Wir starten mit Shopping. Es geht zum Pashmina-Hersteller, gleich um die Ecke, natürlich auch ein Bekannter von Gokul. Vor Ort sehen wir ein bisschen Produktion und erfahren etwas über die verschiedenen Qualitäten, verhindern aber, dass der Inhaber einen fertigen Schal per Feuerprobe anzündet, um uns die Qualität zu präsentieren.
Genug geredet, ran an die Schals. Zweidrittel der Motive können wir schnell ausschließen, denn sie sind zu bunt. Aber natürlich finden wir erste schöne Stücke und es bildet sich ein Haufen. Der Inhaber zeigt uns noch einen weiteren Raum, inklusive Teppichen und Tagesdecken. Die Qual der Wahl beginnt (aber Teppich wollen wir nicht). Und dann ist ja bald Weihnachten, also noch ein paar Extrastücke. Bevor wir unseren Einkauf abschließen können, erfahren wir, dass unser Lieblingsstück zu morgen auch noch in anderen Farben möglich wäre. Also lassen wir die Haufen durchkalkulieren und zurücklegen, mal schauen, was morgen Früh sonst noch zu finden ist. Leider ist bereits jetzt das Budget überschritten.
Prakriti ist in der Zwischenzeit in Sachen Taschenproduktion unterwegs. Auf der einen Seite stattet sie unsere neue Wunderwaffe Sunita mit Reissäcken und Cover-Plastik aus, andererseits holt sie die Labels ab. Unsere Labels sind fertig, sehr aufgeregt bestaunen wir unser Erkennungszeichen. Wieder ein wichtiger Schritt zum Erfolg.
Nach dem Mittagessen gehe ich mit Gokul noch Bücher für Swaragau kaufen, denn morgen will Bhagwan mit einigen Leuten zum Dorf. Deshalb gehen Kerstin und ich danach noch zum Karmalaya-Haus und übergeben Bhagwan die Dokumentation zum Dorf, die Luisa und Kerstin geschrieben und ich mit Bildern angereicht habe. Auch sind die Fotos fertig und Krishna bringt sie vorbei, sodass Bhagwan diese auch gleich mitnehmen kann, wie auch die Kameras mit neuen Batterien, die restlichen Medikamente, die wir nicht mehr benötigen und was sonst noch ins Dorf kann. Es ist schön noch ein wenig für dieses tolle Dorf tun zu können.
Es ist inzwischen 15 Uhr und wir müssen schnell nach Hause, denn der nächste Termin steht an, die Wool-Lady. Um halb vier soll es losgehen. Doch erstmal müssen sich alle hübschen, insbesondere Prakriti fängt jetzt erst mit duschen an. Also Nepali-Zeit und um 17 Uhr fahren wir per Taxi zur Wool-Lady. Trotz der späten Stunde, können wir vor Ort einigen Arbeiterinnen bei der Arbeit zuschauen. Die Räumlichkeiten erinnern mich an eine chaotische Lagerhaltung, was aber wohl weniger mit dem System zu tun hat, welches ich aus dem Lager großer Händler in Deutschland kenne 😉 Natürlich wollen wir auch einige Dinge für unser Taschenprojekt lernen und fragen den anwesenden Sohn Löcher in den Bauch, von Produktion bis hin zum Versand.
Bevor es zum gemeinsamen Essen geht, betreten wir noch den Showroom und erneut beginnt eine Runde Shopping, denn auch hier scheint der Weihnachtsmann zugegen zu sein. Kerstin darf sich einen Hut und einen Schal als Geschenk aussuchen, ich einen Schlüsselanhänger. Habe ich was verkehrt gemacht? Egal. Wir finden noch ein paar Weihnachtsgeschenke und –deko, bezahlen und verlassen das große Anwesen um einige Schritte weiter ins Haus der Inhaberfamilie zu gehen.
Im dritten Stock werden wir in ein Wohnzimmer in der Größe eines Tanzsaals geführt, mit Kristallleuchten an der Decke und schweren Ledersofas, aber auch hier ohne Heizung. Also sitzen wir wieder mit Jacken in der Runde. Erst nehmen wir einen Tee, machen weiter mit Ideenaustausch, dann Essen mit Wein. Prakriti, als perfekte Managerin, dreht das Gespräch dann auch Richtung Taschenprojekt und die Wool-Lady ist begeistert. Ich hole meinen Laptop raus und zeige Bilder der Taschen und vom letzten Shooting. Die Wool-Lady und die Bag-Lady tauschen Tipps & Tricks aus.
Plötzlich kommt Bewegung in Gokul und wir brechen wieder auf. Nach ausgiebiger Verabschiedung von der Wool-Lady und ihrer Familie unterbreitet uns Gokul vor der Tür eine Neuigkeit. Bhagwan hat angerufen und braucht uns, bzw. mich. Aktuell wird ein Film in Kathmandu gedreht und ich soll mitspielen. Was? Angeheitert durch zwei Glas Wein sagt Kerstin sofort ja und wir machen uns auf den Weg zum Drehort. Erfreulicher Weise ist dieser in einem Restaurant ganz in der Nähe von unserem Haus, natürlich kennt Gokul den Besitzer oder einen Bruder des Besitzers oder auch egal. Froher Erwartung marschieren wir ins Restaurant „Olive & Basil“ und Kerstin fragt gleich, wo denn die ganze Filmtechnik und –Crew sei. Na ja, eben noch nicht da, aber wir seien richtig. Ein, zwei Telefonate und wir entscheiden uns Platz zu nehmen. Plötzlich taucht ein neues Gesicht auf und er stellt sich als Organisator für den Film vor. Nun bekommen wir erste Infos. Es geht um einen Nepali, FunnyGuy, der in Australien gelandet ist und in einem Restaurant arbeitet. Ich soll nun den Restaurantbesitzer spielen, der genervt ist vom FunnyGuy und ihn feuert (wie gut, dass ich eine HR-Beraterin bei mir habe 😉 ). Das heißt, es geht nicht um eine Statistenrolle, sondern eine richtige Rolle mit Sprechanteil. Wie hoch ist nochmal die Gage?
Als nächstes kommt ein Kleintransporter und es kommt Leben ins Lokal. Es stellt sich nun der Regisseur vor und später kommt auch noch der Produzent, ein Nepali aus Australien. Wir erfahren weitere Dinge zum Film und sehen das Drehbuch.
Wir fassen zusammen: Wir sind nicht mehr in Nepal sondern in Australien und ich bin ein australischer Restaurantbesitzer, der einen Nepali feuern soll und es ist eine Sprechrolle und somit gibt es Text, den ich sagen muss, in Englisch (möglichst mit australischem Akzent) und bitte auch lustig, denn es ist eine Art Komödie. Alles kein Problem, einen Mojito bitte. Sollen wir Sandra in Australien anrufen, für eine Sprechübung?
In der Zwischenzeit wird die komplette Küche aus- und umgeräumt und insbesondere gesäubert (hoffentlich müssen sie nicht noch streichen). Wir sind bereits über eine Stunde im Restaurant und uns wird gesagt, in ca. 15 Min geht es los. Nepali 15 Min natürlich. Doch dann kommt doch noch Bewegung rein, ich soll zur Maske und wir wechseln in die nähere Umgebung des Drehorts. Ein Schauspieler wird gerade bearbeitet und ich werde dem Visagisten vorgestellt. Er schaut mich an und sagt ich bräuchte keine Maske. Einen schönen Mann… Nun taucht auch der Casting-Direktor Bhagwan auf und zwei weitere Volunteers von Karmalaya. Langsam bereite ich mich auf meine Rolle vor und mache erste Gesichtsübungen und bestell noch ein Bier.
Dann geht es los und der Regisseur holt mich und braucht plötzlich noch eine Frau für die erste Szene an der Rezeption. Wer könnte das besser spielen als Kerstin. Für Maske ist nun aber keine Zeit mehr und schwups stehen Kerstin hinter dem Tresen und ich davor. Letzte Anweisungen, was wir sagen und tun sollen, ein kurzer Probelauf und die Klappe fällt. Inhalt der Szene ist, dass ich meine Rezeptionistin frage, wo der FunnyGuy ist und erfahre, dass er sich in der Küche befindet, worauf ich erschrocken in diese eile. Die dritte Klappe ist es und die Crew ist zufrieden. Licht und Kamera werden eingepackt und es geht in die Küche. Hier treffe ich das erste Mal den FunnyGuy.
Folgendes soll hier passieren: Er steht an einem Tisch und schneidet Gemüse und singt und träumt dabei von einem Mädchen. Dann schubst er ein paar Abfälle in den Mülleimer und kickt diesen durch den Raum. Das bekomme ich mit, bin erzürnt und schmeiße ihn nach einem kurzen Wortwechsel raus. Dies wird in diverse Kameraperspektiven verpackt, sodass ich teils nur mit Stimme agiere, bis hin, dass ich in der Totalen gezeigt werde. Wir haben einen riesigen Spaß, auch wenn alles ganz schön viel Zeit benötigt.
Okay, dass mit dem australischen Akzent habe ich nicht wirklich hinbekommen, aber wenn ich meinen Manager Gokul wiedergeben darf, so war die Crew und insbesondere der Regisseur beeindruckt, wie schnell und perfekt und lustig ich meine Rolle gespielt habe. Dem habe ich nichts mehr hinzuzufügen 😉
Irgendwann ist alles im Kasten, Kerstin und mein Name werden notiert, der FunnyGuy möchte sich mit mir auf Facebook verknüpfen und wenn nun die Gage noch gezahlt ist, können wir endlich nach Hause. Es ist bereits 24 Uhr. Casting-Manager Bhagwan hat 10.000 Rupien ausgehandelt, also ca. 80 EUR. Nicht schlecht. Doch leider hat der Finanzminister vom Film nur 5.000 R in bar und den Rest als Scheck. Also noch eine Runde hin und her diskutieren und dann findet er doch alles Geld und ich ziehe mit meiner Co-Schauspielerin Kerstin, meinem Casting-Manager Bhagwan, meinem Manager Gokul und meinem Groupie Prakriti nach Hause. Was für ein Tag.
(Foto von links nach rechts) Manager Gokul, Casting-Direktor Bhagwan, Groupie Prakriti, Co-Schauspielerin Kerstin, Australier Oliver, FunnyGuy, Regisseur Hikmat Bista, Chef-Kameramann, Chef-Beleuchter
Übrigens, der Titel lautet „The Winner“. Wie passend 😉 Und im April soll er in die Kinos kommen. Wir sind sehr gespannt.
…und wo ist „Miss Nepal“…???
http://thecinematimes.com/malina-joshi-attached-with-the-winner/
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Du Fuchs. Leider war die Hübsche nicht anwesend oder zum Glück. Erstens hätte es sicherlich Überstunden aufgrund der benötigten Zeit in der Maske gegeben und zweitens weiss ich nicht, wie meine Groupies auf sie reagiert hätten.
Aber ich hoffe natürlich, dass wir zur Premiere eingeladen werden 😉
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