Nepal kommt nicht zur Ruhe

SHAKTI MILAN BAGS Team übersteht auch das zweite große Erdbeben
Wir konnten es kaum fassen. Da hatten wir mühsam ein bisschen Normalität zurückgewonnen und unsere Taschen-Produktion mit neuem Elan und Verstärkung im Team wieder aufgenommen und dann erschüttert am 12. Mai ein neues großes Beben die Region und das Team. Was für ein Schock!

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Auch dieses Mal haben es alle Teammitglieder körperlich unversehrt überstanden. Dafür sind wir sehr dankbar! Die Angst sitzt dennoch bei jedem Atemzug im Nacken. Die Menschen schlafen wieder draußen unter Plastikplanen. Der Monsun kündigt sich bereits mit ersten Regenschauern an und es ist allen klar, dass damit in den Bergregionen neue Erdrutsche zu erwarten sind. Eine Perspektive, wann die Erde sich beruhigt, wie lange der Ausnahmezustand andauern wird, gibt es nicht.

Wir helfen, wo wir können
Noch kurz vor dem großen zweiten Erdbeben war unser Team in der stark betroffenen Region Nuwakot im Einsatz. Dort wurden Nahrungsmittel, Kleidung und Plastikplanen an die Dorfbewohner verteilt und medizinische Hilfe geleistet.

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Diese Anfahrt war bereits mühselig und kommende Fahrten werden mit jedem neuen Beben und einsetzendem Monsunregen immer gefährlicher. Aktuell prüfen wir noch genauer wie hoch das Risiko der Hinfahrt aber insbesondere auch des Rückweges ist. Ein Erdrutsch und der Rückweg ist abgeschnitten. Niemandem ist geholfen, wenn unsere Leute irgendwo in der Bergregion festsitzen und nicht wieder zurückkommen.

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Kinder brauchen ein neues Zuhause
Das Übergangsheim für ehemalige Kinderarbeiter unserer Partnerorganisation ACCESS ist durch das zweite große Beben jetzt leider unbewohnbar. Zehn Kinder haben ihr Dach über dem Kopf verloren und suchen nun ein neues Zuhause, bis sie wieder in ihre Ursprungsfamilien reintegriert werden können. Und das kann in der aktuellen Situation dauern, da fast alle Kinder aus Dörfern kommen, die durch das Erdbeben stark zerstört wurden. Gokul und Prakriti, unsere Nepalesischen Partner, haben diese Kinder bei sich zu Hause aufgenommen. Zwei Familien und die zehn Kinder sind aktuell in drei noch bewohnbaren Erdgeschossräumen zusammengerückt. Auch das ist Nepal: die Menschen halten in der Not zusammen.

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Sobald die Erde sich ein wenig beruhigt hat, lädt Shakti Milan Bags die ganze Mannschaft und auch das Nähteam erst mal zum Kino-Abend ein. Nach all den schlimmen Bildern und Erlebnissen, die zu verarbeiten sind, brauchen alle jetzt ein Bisschen Lachen und Freude. Und natürlich sind wir auch bei der Suche nach einem neuen Kinder-Übergangs-Heim mit Herzblut und finanzieller Unterstützung dabei.
Auch die regelmäßige medizinische und psychologische Betreuung in den Dörfern und vor allem der Kinder, werden wir mit Euren Spendengeldern weiter fortführen. Herzlichen Dank, dass Ihr das möglich gemacht habt!

Konzert zu Gunsten von Nepal
Die ehemalige Voluntärin Evelyne Schertlin organisiert eine Benefiz Veranstaltung für die Menschen in Nepal. Neben besonderen Musikerlebnissen können auch unsere SHAKTI MILAN BAGS Taschen käuflich erworben werden. Natürlich geht der gesamte Erlös nach Nepal.

Der Ort Behringersdorf liegt im Landkreis Nürnberger Land und ist ein Ortsteil von Schwaig bei Nürnberg. Der Ort liegt an der Bundesstraße 14 zwischen Nürnberg und Rückersdorf im Pegnitztal.

Benefitzkonzert We are Nepal

Keine Müllhändler mehr in Kathmandu
Und auch auf anderer Ebene stellt uns das Erdbeben-Chaos vor neue Herausforderungen. So ist es im Moment echt schwer an die Materialien für unsere Taschen zu kommen. Die Müllhändler, von denen wir unsere Reissäcke beziehen, stammen alle aus dem Flachland im Süden des Landes (Terrai), das einigermaßen Erdbebensicher ist. Dorthin sind sie jetzt zurückgekehrt und in Kathmandu ist das Müllsystem zusammengebrochen. Unsere Stoffe, Reisverschlüsse und Nähmaterialien kaufen wir bei Großhändlern in der Altstadt von Kathmandu ein. Dieser Stadtteil ist stark zerstört und die Häuser, die noch stehen, sind extrem einsturzgefährdet. Auch hier sind die Geschäfte geschlossen und ein Einkaufsbummel definitiv nicht angeraten. Aber Gokul und Prakriti sind mit allen Wassern gewaschen und wir sind sicher, sie werden auch unter diesen erschwerten Bedingungen eine Lösung finden und das Team zusammenhalten.

Ihre Spende gibt den Kindern wieder ein Dach über dem Kopf

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Die Regierung ist untätig und Shakti Milan Team hilft

Der Tag heute beginnt mit Routinen. Gokul und Prakriti waschen gemeinsam auf dem Dach ihre Wäsche und scherzen dabei. Diese Normalität tut wirklich gut. Gleich werden wir losfahren um in einer anderen Region unsere Lebensmittel und Medikamente zu verteilen. Gestern waren wir die ersten in der stark betroffenen Region Sindhupalchok, mittlerweile sind alle Hilfsorganisationen aktiv und viele private Initiativen ebenso. Auch die Regierung bewegt sich ein bisschen und zeigt zumindest in den leicht zugänglichen Regionen erste Präsenz. Weiterhin gibt es keine zentrale Koordination, sodass es gar nicht so leicht ist, einen Ort zu finden, an dem die Hilfsgüter wirklich benötigt werden und den man ohne Hubschrauber erreichen kann.

Gokul hängt den ganzen Morgen am Telefon, um mit Leuten aus den verschiedenen Dörfern zu kommunizieren, um herauszufinden wo genau unsere Reise heute am besten hingehen soll. Unseren ursprünglichen Plan mussten wir verwerfen, denn wir haben erfahren, dass dort schon mehrere Organisationen angekommen sind. Wie gesagt, gibt es so gut wie keine zentrale Koordination der Einsätze. Viel läuft über soziale Medien, wie Facebook.

Die Inaktivität der Regierung ist erschütternd. Gestern habe ich mit jemandem gesprochen, der für die Regierung arbeitet. Er sagte mir, dass zum Zeitpunkt der Katastrophe alle hohen Verantwortungsträger gemeinsam in einem Yoga Seminar gesessen hätten. Und auch lange nach dem die Katastrophe bekannt war, keinerlei Initiative gezeigt hätten. Es gibt eine Anweisung an alle Beschäftigten der Regierung täglich im Office zu sein. Das Office ist hoch Erdbeben gefährdet. Auf die Frage, was denn zu tun sei, gab es wohl die Antwort „nichts“… einfach da sein. Dieser Aufforderung kommt kaum jemand nach, denn jeder versucht sich in Sicherheit zu bringen. China wollte direkt 16 Helikopter schicken, was die Regierung abgelehnt hat, da es irgend eine Befindlichkeit mit der indischen Regierung gab. Offiziell hieß es der Flughafen sei überlastet. Viele Ärzte sind nicht mehr im Krankenhaus. Sie sind zu Hause bei ihren Familien oder haben sich auf dem Land in Sicherheit gebracht. Es gibt hier wirklich zwei Sorten von Menschen. Die einen, die nur an das eigene Wohlbefinden denken und Medikamente und Nahrungsmittel für sich und Ihre Familie horten. Und dann gibt es die anderen, die ohne zu zögern aufbrechen um irgendwie zu helfen. Das Land verfügt mittlerweile über jede Menge Spendengelder. Wichtig ist, dass auch die Regierung dafür verantwortlich gemacht wird, wie mit diesen Geldern umgegangen wird.

Wir haben wieder den LKW gepackt und sind aufs Land gefahren. Überall, wo die Zerstörung nicht groß war und die Menschen noch Lebensmittel und ein Dach über dem Kopf haben, sind wir weitergefahren. Immer tiefer in das Bergland hinein und die Straßen wurden immer schlechter. In Thokarpa Village im Distrikt Sindhupalchowk machen wir Halt. Es ging so weit, dass wir einen Teil der Vorräte und Medikamente abladen mussten und nur mit halber Fracht die Wege hinauf zu den Bergdörfer gefahren sind. Vor Ort mussten wir dann warten, bis der LKW wieder zurückgefahren, neu aufgeladen und wieder hochgekommen ist. Einige Helfer sind zu Fuß gegangen und haben 5h gebraucht und kamen erschöpft bei uns an.

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Hier war die Koordination vor Ort schwieriger. Leider klappte es diesmal nicht so gut eine Art Kommitee zu gründen, um die weitere Verteilung insbesondere für die noch weiter im Berg gelegenden Dörfer zu organisieren. Aber mit ordentlich Nepali-Style haben wir auch das hinbekommen.

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Es war schon sehr spät als wir dann wieder Richtung Kathmandu aufbrechen konnten. Die Nacht war aber warm und der Mond schien hell vom Sternenklaren Himmel. Nepal ist wunderschön.

EIN GROßES DANKESCHÖN AN DIE HELFERINNEN UND HELFER!

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Für viele die erste Nahrung nach vier Tagen

Heute Morgen waren wir bereits um kurz nach sechs alle auf den Beinen. Gokul und Prakriti waren ohne Unterbrechung am telefonieren und koordinieren – den Jeep, die Medikamente, die Freiwilligen, die Lebensmittel. Alles musste irgendwie organisiert werden. Und da haben die beiden wirklich innerhalb von nur wenigen Stunden unglaubliches bewegt. Denn Lebensmittel, Transport, Medikamente und vor allem Wasseraufbereitungs-Tabletten sind in Kathmandu nicht mehr zu bekommen. Im Regen und im Morgengrauen haben wir dann den Jeep mit circa 30 Säcken „beaten Rice“, so eine Art Trocken-Reis, den man nicht mehr kochen muss, jede Menge Kekse, Instant Nudeln und anderen Lebensmitteln beladen. Und dann ging es los nach Sindhupalchok.

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Unterwegs sind noch eine Medizinstudentin, ein Partner von Gokul, ein Student, und noch ein paar andere Freiwillige zu uns gestoßen. An einer Straßenecke wurden uns wie verabredet 6000 Wasseraufbereitungspillen gebracht, die Prakriti gestern organisiert hatte.  Bei einem Cousin, der ein kleines Ladengeschäft für Düngemittel hat, haben wir jede Menge Plastikfolien dazu geladen, die er für uns gestern irgendwie aufgetrieben hatte. Wir warten an einer weiteren Straßenecke, es taucht ein Taxi auf und ein neuer Karton wird auf die Ladefläche gereicht, voll von Medikamenten und Elektrolyten.

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Alle arbeiten Hand in Hand, um diesen Trip in die Dörfer der am stärksten vom Erdbeben betroffenen Region möglich zu machen – Sindhupalchok. Als wir endlich alles beisammen haben, quetschen wir uns mit den ganzen Hilfsgütern und elf Leuten in den Jeep. Es ist nicht daran zu denken mit dem Scooter zu fahren, denn es regnet ununterbrochen und die Straßen sind schlammig. Wir fahren durch die Straßen und sehen schnell die ersten zerstörten Häuser, Suchtrupps, und Menschen die im Regen immer noch im Freien kampieren… Wir sind alle sehr betroffen, und wissen nicht, was uns erwartet, wenn wir erst mal aus der Stadt raus sind und die Dorf Region erreicht haben. Immer weiter dringen wir vor und sehen immer mehr zerstörte Häuser. Teilweise sind es einfache Lehmbauten von denen nicht viel stehen geblieben ist. Auf dem Weg begegnen uns Menschentrauben, die versuchen den Jeep zum Anhalten zu bringen und an die Hilfsgüter zu kommen. Diese Menschen sind verzweifelt und haben seit Tagen nichts mehr gegessen, geschweige denn eine Hilfsorganisation bisher zu Gesicht bekommen. Wir schaffen es irgendwie durch die Menschentraube hindurch zu fahren, ohne direkt im ersten Dorf ausgeraubt zu werden. Unsere Hilfsgüter sind für die Dörfer weiter im Hinterland bestimmt. Nach wenigen Metern aber entscheiden wir uns anders. Wir halten an und verteilen etwas von den Nahrungsmitteln. Diese Menschen sind eben auch in Not! Wir müssen aufpassen, dass wir nicht überrannt werden. Wie aus dem Nichts tauchen von überall Menschen auf, die Hunger haben. Und Menschen die seit Tagen nichts mehr gegessen haben und so verzweifelt sind, sind zu allem bereit. Das wissen wir, dementsprechend gehen wir mit Bedacht vor. Wir schaffen es, dass die Menschen sich ganz ordentlich in Reih und Glied vor unserem Jeep aufstellen und von der Ladefläche heraus verteilen wir an jeden drei Hände voll von dem Reis und eine Packung Kekse. Der Reis wird in Pullover, Hemden, umhänge Tücher geschüttet…

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Wir fahren weiter. Sehen unterwegs mehr zerstörte Häuser, Erdrutsche, und über all Menschen die hilflos vor ihren zusammengebrochenen Häusern sitzen.

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Gegen Mittag erreichen wir das Dorf, indem Gokul und Prakriti noch einen Tag vor dem Erdbeben herzlich bewirtet wurden. Auch hier verteilen wir den Reis und die andern Lebensmittel direkt aus dem Jeep heraus. Auch eine kleine Erste Hilfe Station eröffnen wir, in der wir Medikamente austeilen und kleinere Wunden verbinden. Das macht die Medizinstudentin hervorragend.

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Dann bilden wir ein Komitee von sieben Dorfbewohnern, denen wir weitere Säcke in ihre Obhut geben. Diese Nahrung ist für die Menschen in den umliegenden Dörfern bestimmt, die nur zu Fuß zu erreichen sind. Nachdem alle versorgt sind, besuchen wir noch die Hausruine des Dorfältesten. Seine Kuh liegt im Sterben. Denn der Stall ist über ihr zusammen gekracht. Das Tier leidet fürchterlich, man sieht es. Aber eine Kuh zu töten ist in der hinduistischen Religion ein Tabu. Und so wartet man ab, bis das Tier elendig krepiert.

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Auch die Näherinnen von SHAKTI MILAN BAGS wollen unterstützen und so haben wir kurzerhand aus Reissäcken keine Taschen genäht sondern Planen. Diese Planen konnten wir nun nutzen um die minimalistischen Unterschlüpfe der Menschen ein wenig zu bedecken.

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Als wir abreisen, bekommen wir noch Tee angeboten. Es ist mir unangenehm von diesen Menschen, die gar nichts mehr haben,  auch noch Tee anzunehmen. Aber das sind die Regeln der Gastfreundschaft. Wir sind schon zur Abfahrt wieder in den Jeep geklettert, als wir anfangen die mitgebrachten Plastikfolien und einige Kleidungsstücke noch zu verteilen. Die ruhige und gelassene Stimmung ändert sich schlagartig und es wird erbittert um Kleidung und Plastikfolien gekämpft. Wir geben, was wir können und dann geben wir Gas, um der Menschenmenge zu entkommen.

Auf dem Rückweg kommen uns weitere Hilfstransporte und Rettungsteams entgegen. Wir waren die ersten, die in diese Dörfer vorgedrungen sind, aber jetzt langsam setzt sich die Welle der Hilfsdienstleistungen in Bewegung und kommt auch in den abgelegenen Dörfern an. Auch sind jede Menge Journalisten unterwegs, die nach Bildern und Storys suchen.Gokul und ich geben dem italienischen Sender TG2 ein Interview (ab Minute 2:25, leider ohne Interview)

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Und Erdbebentouristen. Einige sind in kleinen Mini Bussen unterwegs um wie im Safaripark die zerstörten Gebäude und das Leid der Menschen zu betrachten. Was für ein Tag!