsch sprechen sie zwar nicht, verstehen aber jedes Wort.

Und da gerade an diesem Tag das Nepalesische Neujahrsfest gefeiert wird, kommt eine Lokalprominenz nach der anderen in das Restaurant. Herbert kennt und begrüsst sie alle. Eine der reichsten Familien Nepals (so klärt uns Herbert auf) kommt spontan zum Abendessen vorbei. Das ist für uns eine ganz neue Welt. Die Welt der Upper-Class in Nepal haben wir bisher noch nicht erlebt. Wir waren in den Dörfern unterwegs, haben in Hütten Reis über dem offenen Feuer gekocht und unter einfachsten Bedingungen gelebt. Auch kennen wir den gehobenen Lebensstandard unserer Gastfamilie hier in Kathmandu. Aber das ist hier ist neu für uns. Wir gucken und staunen. Lauschen den Geschichten von Herbert und freuen uns darüber, dass auch hier unsere Taschen auf Begeisterung stoßen. Vielleicht schaffen wir es sogar ein paar Exemplare auf dem lokalen Markt zu vertreiben und damit die horrenden Transportkosten noch Deutschland zu sparen. Wir werden auf jeden Fall noch einmal wieder kommen, in dieses besondere Restaurant.


 

Morgen verlassen wir wieder unsere Heimat in Nepal und fliegen zurück nach Berlin. Es gibt noch einige Geschichten zu erzählen, was wir dann in den nächsten Wochen nachholen werden.

Namaste!

 

Überraschung bei Shakti Milan

Freitag, 1. April: Ankunft in Kathmandu und Überraschung bei Shakti Milan: Kein Aprilscherz

Wir haben die Taschen dann doch wieder voll bekommen. Mit über 70 KG Gepäck sind Oliver und ich (Kerstin) gut und sicher in Kathmandu gelandet. Schon im Landeanflug konnten wir sehen, dass jetzt Trockenzeit ist. Die oft so grünen Reisfelder sind größtenteils unbepflanzt und es herrscht Wasserknappheit, insbesondere im Kathmandu-Tal.

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Gokul und Krishna holen uns vom Flughafen ab. Wir bekommen zur Begrüssung jeder den obligatorischen orangenen Blumenkranz umgehängt, den sie auf der Fahrt zum Flughafen am Tempel gekauft haben. Die Freude des Wiedersehens ist schon am Flughafen groß. Dann aber schnell alle Taschen in ein Mini-Taxi reinstopfen und ab nach Hause. Klein Shakti, die neugeborene Tochter von Gokul und Prakriti, ist aufgewacht und erwartet uns. Oliver und ich passen gerade noch ins Taxi, Gokul und Krishna fahren auf dem Scooter zurück. „Du kennst ja den Weg, musst den Taxifahrer anleiten…“ ruft mir Krishna noch beim Abfahren zu, lacht und verschwindet mit dem Scooter um die Ecke.

In den Strassen von Kathmandu wuselt es wie immer. Ich versuche zu erkennen, ob man die Auswirkungen der monatelangen Versorgungs-Blockade direkt erkennen kann. Ist weniger Smog da, weil nicht so viele Fahrzeuge unterwegs waren? Nein, eigentlich nicht. Über der Stadt hängt eine Dunstglocke vom Feinsten und die Berge kann man nicht mal erahnen. An jeder Ecke wird gebaut, erkennen wir vom Taxi aus. Nachdem endlich wieder Waren ins Land kommen, können die Aufbauarbeiten nach den großen Erdbeben im vergangenen Jahr endlich weiter geführt werden. Auch in Kathmandu leben immer noch sehr viele Menschen in Zelten.

Angekommen zu Hause bei Gokul und Prakriti werden wir von allen begrüsst und bekommen unser Willkommens-Tika (ein roter Farbpunkt auf der Stirn, ungünstig, wenn man Pony trägt… hatte ich irgendwie verdrängt). Das Shakti-Baby ist ein echter Wonneproppen. Erst 3 Monate alt und schon an die 7 KG schwer. Und soooo suess!! Deswegen wird sie auch ununterbrochen von einem Familienmitglied durch die Gegend getragen. Alle wollen sie mal auf den Arm nehmen und es wird wohl noch eine Weile dauern, bis ich auch an die Reihe komme. Immerhin schreit sie nicht mehr bei weißen Menschen, seit eine Voluntärin im Hause ist und Little Shakti sich an ein weißes Gesicht gewöhnt hat.

Wir sind eigentlich ziemlich fertig von der Reise und wären gerne nach dem Milchtee zur Begrüssung noch für ein paar Stündchen ins Bett gegangen. Aber die Ladies von Shakti Milan warten auf uns und so geht es gleich weiter mit dem Scooter in unsere kleine Taschenmanufaktur.

Was uns dort erwartet ist echt der Hammer und auch kein Aprilscherz. Alle Damen anwesend. Natürlich werden wir wieder mit orangen Blumenkränzen empfangen. Wir kommen in einen neuen Nähraum, der jetzt ein größerer ist mit hellem Tageslicht und frisch gestrichenen Wänden. Alles super ordentlich und professionell. „Wow, wann seid ihr umgezogen? Habt ihr gar nicht erzählt“, sage ich. Ein Mega-breites Grinsen auf Gokuls und Prakritis Gesicht. „Ja, wir brauchten mehr Platz, aber komm weiter….“ Und dann werden wir in einen weiteren Raum geführt. Unser erster Show-Room. Der Knaller!

Abends erfahre ich von Marlene, der Voluntärin bei uns im Haus, dass sie seit Tagen damit beschäftigt waren diese beiden Räume herzurichten und alle Voluntäre, die das Projekt besuchen wollten auf später vertröstet wurden, da alle vollauf mit den Vorbereitungen für unseren Besuch ausgelastet waren. Ich bekomme Gänsehaut als ich die ganzen neuen Prototypen sehe. So schön dekoriert. So toll verarbeitete Taschen. Alles so liebevoll in Szene gesetzt. Stumm umarme ich Prakriti. Danke sagt man in dieser Kultur nicht. Man denkt es vom Herzen und das Gegenüber spürt es dann. Ich bin unendlich stolz auf dieses Team und was sie in nur ein paar Monaten alles auf die Beine gestellt haben.

Dass es nicht einfach war, das ist uns klar. Welche Hürden sie genommen haben, erfahren wir in Ansätzen beim Milchtee bei Praktitis Eltern und auf dem Weg zurück nach Hause. Wir reden alle wie die Wasserfälle. Dass wir noch längst nicht alles wissen, ist auch klar. Dies ist eine Kultur, in der Zeit unbegrenzt vorhanden ist und nicht linear gemessen wird. Für alles ist der passende Moment und für viele Neuigkeiten muss der passende Moment noch kommen. Für heute haben wir schon sehr sehr viel gesehen und erfahren.

Bei der obligatorischen Baby-Massage am Abend haben Prakriti und ich noch ein bisschen Gelegenheit zum sprechen. Sie berichtet über die schwierige Geburt der kleinen Shakti und die ersten Wochen mit ihr. Kein Wunder, dass sich ab jetzt alles um dieses winzige Geschöpf dreht, nach alldem, was hinter der kleinen Familie liegt.

Samstag: 2. April: Schlafmangel und Besuch

Gestern haben wir trotz Schlafmangel und Jetlag gut durchgehalten. Aber heute hängen wir in den Seilen. Ein spätes Frühstück und danach direkt ein Mittagsschläfchen. Es ist Samstag, der einzige freie Tag in der Woche und wir lassen es langsam angehen.

Am Nachmittag kommt Krishna mit Gisela, einer Urlauberin aus Neuss, vorbei. Wir trinken unseren Milchtee auf der Terrasse, essen ein vorzügliches Dal Baht mit Gemüse-Curry und philosophieren über das Yoga-Center, was Krishna gerade aufbaut und wie wir ihn dabei unterstützen können. Wir bewundern natürlich auch alle neuen Taschen-Typen, die wir gestern aus der Manufaktur mitgenommen haben und beratschlagen, was wohl davon gut ankommt und wo wir noch mal etwas anpassen würden.

Kaum dass sich Krishna und Gisela wieder auf den Rückweg nach Pharping ins Dorf gemacht haben, kommt Kathrin zu Besuch. Was für eine tolle Überraschung! Kathrin habe ich vor genau einem Jahr hier kennen gelernt und seit dem ist sie in Nepal. In der Zwischenzeit hat sie viel erlebt und Unglaubliches auf die Beine gestellt, über das man ganze Bücher schreiben könnte. Wir verbringen einen super netten Abend, essen Reis mit Pommes, bewundern klein Shakti, die glitschig wie ein Fisch ihre Baby-Massage vor dem Heizstrahler geniesst und diskutieren über Märkte, Preise, Labels, Plattformen, Social Media, Reisverschlussköpfe, und vieles mehr.

 

Internet und Strom gibt es in den nächsten Tagen eher wenig, meistens nur Nachts. D.h. wir müssen wieder anfangen alle unsere Geräte strategisch aufzuladen, damit sie bis zum nächsten Strom-Schub durchhalten. Wasser ist im Moment auch Mangelware und Gas und Benzin nach wie vor nur auf dem Schwarzmarkt zu haben. Gut, dass wir die Schlafsäcke dabei haben, denn es ist doch noch relativ kalt hier in Kathmandu.

Aus Spenden-Geld wird Hilfe – Die ersten zwei Initiativen sind angestoßen

Inzwischen ist die Situation in Kathmandu so weit, dass wir aktiv werden können. Die ersten Tage hat die Familie von Prakriti und Gokul damit gekämpft, das eigene Leben und das der Familie zu stabilisieren. Jetzt ist Gokul in der Lage, konkrete Hilfsmassnahmen zu identifizieren und umzusetzen.

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Kerstin ist nun auch in Kathmandu. Nach 6h Busfahrt mit nur drei weiteren Passagieren sind alle wohlbehalten angekommen. Auf der Gegenfahrbahn war wesentlich mehr los. Die Nepalesen aus Kathmandu strömen aufs Land um zu schauen, wie es den eigenen Familien im Heimatdorf geht.

Am gestrigen 29. April, vier Tage nach Beginn des Erdbebens laufen die Vorbereitung für einen Hilfstrek nach Sindhupalchowk, ein Distrikt nord-östlich von Kathmandu. Diese Gegend war das Zentrum der vielen Nachbeben. Kerstin berichtet mir, das noch immer Nachbeben in Kathmandu zu spüren sind, diese aber zum Glück immer schwächer werden.

Zuerst mussten Fahrzeuge gefunden werden und diese sind nun mit Lebensmitteln und Arzneimitteln sowie Zelten bepackt. Zusammen mit Helfern und Ärzten ist Gokul heute morgen in das Dorf aufgebrochen. Ein sehr wichtiges Hilfmittel sind Wasser-Entkeimungstabletten zur Aufbereitung von Trinkwasser. Kerstin hat in Chitwan alle Bestände aufgekauft und diese mit nach Kathmandu gebracht. In Kathmandu selber bekommt man bereits keine Tabletten mehr, weil nun die Phase des hortens begonnen hat und jeder die Dinge hält, die er hat. Unsere schlaue Prakriti hat sich die Tabletten von Kerstin näher angeschaut und gesehen, dass diese in Kathmandu produziert werden und einfach dort angerufen und mal eben 6.000 Tabletten bestellt. Stark schmunzelnd sagte sie zu Kerstin, dass Kerstin die Tabletten wohl zu teuer eingekauft hätte 😉

Wie Gokul es geschafft hat, einen Jeep und einen LKW für die Tour zu bekommen ist uns rätselhaft. Er sagte nur sowas wie Politikerin und Vitamin B etc. Ist auch egal, Hauptsache die ganzen Lebensmittel, die sich im Büro stapeln, kommen zu den bedürftigen Menschen.

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Als weitere Aktion konnten gestern 500€ aus euren Spenden an Baghwan von der Organisation Karmalya übergeben werden, womit der Wiederaufbau des Bergdorfes Swaragau finanziert werden kann. In diesem Dorf waren Kerstin und ich letztes Jahr für 10 Tage als Volunteer über Karmalaya. Das Beben hat wohl das gesamte Dorf zerstört. Zum Glück gab es nur leicht Verletzte und keine Toten, aber die große Schule und das Haus für die Blindenkinder wie auch das Flaschenhaus, an dem wir mitgearbeitet haben sind wohl zerstört. Baghwan versucht nun heute bis ins Dorf zu kommen, wohlwissend, dass die abenteuerliche Zufahrtstrasse in Teilen nicht mehr existiert. Jetzt bräuchte man einen Helikopter.
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Der Unmut über die Hilfsaktivitäten der Regierung und der großen Organisationen nimmt stark zu. Umso wichtiger wird es nun, das gerade die kleinen Initiativen wie unsere WE ARE NEPAL Unterstützung erhalten, weil so sehr direkt Erste Hilfe geleistet werden kann. Bitte spendet weiter und teilt es mit euren Familien, Freunden und Arbeitskollegen. Je mehr helfen desto mehr wird geholfen! Danke.

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WE ARE NEPAL – Die Folgen des Erdbebens

Es ist unbeschreiblich. Für mich, der in Berlin auf dem Sofa sitzt, ist es ergänzend eine Qual. Im Fernsehen und über Twitter muss ich verfolgen, wie Menschen, die ich vor ein paar Monaten sehr lieb gewonnen habe, von einer riesigen Katastrophe heimgesucht werden. Als erstes sehe ich den Dharahara-Turm, der im Dezember 2014, als ich in Kathmandu war, gerade einen neuen weißen Anstrich bekommen hat. Ausser dem Sockel ist nicht viel ürig geblieben und da Samstag ist, wurden auch noch viele Menschen unter dem Trümmern begraben. Kerstin ist gerade in Nepal und ich erhalte kein Lebenszeichen. Zum Glück ist sie nicht in Kathmandu sondern in Lumbini bei einer Meditation. Auch in Lumbini bebt die Erde aber zum Glück keine Zerstörung. Gegen Abend kommt endlich das Lebenszeichen, dass bei ihr alle in Ordnung ist. Die folgenden Stunden habe ich damit verbracht weitere Informationen über die Situation der anderen Freunde vor Ort zu erfahren. Ausserdem erreichten mich viele Rückfragen unserer Freunde, wie es Kerstin geht und sogar über Facebook erreichen mich diverse Anfragen von Menschen, die auch auf der Suche nach Antworten sind. Vielen Dank für die vielfältige Anteilnahme und Nachfrage, wie es Kerstin und der Familie von Prakriti in Nepal gehen. Alle sind soweit okay, aber schaut selber, wie insbesondere die Familie und die Nachbarn aktuell leben. Ihre Häuser sind mehr oder weniger okay, haben aber Schäden davongetragen. Aufgrund der Angst von Nachbeben schalfen und leben sie draußen, Tag und Nacht. Heute konnten Sie Strom per Solar aufbauen, aber Wasser ist weiterhin ein Problem. IMG_5609 Kerstin ist noch ausserhalb von Kathmandu und es geht ihr gut. Aktuell sind die Straßen nach Kathmandu teilweise zerstört und so wird sie noch ein wenig warten, bis sie in die Stadt kommt. Ausserdem wartet sie ab, bis die Nachbeben eine Ende finden. Leider weiß ich noch nicht, wie es unseren Näh-Frauen in Kathmandu und in Pharping geht. Die Möglichkeit der Kommunikation ist sehr beschränkt. WIR MÜSSEN HELFEN Für die Menschen in Nepal habe wir eine Spenden-Kampagne gestartet. 100% der Spendengelder gehen nach Nepal direkt zu den Menschen vor Ort. Das verspreche ich! Bitte auf www.we-are-nepal.org spenden. Folie2 Bergdorf Swaragau Im letzten November waren Kerstin und ich 10 Tage im Bergdorf Swaragau. Es waren tolle Tage in einem tollen Dorf mit super tollen Menschen. Wer noch einmal nachlesen möchte, sollte hier starten. Das Dorf liegt im Gorkha-Distrikt und damit im Epizentrum des großen Bebens. Leider hat es das Dorf schwer erwischt. Hier ein Zitat von Karmalaya, die Organisation, mit der wir damals in Nepal unterwegs waren: „Das Dorf Swaragau und unser dortiges ´Herzprojekt´ für blinde und sehbeeinträchtigte Kinder…liegt in Trümmern. Alles zerstört. 4 Jahre Entwicklung ausradiert. Die guten Nachrichten: die Kindern und Dorfbewohner sind unversehrt. Glück im Unglück, dass das Erdbeben mittags begann und nicht nachts, wo alle schlafen…“ Wir haben eine Spendenaktion auf Betterplace gestartet, die zu 100% an die Familien gehen. Bitte spenden und teilen: www.we-are-nepal.org ‪#‎nepalquake‬ ‪#‎nepal‬ ‪#‎earthquake‬ ‪#‎nepalearthquake‬ ‪#‎wearenepal‬

Hochzeit, Love Letter und der Tod

Unsere Nachbarin Viola ist heute morgen Richtung Swaragau aufgebrochen. Sie hatte kurzfristig die Möglichkeit bekommen an einem Trek ins Dorf teilzunehmen und wir haben sie natürlich aktiv dazu überredet, dem Dorf, in dem wir 10 wundervolle Tage verbracht haben, einen Besuch abzustatten.

Am Frühstückstisch besprechen wir den Tag und lassen natürlich den gestrigen Abend in Bollywood nochmals Revue passieren. Es war also doch kein Traum und übrigens habe ich 10.000 Rupien in der Tasche. Was machen wir denn nun mit dem plötzlichen Geldsegen? Kerstin erinnerte mich an die Kinder unten im Erdgeschoß, die immer so brav auf einer Matte vor dem Haus in der Sonne sitzen, um sich aufzuwärmen. In Kathmandu ist der Winter eingebrochen und so sind die Zimmer ohne Heizung sehr ausgekühlt. Daher beschließen wir ein Heizgerät von dem Geld zu kaufen. Natürlich erinnern wir uns an die Zeiten am Edersee im Campingzelt, wo mit einem Heizaufsatz auf einer Gasflasche geheizt wurde. Sowas stellen wir uns vor und berichten Gokul und Prakriti von unserer Idee, die freudig angenommen wird. Gesagt getan, nehmen wir uns vor, heute mal zu schauen, wie weit das Film-Budget reicht.IMG_4588

Nach dem Frühstück geht es zum Pashmina-Händler, um unsere Fundstücke abzuholen. Leider oder zum Glück gibt es keine neue Ware und wir packen alles zusammen und freuen uns über das kuschelweiche Paket. Auf dem Rückweg halte ich bei einem Haushaltswaren-Laden an und erkunde die Heizgeräte. Gleich fällt mir eine Variante mit Gas und Strom auf, in die man die Gasflasche komplett hineinstellen kann. Ich erfrage den Preis und wir marschieren weiter in den nächsten Supermarkt, um Klopapier zu kaufen. Dabei fällt uns ein leerer Reissack mit dem Elefantenmotiv auf und ich schnappe mir direkt das extrem rare Stück und frage an der Kasse, ob ich den Sack mitnehmen darf. Die Kassiererin schaut mich staunend an und nickt nur. Lange nicht mehr soooo viele Fragezeichen in den Augen eines Menschen gesehen. Zu Hause zeigen wir Stolz unser Fundstück und berichten Gokul über die Heizgerät-Recherche. Er fragt mich sofort, ob es ein Gerät aus China oder Indien wäre und ob es Garantie gibt. Schon war mir klar, dass ich wohl doch noch nicht mit allen Nepali-Wassern gewaschen bin und das nächste Mal besser direkt mit Gokul losziehe.

Was klopft da eigentlich den ganzen Tag auf dem Dach? Ich steige die Rundtreppe hoch und sehe zwei Nepali mit einem Stock auf einen Haufen Füllstoff einprügeln. Heute ist Matratzen-Auffrischungstag. Mit Stöckern wird das Füllmaterial durch Schläge wieder fluffig gemacht. Alles Handarbeit hier in Nepal.

IMG_4580Prakriti berichtet von ihrem Besuch bei Sunita und dem engagierten Einsatz, insbesondere die neuen Labels in die Taschen zu nähen. Es geht ein Strahlen über Kerstins und Prakritis Gesicht. Die Mädels haben alles im Griff!

Des Weiteren verkündet mir Gokul, dass sein Vater ihm mitgeteilt hat, dass er mich als seinen neuen Schwiegersohn ansieht. Dies ist eine große Ehre für mich und ich bin ganz gerührt. Somit sind Kerstin als neue Tochter und ich als neuer Schwiegersohn offiziell Mitglieder der Familie Subedi. Ich freue mich ein Teil der Familie zu sein.

Auf geht es zur Hochzeit des Sohnes des Bruders der Mutter oder was weiß ich. Auf jeden Fall Familie. Rauf auf den Motorroller und ab durch den Staub. In einem kleinen Gewerbegebiet auf einem Innenhof steht ein großes Zelt mit mehreren Reihen Plastikstühlen und ersten Gästen. Eigentlich sind wir davon ausgegangen, dass wir mindestens 2 Stunden zu spät sind, aber hier gilt mal wieder Nepali-Zeit. Die Party fängt gerade erst an. Wir begrüßen erste uns bekannte Menschen und setzen uns. Gleich stürmt eine Gruppe Kinder auf uns zu und die üblichen Fragen auf Englisch prasseln auf uns ein. Immer wieder schön zu sehen, dass die Kinder den Mut haben und anzusprechen. Kerstin holt ihre Wunderwaffe heraus: Seifenblasen. Das wirkt in jedem Alter und die Kinder ziehen mit der Flasche ab.

IMG_9134IMG_4598IMG_3166IMG_9135 IMG_9144 IMG_9142 IMG_9137 Was passiert jetzt hier? Das Brautpaar hatte bereits gestern eine große Feier in enger Familienrunde, an der wir aus terminlichen Gründen nicht teilnehmen konnten. Heute darf jeder kommen und eigentlich warten alle nur auf die Eröffnung des Buffets. Aus irgendwelchen Gründen wurde das Buffet in zwei Teile geteilt: Vegetarisch und Fleisch. Das hatte zur Folge, dass sich bei Fleisch in Millisekunden eine Schlage von min. 50 Menschen bildete und Vegetarisch sofort zu erreichen war. Gerne wäre ich natürlich an die Fleischtheke gegangen, aber das hatte sich nun erledigt. Zwischendurch stibitzt Gokul mit gegrilltes Huhn von der Fleischtheke, weil er wohl Angst hatte, das ich verhungere 😉 Als wir mit dem Essen fertig waren, war auch unsere Anwesenheit nicht mehr nötig und verließen die Feier mit einem Foto mit dem hübschen Brautpaar. Dies hat der offizielle Fotograf sich natürlich nicht entgehen lassen, denn ein Bild mit den einzigen Weißen muss natürlich auch ins Hochzeitsbuch.

IMG_9150Auf nach Old-Town um die Love Letter abzuholen. Doch leider waren diese trotz Zusage nicht vor Ort und das war definitiv die falsche Information. Prakriti ließ sich sofort den Chef per Telefon geben und hat ihn durch Telefon mal kurz in den sandigen Boden gestampft. Kerstin und ich haben zwar kein Wort verstanden, aber wir beide lächelten uns nur an und waren erfreut, wie sie sich für die Sache einsetzt. Weiter so!

IMG_4601 IMG_4603Gokul und ich fahren noch weiter, um nach einem Heizgerät in Old-Town ausschau zu halten und die Frauen fahren nach Hause. Wir schlängeln auf dem Mottorrad durch engste überfüllte Gassen, bis wir direkt vor dem Eingan eines Elektrohändlers halten. Ich gehe ein paar Läden weiter, während Gokul mit dem Besitzer fachsimpelt. Irgendwie scheinen hier die Preise mindestens auf dem Niveau wie bei uns im Viertel zu liegen. Da wollen wir lieber den Händler vor Ort unterstützen und wir haben kein Transportproblem. Gesagt, getan und ein Heizgerät bei uns im Viertel gekauft und es war auch noch das besseres Gerät aus Indien inkl. Garantie. Perfekt!

IMG_3168Gokul möchte uns noch etwas besonderes zeigen und wir fahren zum Pashupatinath Tempel, da wo die Hindus die Toten verbrennen. Leider sind wir etwas spät dran und bekommen nur noch den Schluss der Zeremonie mit. Wir suchen uns noch ein weiteres Plätzchen, um die Stimmung dieses besonderen Ortes auf uns wirken zu lassen. Wieder sehen wir, wie eine (fast) Tote auf die Verbrennung vorbereitet wird und bekommen auch mit, wie ein neuer Toter per Sarg (wahrscheinlich direkt vom Flughafen aus z.B. einem arabischen Land) gebracht wird.

IMG_9156 IMG_9165 IMG_9175 IMG_9176 IMG_9183 IMG_9186 IMG_9205 IMG_9212Wieder zu Hause sitzen wir noch bei Gokul und Prakriti auf dem Bett und arbeiten weiter am Projekt. Krishna ist ebenfalls anwesend und es entwickelt sich ein Karriereberatungsgespräch zwischen Krishna und Kerstin. Leider konnten wir hier nicht schnell zu einem Resultat kommen.

Bollywood is calling

Wir starten mit Shopping. Es geht zum Pashmina-Hersteller, gleich um die Ecke, natürlich auch ein Bekannter von Gokul. Vor Ort sehen wir ein bisschen Produktion und erfahren etwas über die verschiedenen Qualitäten, verhindern aber, dass der Inhaber einen fertigen Schal per Feuerprobe anzündet, um uns die Qualität zu präsentieren.

IMG_4555 IMG_4558Genug geredet, ran an die Schals. Zweidrittel der Motive können wir schnell ausschließen, denn sie sind zu bunt. Aber natürlich finden wir erste schöne Stücke und es bildet sich ein Haufen. Der Inhaber zeigt uns noch einen weiteren Raum, inklusive Teppichen und Tagesdecken. Die Qual der Wahl beginnt (aber Teppich wollen wir nicht). Und dann ist ja bald Weihnachten, also noch ein paar Extrastücke. Bevor wir unseren Einkauf abschließen können, erfahren wir, dass unser Lieblingsstück zu morgen auch noch in anderen Farben möglich wäre. Also lassen wir die Haufen durchkalkulieren und zurücklegen, mal schauen, was morgen Früh sonst noch zu finden ist. Leider ist bereits jetzt das Budget überschritten.

IMG_4557Prakriti ist in der Zwischenzeit in Sachen Taschenproduktion unterwegs. Auf der einen Seite stattet sie unsere neue Wunderwaffe Sunita mit Reissäcken und Cover-Plastik aus, andererseits holt sie die Labels ab. Unsere Labels sind fertig, sehr aufgeregt bestaunen wir unser Erkennungszeichen. Wieder ein wichtiger Schritt zum Erfolg.

Nach dem Mittagessen gehe ich mit Gokul noch Bücher für Swaragau kaufen, denn morgen will Bhagwan mit einigen Leuten zum Dorf. Deshalb gehen Kerstin und ich danach noch zum Karmalaya-Haus und übergeben Bhagwan die Dokumentation zum Dorf, die Luisa und Kerstin geschrieben und ich mit Bildern angereicht habe. Auch sind die Fotos fertig und Krishna bringt sie vorbei, sodass Bhagwan diese auch gleich mitnehmen kann, wie auch die Kameras mit neuen Batterien, die restlichen Medikamente, die wir nicht mehr benötigen und was sonst noch ins Dorf kann. Es ist schön noch ein wenig für dieses tolle Dorf tun zu können.

Es ist inzwischen 15 Uhr und wir müssen schnell nach Hause, denn der nächste Termin steht an, die Wool-Lady. Um halb vier soll es losgehen. Doch erstmal müssen sich alle hübschen, insbesondere Prakriti fängt jetzt erst mit duschen an. Also Nepali-Zeit und um 17 Uhr fahren wir per Taxi zur Wool-Lady. Trotz der späten Stunde, können wir vor Ort einigen Arbeiterinnen bei der Arbeit zuschauen. Die Räumlichkeiten erinnern mich an eine chaotische Lagerhaltung, was aber wohl weniger mit dem System zu tun hat, welches ich aus dem Lager großer Händler in Deutschland kenne 😉 Natürlich wollen wir auch einige Dinge für unser Taschenprojekt lernen und fragen den anwesenden Sohn Löcher in den Bauch, von Produktion bis hin zum Versand.

IMG_4561Bevor es zum gemeinsamen Essen geht, betreten wir noch den Showroom und erneut beginnt eine Runde Shopping, denn auch hier scheint der Weihnachtsmann zugegen zu sein. Kerstin darf sich einen Hut und einen Schal als Geschenk aussuchen, ich einen Schlüsselanhänger. Habe ich was verkehrt gemacht? Egal. Wir finden noch ein paar Weihnachtsgeschenke und –deko, bezahlen und verlassen das große Anwesen um einige Schritte weiter ins Haus der Inhaberfamilie zu gehen.

Im dritten Stock werden wir in ein Wohnzimmer in der Größe eines Tanzsaals geführt, mit Kristallleuchten an der Decke und schweren Ledersofas, aber auch hier ohne Heizung. Also sitzen wir wieder mit Jacken in der Runde. Erst nehmen wir einen Tee, machen weiter mit Ideenaustausch, dann Essen mit Wein. Prakriti, als perfekte Managerin, dreht das Gespräch dann auch Richtung Taschenprojekt und die Wool-Lady ist begeistert. Ich hole meinen Laptop raus und zeige Bilder der Taschen und vom letzten Shooting. Die Wool-Lady und die Bag-Lady tauschen Tipps & Tricks aus.

IMG_4566 IMG_4568Plötzlich kommt Bewegung in Gokul und wir brechen wieder auf. Nach ausgiebiger Verabschiedung von der Wool-Lady und ihrer Familie unterbreitet uns Gokul vor der Tür eine Neuigkeit. Bhagwan hat angerufen und braucht uns, bzw. mich. Aktuell wird ein Film in Kathmandu gedreht und ich soll mitspielen. Was? Angeheitert durch zwei Glas Wein sagt Kerstin sofort ja und wir machen uns auf den Weg zum Drehort. Erfreulicher Weise ist dieser in einem Restaurant ganz in der Nähe von unserem Haus, natürlich kennt Gokul den Besitzer oder einen Bruder des Besitzers oder auch egal. Froher Erwartung marschieren wir ins Restaurant „Olive & Basil“ und Kerstin fragt gleich, wo denn die ganze Filmtechnik und –Crew sei. Na ja, eben noch nicht da, aber wir seien richtig. Ein, zwei Telefonate und wir entscheiden uns Platz zu nehmen. Plötzlich taucht ein neues Gesicht auf und er stellt sich als Organisator für den Film vor. Nun bekommen wir erste Infos. Es geht um einen Nepali, FunnyGuy, der in Australien gelandet ist und in einem Restaurant arbeitet. Ich soll nun den Restaurantbesitzer spielen, der genervt ist vom FunnyGuy und ihn feuert (wie gut, dass ich eine HR-Beraterin bei mir habe 😉 ). Das heißt, es geht nicht um eine Statistenrolle, sondern eine richtige Rolle mit Sprechanteil. Wie hoch ist nochmal die Gage?

Als nächstes kommt ein Kleintransporter und es kommt Leben ins Lokal. Es stellt sich nun der Regisseur vor und später kommt auch noch der Produzent, ein Nepali aus Australien. Wir erfahren weitere Dinge zum Film und sehen das Drehbuch.

Wir fassen zusammen: Wir sind nicht mehr in Nepal sondern in Australien und ich bin ein australischer Restaurantbesitzer, der einen Nepali feuern soll und es ist eine Sprechrolle und somit gibt es Text, den ich sagen muss, in Englisch (möglichst mit australischem Akzent) und bitte auch lustig, denn es ist eine Art Komödie. Alles kein Problem, einen Mojito bitte. Sollen wir Sandra in Australien anrufen, für eine Sprechübung?

In der Zwischenzeit wird die komplette Küche aus- und umgeräumt und insbesondere gesäubert (hoffentlich müssen sie nicht noch streichen). Wir sind bereits über eine Stunde im Restaurant und uns wird gesagt, in ca. 15 Min geht es los. Nepali 15 Min natürlich. Doch dann kommt doch noch Bewegung rein, ich soll zur Maske und wir wechseln in die nähere Umgebung des Drehorts. Ein Schauspieler wird gerade bearbeitet und ich werde dem Visagisten vorgestellt. Er schaut mich an und sagt ich bräuchte keine Maske. Einen schönen Mann… Nun taucht auch der Casting-Direktor Bhagwan auf und zwei weitere Volunteers von Karmalaya. Langsam bereite ich mich auf meine Rolle vor und mache erste Gesichtsübungen und bestell noch ein Bier.

IMG_9049Dann geht es los und der Regisseur holt mich und braucht plötzlich noch eine Frau für die erste Szene an der Rezeption. Wer könnte das besser spielen als Kerstin. Für Maske ist nun aber keine Zeit mehr und schwups stehen Kerstin hinter dem Tresen und ich davor. Letzte Anweisungen, was wir sagen und tun sollen, ein kurzer Probelauf und die Klappe fällt. Inhalt der Szene ist, dass ich meine Rezeptionistin frage, wo der FunnyGuy ist und erfahre, dass er sich in der Küche befindet, worauf ich erschrocken in diese eile. Die dritte Klappe ist es und die Crew ist zufrieden. Licht und Kamera werden eingepackt und es geht in die Küche. Hier treffe ich das erste Mal den FunnyGuy.

IMG_9072 IMG_9081 IMG_9083Folgendes soll hier passieren: Er steht an einem Tisch und schneidet Gemüse und singt und träumt dabei von einem Mädchen. Dann schubst er ein paar Abfälle in den Mülleimer und kickt diesen durch den Raum. Das bekomme ich mit, bin erzürnt und schmeiße ihn nach einem kurzen Wortwechsel raus. Dies wird in diverse Kameraperspektiven verpackt, sodass ich teils nur mit Stimme agiere, bis hin, dass ich in der Totalen gezeigt werde. Wir haben einen riesigen Spaß, auch wenn alles ganz schön viel Zeit benötigt.

Okay, dass mit dem australischen Akzent habe ich nicht wirklich hinbekommen, aber wenn ich meinen Manager Gokul wiedergeben darf, so war die Crew und insbesondere der Regisseur beeindruckt, wie schnell und perfekt und lustig ich meine Rolle gespielt habe. Dem habe ich nichts mehr hinzuzufügen 😉

IMG_4573 IMG_9086 IMG_9093 IMG_9098 IMG_9101 IMG_9102 IMG_9106 IMG_9121 IMG_9123Irgendwann ist alles im Kasten, Kerstin und mein Name werden notiert, der FunnyGuy möchte sich mit mir auf Facebook verknüpfen und wenn nun die Gage noch gezahlt ist, können wir endlich nach Hause. Es ist bereits 24 Uhr. Casting-Manager Bhagwan hat 10.000 Rupien ausgehandelt, also ca. 80 EUR. Nicht schlecht. Doch leider hat der Finanzminister vom Film nur 5.000 R in bar und den Rest als Scheck. Also noch eine Runde hin und her diskutieren und dann findet er doch alles Geld und ich ziehe mit meiner Co-Schauspielerin Kerstin, meinem Casting-Manager Bhagwan, meinem Manager Gokul und meinem Groupie Prakriti nach Hause. Was für ein Tag.

IMG_9125 IMG_9130(Foto von links nach rechts) Manager Gokul, Casting-Direktor Bhagwan, Groupie Prakriti, Co-Schauspielerin Kerstin, Australier Oliver, FunnyGuy, Regisseur Hikmat Bista, Chef-Kameramann, Chef-Beleuchter

Übrigens, der Titel lautet „The Winner“. Wie passend 😉 Und im April soll er in die Kinos kommen. Wir sind sehr gespannt.

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Die besten 100 Bilder aus dem Foto-Projekt

Für insgesamt 10 Tage waren Kerstin und ich in einem kleinen Bergdorf namens Swaragau nord-westlich von Kathmandu, Nepal. Wir haben in Swaragau als Volunteers insbesondere das Blindenprojekt von Karamalaya unterstützt.

Im Vorfeld habe ich mir einige Gedanken gemacht, was ich mit den Kindern zusammen unternehmen möchte. Wenn man immer wieder und überall mitbekommt, wie begeistert Kinder in jedem Alter gerne fotografieren, lag es Nahe ein Foto-Projekt zu starten. Daher habe ich fünf einfache Digitalkameras mit nach Nepal genommen, die mir dankenswerter Weise von der Avides AG gesponsort wurden.

In enger Zusammenarbeit mit den Lehrern habe ich fünf Gruppen je eine Kamera zu einem Thema zur Verfügung gestellt. Die Gruppen wurden von den Lehrern ausgewählt und ich habe darauf geachtet, dass immer eine Gruppe mit erblindeten Kindern dabei ist. Die erblindeten Kinder haben entweder mit ihrer Rest-Sehkraft oder in Zusammenarbeit mit sehenden Kindern sehr engagiert an dem Projekt teilgenommen.

IMG_7917Es wurden drei unterschiedliche Runden mit den Themen Tiere, Freunde und Familie durchgeführt. Vor jeder Runde haben wir die Kinder kurz in die Funktion der Kamera eingeführt. Nach Rückgabe der Kameras wurden die Bilder gesichtet und eine Reihenfolge der „besten Gruppe“ ermittelt. Alle Teilnehmer konnten sich in Reihnefolge der Besten einen Preis aussuchen.

Hier nun die Galerie der besten 100 Fotos aus dem Foto-Projekt

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Waschtag und Farming

Wir hatten gestern schon gehört, dass bereits am frühen Morgen Kinder-Gottesdienst ist. Heute ist Samstag laut Kalender, aber eher sowas wie Sonntag hier in Nepal. Keine Schule, aber Gottesdienst. Nach dem Frühstück höre ich die Kinder in der Kirche laut singen und beschließe kurzfristig doch hinzugehen. Auf der Kanzel steht ein Jugendlicher Prediger und ein Schlagzeug. Wie sich das für Nepal gehört, wird gerne und insbesondere laut gesungen, begleitet vom Schlagzeug. Die Kinder sitzen getrennt nach Geschlecht links Mädels und rechts Jungs auf dem Boden und klatschen und singen. Im Gegensatz zum späteren „großen“ Gottesdienst, sind bei den Kinder mehr Jungs als Mädels anwesend.

IMG_8113Um 9:30 Uhr soll dann der große Gottesdienst beginnen. Wir sehen bereits, dass sich einige Dorfmitglieder extra schick machen, wie es sich für einen Gottesdienst gehört. Ich schmeiß mich auch noch schnell in eine saubere Jeans und Shirt und stehe pünktlich vor der Kirche. Leider ziemlich alleine. Hier ist sie wieder, die Nepali-Zeit. Der Pastor lässt schon mal von drei jungen Frauen ein Lied anstimmen und hier auch mit Schlagzeug-Begleitung, als Glockenersatz, damit die Gemeinde weiß, dass es losgehen kann.

Auch hier sitzen wir getrennt nach Geschlecht auf dem Boden. Der Anfang ist ganz nett mit einigen fröhlichen Liedern und zwischendurch hörte es sich auch so an, als wenn das „Vater unser“ auf Nepali gebetet wird. Alle haben eine Bibel mit Goldschnitt in einer Kladde dabei und verfolgen die entsprechenden Passagen. Plötzlich meint Sidi Everest, dass wir aufstehen müssen und uns vorstellen, als Neulinge in der Gemeinde, was wir natürlich auch brav machen. Nur der zweite Teil des Gottesdienstes war leider ganz anders. Ein anderer Pfarrer mit einem enormen Redebedarf steht nun auf der Kanzel und so bin ich dann nach 2h vorzeitig aus der Kirche gegangen, halb durchgefroren und nicht mehr auf dem Boden sitzen könnend.

IMG_8121Nach dem Gottesdienst habe ich die Möglichkeit ein paar Dorffrauen zu fotografieren. Dies hatte ich gestern beim Abendessen mit unserer Hausmutter Bishnu besprochen. Sie war auch sofort bereit, nur zierten sich leider ein paar der anderen Frauen. Aber ich bin sehr dankbar für die Möglichkeit ein paar dieser starken und stolzen Ladies so Nahe ablichten zu dürfen.

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Heutiges besonderes Ereignis ist Farming. Ich habe mir gewünscht, mal mit Büffeln den Acker umzupflügen und so soll es dann auch sein. Nachdem wir den Platz des Farmers gefunden haben und wir auf den Chef warten, zeigt Sidi Everest uns schon mal als Trockenübung, wie es geht. Der Farmer bindet dann die Ochsen los und schirrt das nostalgische Geschirr auf. Los geht’s und damit die Tiere auch marschieren, muss ich so was wie „Volle Pulle“ rufen. Zur Belustigung der halben Dorfbevölkerung, die bei uns vorbeikommt, pflüge ich den Acker um. Leider gelingt es mir nicht wirklich eine grade Furche neben die andere zu setzen, aber wirklich schwer ist es nun nicht, obwohl auch dieses Gerät viel zu kurz für mich ist. Was ich kann, kann meine Frau natürlich schon lange, merkt aber schnell, dass es am einfachsten geht, wenn sie Sidi pflügen lässt und selber nur ein wenig die Ochsen streichelt. Verantwortung muss eben auch richtig verteilt sein.

IMG_8156 IMG_8180 IMG_8213 IMG_8197 IMG_8201 IMG_8229Samstag ist nicht nur freier Tag sondern auch Waschtag. Den gesamten Tag siehst Du an allen Plätzen die Menschen sich und die Wäsche waschen, egal ob groß oder klein. Dem müssen wir uns dann wohl auch beugen und so geht es wieder unter den kalten Wasserstrahl.

IMG_8244 IMG_8257 IMG_4352Frisch gewaschen können wir uns auch wieder unter die Leute wagen und gehen den blinden Lehrer Chhitij besuchen. Wir sitzen auf der schmalen Veranda und trinken süßen Tee. Klassisch leben in dem Haus noch seine Frau und seine Mutter. Wir unterhalten uns lange über seine Situation und die der blinden Kinder. Auch versuchen wir herauszufinden, warum gerade hier im Dorf die Anzahl von Erblindungen so hoch ist. Leider kennt auch er keine klare Antwort.

Als wir gehen, bemerken wir, dass Sidi, der mit uns gekommen war, nicht mehr anwesend ist. Auf dem Weg zurück zum Dorfplatz treffen wir ihn mit ein paar anderen Männern am nächsten Shop ein Schwätzchen halten. Wir stellen uns dazu und trinken noch einen Tee und merken natürlich nicht, dass ein paar leere Flachmänner unter den Füßen der Männer liegen.

Ich freue mich auf das Abendessen. Bevor wir zum blinden Lehrer gehen, kann ich noch das lebende Huhn sehen, dass später auf unserem Teller liegen wird. Gegen 18 Uhr kommt Sidi zu uns und muss uns leider mitteilen, dass unsere Hausmutter Besuch bekommen hat und somit das Huhn leider bereits gegessen ist. D.h. wieder Dal Bhat ohne ordentlich Fleisch.

Erdbeben, Schule streichen und Fotoprojekt gestartet

Die Sonne war bereits voll aufgegangen, als wir aufstehen. Der Morgen war so schön, dass wir zum Ausblick links gehen und den Tag mit einer Runde Qigong beginnen. Die Gebirge im Rücken, das komplett mit Wolken verhangene Tal unter uns und ein Adler über uns. Besser geht’s nicht. Um uns herum arbeiten die ersten Frauen in den Hirsefeldern, erste Esel-Karawanen ziehen ins Tal und die Kinder mit weiterem Schulweg laufen durch die Felder.

Heute ist unser zweiter ganzer Tag im Dorf und der erste alleine nur mit dem Guide Sidi Everest. Bhagwan und Luisa brechen gleich auf ins Tal um die Fahrt nach Pokhara anzugehen. Da bleiben wir doch viel lieber hier, als nun 8h Bus zu holpern.

Beim Frühstück erfahren wir, dass es letzte Nacht ein Erdbeben gab. Kerstin und ich schauen uns an und meinen nur, dass wir dann wohl einen guten Schlaf haben. Wir haben nichts mitbekommen und auch sonst ist nichts passiert.

Um 10:00 Uhr ist es nun soweit, das Fotoprojekt soll starten. Zuhause habe ich mir überlegt, dass Kinder es lieben Fotos zu knipsen und dann insbesondere diese auf dem Bildschirm anzuschauen. Und darum hatte ich mir überlegt, ein paar einfache Digitalkameras zu kaufen und damit zu versuchen, auch mit den blinden Kindern in Zusammenarbeit mit sehenden Kinder ein Fotoprojekt zu starten. Gestern hat Bhagwan die Lehrer eingeweiht und diese haben eine Liste erstellt, mit fünf Gruppen zu fünf Kindern für meine fünf Kameras. Vielen lieben Dank an die Avides AG, die mir die Kameras freundlicherweise gespendet hat, nachdem sie von meinem Projekt erfahren hatten.

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Der Schultag beginnt immer erst mit der Versammlung aller Kinder, kleiner Leibesübung in Reih und Glied und dem gemeinsamen singen der Nationalhymne. Anschließend stellen ein paar Kinder eine Frage an die Gruppe, die diese beantworten soll. Dies ist ein Teil der Hausaufgaben. Dann geht es in die Klassen und die Lehrer trommeln die fünf Gruppen für das Fotoprojekt zusammen. Kerstin und ich haben uns ausgedacht, dass wir mit dem Thema Tiere beginnen. Nun bekommt jede Gruppe einzeln das Projekt erklärt und eine Einweisung in die Kamera mit Hilfe von Sidi. Die Kinder haben nun bis 15:00 Uhr Zeit, die Fotos in der Gruppe zu machen. Kerstin und ich sind sehr gespannt, ob die Kinder alles verstanden haben und es auch wirklich machen. Sie sind so schüchtern und man weiß immer nicht, ob sie alles verstanden haben. Die Lehrer haben uns versichert, dass sie die Zeit dafür bekommen. Natürlich schauen Kerstin und ich den ganzen Tag, ob wir eine Gruppe mit Kamera sehen, aber leider nein.

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Okay, Projekt ist gestartet und nun heißt es „Unsere Schule soll bunter werden“ und so fangen wir an die Fenster und Türen des alten Schulgebäudes anzustreichen. Der Baumeister vom Dienst Rashu drückt uns Farbe und Pinsel in die Hand und zeigt, was welche Farbe erhalten soll und wir machen uns an die Arbeit. Nach guten zwei Stunden ist fast alles fertig und wir dürfen / müssen zum Mittagessen, Sidi hat Fried Rice fertig. Schön in der Sonne mit Blick über den Dorfplatz speisen wir und halten immer wieder Ausschau nach Gruppen mit Fotoapparat. Nichts zu sehen.

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Daraufhin genehmigen wir uns erstmal einen Mittagschlaf. Plötzlich Radau und eine Horde Kinder stürmt unsere Honeymoon-Suite im Ersten Stock. Kamera defekt. Erster Gedanke Mist, das kann ich nicht gebrauchen, zweiter Gedanke die Kinder sind unterwegs. Super. Ich schaue mir die Kamera an und muss leider feststellen, dass die Batterien alle sind und ich vergessen habe, neue mitzunehmen. Kerstin springt ein und stellt ihr Handy (und sich) zur Verfügung und jagt mit den Kindern durchs Dorf, von Huhn zu Kuh zu Ziege zu Hund und die Papageien nicht vergessen. Ich fange an alle Kabel zusammenzusuchen und mich bereit zu machen für die Rückkehr der Fotografen-Gruppen.

Und da ist die erste Gruppe auch schon und ich lade die ersten Fotos auf den Rechner, unterteilt nach den Gruppen A-E. Alle sind sie gespannt, wie die Bilder aussehen und die Gruppe mit Kerstin kommt auch gleich. Jetzt wird es eng um mich herum. Natürlich sind nicht nur die Kinder, die in den Fotogruppen unterwegs waren, interessiert sondern auch alle anderen Kinder versammeln sich um mich herum. Schnell habe ich eine große Traube an Kindern vor, neben und über mir. Ich lade die Bilder hoch und zeige sie sofort. Tolle Bilder und viele Bilder. Ich bin begeistert. Die Gruppe mit den erblindeten Kindern hat ganze 70 Fotos geschossen, die anderen Gruppen 41, 40 und 25. Leider konnte eine Gruppe keine Fotos machen, auch nachdem wir sie nochmals losgeschickt haben.

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Während ich die Fotos wieder und wieder zeigen darf, steht meine neue Freundin Anju hinter mir und flechtet mir einen Zoff, was besonders Kerstin köstlich amüsiert. Ich spüre, wie ich von Minute zu Minute hübscher werde und die Kinder um mich herum bestätigen, dass ich ramro aussehe und kichern.

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Mit Hilfe von Sidi erklären wir den Kindern, dass wir morgen um 10:00 Uhr die Sieger bekannt geben und ich beende den kleinen Kinderauflauf und kann wieder durchatmen.

Später setzen sich Kerstin und ich zusammen und schauen die Fotos an und markieren die schönsten Schnappschüsse. Interessanterweise gibt es auch Interpretationen des Themas, was wir natürlich auch bewerten. Hoffentlich kommen morgen die Batterien an, damit wir einen nächsten Projekttag starten können.

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Auch Kerstin hat eine neue Freundin. Monissa aus dem Blindenheim. Sie hat ihr versprochen abends vorbei zu schauen und so verbringt sie die Zeit bis zum Abendessen mit den Kindern im Blindenheim. Die können erstaunlich gut Englisch und gemeinsam wird gespielt und gesungen.

Bergauf, bergauf und weiter bergauf

Die Nacht war okay, das Frühstück ungeniessbar (das kommt davon, wenn man was anderes als Dal Bhat bestellt). Wir sind in einem Hotel in Arkhet aber es hat den maximalen Luxus eines sauberen Hauses in einem Bergdorf. Kein Bad, geschweige denn eine Dusche, keine Scheiben in den Fenstern und Hühner im Zimmer. Nepali-Style. Anders wird es in Swaragau sicher nicht sein. Aber das wollten wir ja so.IMG_2912 IMG_2910

Egal, jetzt frühstücken und dann 3-4 Stunden trekken zum Dorf Swaragau.

Um 8:40 Uhr geht es los und die Tortur beginnt. Man will es vorher nicht wahrhaben, aber es ist so, es geht nur bergauf. 900 Höhenmeter müssen wir schaffen. Für erfahrene Trekker sicherlich kein Thema, aber für einen Schreibtischtäter meiner Statur eben eher eine Tortur. Wenn es eine Abzweigung gibt, nehmen wir natürlich immer die steilere Variante. Aber wir kommen an, ich auch. Immer wenn ich eine Pause benötige, machen wir diese auch.

Unterwegs gibt es auch einige schöne Momente. Beeindruckend für mich waren die vielen Schmetterlinge, die wir unterwegs sehen können. Aber auch anderen Tieren, insbesondere Büffeln, müssen wir immer wieder ausweichen, als diese an uns vorbei den Berg herunter getrieben werden. Natürlich auch Ziegen und Esel-Karawanen. Immer wieder kommen uns Menschen entgegen, am Anfang häufig Schülerinnen und Schüler auf dem Weg zur Schule in Arkhet. Nach einer dreiviertel Stunde treffen wir unsere Träger, die vom Dorf runtergekommen sind, um unsere Rucksäcke aus dem Hotel zu holen und hoch zu bringen. Natürlich denken wir „Die Armen“, aber später werden wir hören, dass sie ständig für alles mögliche inkl. fehlender Farbe nach Arkhet geschickt werden und auch gleich wieder hochkommen. Irgendwie so wie Sonntags Brötchen holen, nur eben 1h Berg runter und 1,5h Berg wieder rauf. Meine Sorge auf dem Weg nach oben ist nur, dass die Träger mich plötzlich mitsamt Rucksack überholen. Die Schmach möchte ich mir nicht geben.IMG_7465IMG_7485 IMG_7471Der Weg hinauf ist echt schön, immer wieder mit Blick auf Gebirge und endlose Terrassen mit Reis oder Hirsefeldern. Wenn man zwei Bauwerke in Nepal besonders herausheben möchte, dann sind das sicherlich auf der einen Seite die unzähligen Terrassenfelder und anderseits die Trekkingwege. Nahezu der gesamte Weg nach oben ist mit Steinen gepflastert, vielfach in sauberen Treppenstufen.

Nach ca. 1h kommt ein Spruch von unserem Guide Sidi Everst, der ausgesprochen gut Deutsch spricht, „diesen Baum kenne ich nicht! Der stand letztes Mal noch nicht hier.“. Vom Umfang her schätze ich den Baum auf 30 Jahre. Haben wir uns verlaufen? Meine Motivation bekommt gerade einen Minusausschlag. Wir gehen weiter.IMG_7481

Nach genau 2h kommt das Dorf. Leider das falsche. Aber dafür sieht es so aus, dass wir schön am Dorfrand entlang nahezu waagerecht weitergehen. Leider auch falsch. Ich habe die Abzweigung rechts übersehen die wieder steil bergauf durchs Dorf geht. Am Ausgang des Dorfes kommen wir an einer Schule vorbei. Leider ist auch hier Nepals größtes Problem (aus meiner Sicht) nur zu deutlich zu erkennen. Müll über Müll. Aus meiner Sicht eine echte Schande für dieses schöne Land Nepal.IMG_7489

Am Dorf vorbei zeigt Sidi auf ein Dorf am Hang und meint das ist unser Ziel. Prima, Ende in Sicht. Es kommt uns mal wieder eine kleine Büffelherde entgegen und wir nehmen eine Abkürzung über die Terrassenfelder. Dann wieder bergauf und ausnahmsweise auch durch ein Flußbett, natürlich bergauf, links ab und Stopp. Unser Guide Sidi meint nur, wir sollten hier mal stehen bleiben, irgendwie sind wir nicht richtig. Sidi, deinen Humur verstehe ich nicht! Knapp 3h bergauf, komplett durchgeschwitzt und das Ziel zum Greifen nah und jetzt verlaufen wir uns?IMG_7505

Zurück ins Flußbett, andere Seite wieder rauf und siehe da, wir sind da. Genau 3 Stunden Marsch. Gute Zeit!

Kerstin: Pünktlich zum Mittagessen kommen wir endlich im Dorf an. Der Aufstieg hat sich wirklich gelohnt. Wir haben von hier aus einen tollen Blick ins Tal. Terrassenfelder so weit das Auge reicht und sogar die schneebedeckten Berge des Manaslu Gebirges können wir sehen. Die Bergluft ist wunderbar klar (kein Wunder, hier gibt es ja auch keine Autos), was wir nach so langer Zeit im Smog von Kathmandu wirklich zu schätzen wissen.IMG_7506

Im Dorf treffen wir Bhagwan von Karmalaya und 4 weitere Volontäre. Franzi, Margit und Mario machen den Karmalaya Projekt Trek und sind für ein paar Tage hier im Einsatz. Louisa ist schon seit 3 Wochen hier und will gar nicht wieder weg. Und weil gerade so viele Westler hier sind, gibt es auch den Luxus eines Karmalaya Kochteams, von dem wir ein super Aufstiegs-Festtags-Mittagessen bekommen.

Nach der Stärkung führt uns Bhagwan durchs Dorf mit seinen ca. 600 Einwohnern, stellt uns einzelne Bewohner vor, zeigt uns ein paar tolle Aussichtspunkte, erklärt uns wie die Dorfbewohner aus Hirse Schnaps brennen und führt uns in die Schule, das Waisenheim und das Hostel für die blinden Kinder. In der Schule werden ca. 200 Kinder aus dem Dorf und der Umgebung bis zur 8. Klasse unterrichtet. Teilweise wandern die kleinen Knirpse 2-3 Stunden täglich um zur Schule zu kommen. Der Schulleiter wohnt im Tal, kommt jeden Morgen den Berg hoch und läuft ihn jeden Abend wieder runter. Unfassbar für Oliver und mich, wie man diesen Aufstieg täglich bewältigen kann. Im Waisenheim sind 12 Kinder bei Pflegeeltern untergebracht und im Blinden-Hostel noch einmal 11 Kinder, davon 3 Albinos.IMG_7557

Als wir nach unserer Tour zurück zum Dorfplatz kommen, sind auch unsere Rucksäcke da. Die beiden Träger sind noch ganz munter. Unglaublich! Wir waren schon fix und fertig als wir ohne Gepäck hier angekommen sind. Hätten wir die Rucksäcke selber den Berg raufschleppen müssen, wären wir wahrscheinlich unterwegs zusammengebrochen.

Dann werden wir ganz prominent im Haus direkt am Dorfplatz untergebracht. Das ist eine Hütte mit einem Raum unten und einem Raum unterm Dach. Alles in allem ca. 40 qm und Platz für mind. 11 Leute zum Schlafen. Wir teilen in der ersten Nacht die Hütte allerdings nur mit Mario. Die Bewohner der Hütte mussten anscheinend ihre Betten für uns räumen und wo anders schlafen.

Am Nachmittag versammeln sich dann alle Schulkinder (im Moment ist Erntezeit und nicht alle 200 kommen täglich zur Schule) und viele Dorfbewohner zu unserer Begrüßungs-Zeremonie. Dafür werden 3 blaue Plastik-Stühle auf den Dorfplatz gestellt, für Oliver, unseren Guide Sidi und für mich. Wir nehmen Platz und werden von jedem Kind persönlich begrüßt und mit einem Blumenkranz um den Hals willkommen geheißen. So an die 40 Blumenkränze um den Hals sind ganz schön schwer und sehr duftig. Im Gegenzug revanchieren wir uns mit einem Stift für jedes Kind als Geschenk. Diese Zeremonie ist schon sehr speziell, mächtig beeindruckend und definitiv etwas, was wir so beide noch nicht erlebt haben.IMG_7524 IMG_7530

Die Kinder verschwinden wieder in ihre Klassenräume und sagen laut ihre Lektionen auf. Von Außen wird derweil die Schule bunt angemalt. Karmalaya hat Farbe und Baumaterialien gespendet und damit im Dorf einiges in Bewegung gesetzt. Auch die im letzten Jahr neu gebaute Brücke bekommt ein Dach und alle Volontäre sowie ein paar örtliche Handwerker sind den ganzen Nachmittag, unter der ständigen Beobachtung von ein paar Dorfältesten, fleißig im Einsatz.

Oliver und ich haben heute noch Pause und so besuchen wir bis zum Abendessen gemeinsam mit Bhagwan die Kinder im Blinden-Hostel. Bhagwan hat für jedes Kind Socken mitgebracht und wir haben noch Schokolade, Bälle und ein Kartenspiel mit Braille-Schrift für die Kinder im Gepäck.IMG_7577

Das Abendessen aus dem mobilen Kochzelt ist wieder super lecker. Zur Feier des Tages wurde sogar ein Huhn geschlachtet und zu Chicken-Curry verarbeitet. Nach dem Abendessen machen wir ein Lagerfeuer auf dem Dorfplatz. Unsere Ankunft heute und die Abreise von 3 Volontären morgen, das muss gefeiert werden. Nach und nach stoßen immer mehr Dorfbewohner dazu. Dann kommen noch eine Musikgruppe, noch mehr Kinder und Frauen. Und auch einiges an Gorka Bier und Rakshi (selbstgebrannter Hirseschnaps) werden gereicht.

Auf einmal kommt eine ganze Gruppe Frauen direkt auf uns Volontäre zugeschossen. Wir müssen mitkommen und werden unter viel Gekicher in traditionelle Nepalesische Gewänder gekleidet. Kein Entrinnen. Jeder, auch Oliver und Mario werden verkleidet und dann mit begeisterten „Ramro Chao“ Rufen (Nepali für schöön) wieder in die Lagerfeuer-Gesellschaft eingeführt. Und dann müssen wir tanzen. Rund ums Feuer, zum Gesang der Frauen und dem Getrommel der Musikgruppe. Wir machen uns vorm gesamten Dorf zum Affen, aber mit einer entsprechenden Menge an Bier und Rakshi ist das eigentlich auch egal und sogar witzig. Schnell haben wir mit den Kindern eine lustige Polonaise ums Feuer gebildet und alle haben ihren Spaß. Oliver hat sogar eine neue Freundin. Ein kleines Mädchen, Anju, ist ganz hin und weg und lässt sich von ihm immer hin und her drehen. Wir haben viel Spaß und irgendwann tanzen dann auch wirklich alle mit ums Feuer. Und so haben wir schon am ersten Abend einen guten Draht zu den Dorfbewohnern bekommen.IMG_7733 IMG_7680 IMG_7658

Happy und körperlich völlig am Ende fallen wir ins Bett und merken gar nicht, dass wir nur auf einem Brett mit Decke schlafen. Auch die Hühner, die über das Wellblechdach laufen und eigentlich einen Heidenkrach machen, hören wir nicht mehr.