Tag der Entscheidung im Taschen-Projekt

Der Termin bei Shakti-Milan ist für 15 Uhr angesetzt. Also bleibt uns der Vormittag um weiter am Projekt zu arbeiten. Erste Besprechung mit Prakriti auf der Terrasse. Dann setzen Oliver, Prakriti und ich uns auf die Yogamatte auf der Dachterrasse in die Sonne und eröffnen unser Büro.

IMG_4513Zuerst spielen wir die ganze Prozesskette durch. Von der Produktentwicklung über die Beschaffung der Rohmaterialien zur Produktion, zum Marketing und Vertrieb der Taschen. Außerdem spielen wir das Thema Human Resources durch, denn qualifizierte und vor allem motivierte Mitarbeiterinnen mit dem Kriterium der Bedürftigkeit zu bekommen und langfristig zu binden hat sich ja schon in den Anfängen als Herausforderung gezeigt. Auch über die Finanzen und Reportingstandards machen wir uns einen Kopf und wie wir den Infoaustausch in Zukunft handhaben wollen, mit uns in Deutschland, Prakriti in Nepal und einer schneckenlahmen Internetverbindung und das auch nur wenn gerade Strom da ist.

IMG_3116Als wir die ganze Prozesskette im Detail auf Post-Its geschrieben und auf die Yogamatte geklebt haben, brauchen wir erst mal einen Tee. Puh, das ist ein richtiges Business und ganz schön komplex. Unser Bauchgefühl, daß die Damen von Shakti-Milan das innerhalb ihrer Organisation nicht handeln können, wird nach dieser Übung ganz klar bestätigt. Leider haben die Shakti-Milan Damen im Moment noch grosse Schwierigkeiten überhaupt eine Tasche in der erforderlichen Qualität zu produzieren. Die Ausbildung läuft noch und das Engagement ist auch sehr unterschiedlich. Und die Taschenproduktion nach Standardvorlage ist nur ein kleines Puzzlestück in der ganzen Prozesskette. Wir überlegen ob wir das Team um Sundar im Dorf Pharping ausbauen sollten. Auf dem Dorf gibt es viele bedürftige Frauen die bereits Kleidung nähen können. Sie auf Taschen zu schulen dauert max. 3-4 Tage und Sundar könnte ein solches Team leiten, die Qualitätsstandards sichern und die Frauen anlernen. Sobald die Shakti-Milan Damen dann soweit sind, können wir ein zweites Team aufmachen, denn dann haben wir hoffentlich genügend Aufträge um beide Teams auszulasten. Ausserdem könnten die HIV Damen dann weitgehend unter sich und in der geschützten Umgebung bleiben, ohne ihre Infizierung vor anderen Nicht-HIV Infizierten publik machen zu müssen.

Auf jeden Fall ist klar, dass wir sofort ein zweites, unabhängiges Team von bereits ausgebildeten Frauen brauchen, die innerhalb von sehr kurzer Zeit loslegen können Taschen zu produzieren. Anderenfalls müssen wir unsere Bestellungen streichen.

Nach dem Mittagessen brechen Prakriti und ich zu Shakti-Milan auf. Goma ist bereits da. Der Näh-Raum ist belebt, es hängen Taschen an der Wand und eine Bewohnerin des Heims übt an der Nähmaschine (macht sie gut, seltsamerweise ist sie gar nicht bei uns im Team). Ich freue mich sehr das so zu sehen.

IMG_3118Die Häkel-Dame kommt und präsentiert uns stolz ihre erste Reissack-Tasche. Klasse! Als wir den Sack sehen, den sie dafür verwendet hat, bekommen Prakriti und ich gleichzeitig einen Stich in den Magen. Wir brauchen keinen Blickkontakt. Wir denken beide genau dasselbe: OMG! Der Sack mit dem Elefantenmotiv, der ist so selten zu bekommen und der einzige, der richtig gut auf den Rucksäcken aussieht. Und sie hat ausgerechnet den zum Üben genommen. Ohne Blick fürs Motiv hat sie einfach dem Elefanten durch den Bauch geschnitten….RAMROOOO (schööön) sagen wir beide mit einem gequälten Lächeln.

Wir sprechen lange mit Goma. Nach ein paar einleitenden Worten kommen wir sehr schnell zum Punkt. Wie soll es weitergehen? Sie ist sehr ehrlich zu uns und beschönigt nichts. Im Moment, so sagt sie, sind sie noch nicht in der Lage einen Beitrag zur Produktion zu leisten. Sie hat die Komplexität unterschätzt und es tut ihr leid, dass ihre Damen aus unterschiedlichen Gründen nur mäßiges Engagement zeigen. Aber es ist nach wie vor ihr Traum dieses Business für Shakti-Milan zum Fliegen zu bringen. Sie verspricht einen neuen Anlauf zu starten, alle Shakti-Milan Mitglieder zu einem Treffen zu versammeln und auch einen Näh-Trainer aufzutreiben um das Team auf Taschen zu schulen. Sie braucht nur mehr Zeit und eine kleine Pause. Wir einigen uns auf einen Zeitraum von 5 Monaten für den wir aus den Erlösen der Taschen das Training, die Materialien, die Busfahrten etc. für die Shakti-Milan Damen finanzieren. Die Nähmaschine, der Raum, alles bleibt erhalten. Wir werden in engem Kontakt bleiben, regelmäßig vorbeischauen und den Fortschritt verfolgen. Nach 5 Monaten, so ist der Plan, sind die Damen soweit, dass sie in die Taschenproduktion einsteigen können. Ausserdem werden sie auch einen wesentlichen Beitrag zum Vertrieb und Marketing der Taschen über ihr Netzwerk leisten. Prakriti und ich werden derweil unser Möglichstes tun um das Projekt in der Zwischenzeit am Leben zu halten. Wir werden ein weiteres Team aufbauen, damit wir die Aufträge erfüllen und so Geld für das Training der Damen generieren können. Goma ist einverstanden die Zielgruppe auf hilfsbedürftige Frauen aller Art zu erweitern und nicht nur im Kreise der HIV Infizierten Frauen zu suchen. Das war ein gutes Meeting und hat eine Menge Klarheit gebracht. Die nächsten Schritte zeichnen sich ab.

Zurück zu Hause hat Viola, unsere neue Mitbewohnerin, Pasta gekocht. Das ist mal eine nette Abwechslung zum täglichen Reis und auch die Familie probiert neugierig dieses fremde Gericht ;-).

Direkt nach dem Abendessen versammeln wir uns alle auf dem Bett von Gokul und Prakriti, werten den Tag und das Gespräch mit Goma aus und entscheiden dann, wie und mit welcher Organisationsform wir weitermachen. Spätestens morgen müssen wir die Labels und Anhänger (Love Letters) für die Taschen in Auftrag geben und dafür müssen wir wissen, wie das Kind heissen soll. Wir entscheiden uns dafür eine Dachorganisation zu registrieren, die WISE (Women in Social Entrepreneurship) heissen soll. Das gibt uns die Möglichkeit langfristig auch noch andere Bereiche als Taschen zu eröffnen. Unter WISE gibt es die Taschenproduktion, die wir Shakti-Milan-Bags nennen. Und „Shakti Milan Bags“ würden wir gerne zur Marke ausbauen. Da wir vorerst ja nur eine Taschen-Art haben, und um unsere Kunden nicht zu verwirren, werden wir nach Außen erst mal nur mit dem Namen „Shakti Milan Bags“ auftreten. Mit dieser Entscheidung fühlen wir uns alle gut. Und wir werden euphorisch als wir uns erlauben die Zukunft der WISE Organisation und deren Potenzial noch ein bisschen weiter zu träumen, bevor auch dieser ereignisreiche Tag zu Ende geht.

Bye Bye Pokhara and Welcome Home in Kathmandu

Gemütlich lassen wir es heute morgen in Pokhara angehen. Nach einem ausgiebigen Frühstück suchen wir uns noch mal ein chilliges Plätzchen am See und geniessen die saubere Luft vor unserer Rückkehr nach Kathmandu. Das heute in Deutschland Nikolaus gefeiert wird, bekommen wir nicht wirklich mit.

IMG_4499 IMG_4497Unsere Wäsche, die wir am Vortag im Hotel abgegeben haben ist noch nicht zurück aus der Wäscherei. Um 13 Uhr müssen wir zum Flughafen, das wird knapp aber irgendwie wird es schon passen. Und so ist es auch. Um 12:30 Uhr kommt die Wäsche und uns bleibt noch genügend Zeit sie in den Rucksack zu stopfen. Der Preis für den Service ist einfach unverschämt. Ca. 30 Euro berechnet das Hotel für einen Service, der noch vor 2 Wochen ca. 10 Euro gekostet hat. Oliver macht Rabatz aber leider haben wir dann doch nicht mehr genügend Zeit das Gefecht zu Ende zu bringen. Wir bezahlen das Lehrgeld und fahren etwas verärgert zum Flughafen. In 7 Minuten sind wir schon da und nach weiteren 45 Minuten können wir in die Spielzeugmaschine einsteigen. Der Flughafen von Pokhara ist ein winzig und mein Pfefferspray wandert unentdeckt mit im Rucksack in die Kabine (bemerke ich aber erst hinterher).

IMG_4504Der kurze Flug ist sensationell und jeden Cent wert. Anstatt 8 h im Bus durch die Gegend zu schaukeln, sind wir in weniger als 30 Minuten in Kathmandu. Und wir fliegen bei bester Sicht die ganze Zeit an der Bergkette des Himalaya entlang. Bis jetzt hatten wir ja schon oft Berge an unterschiedlichen Orten und aus unterschiedlichen Perspektiven gesehen. Aber das ganze Massiv aus der Luft zu betrachten, die schneebedeckten 7 und 8 Tausender in der Sonne vor blauem Himmel, ist total beeindruckend.

IMG_8749 IMG_3111Angekommen in Kathmandu werden wir von einem Karmalaya Team abgeholt und nach Hause zu Gokul gefahren. Was für ein netter Service! Kaum haben wir einen Fuss ins Haus gesetzt, werden wir auch schon von der gesamten Familie mit grossem Hallo begrüßt. Ama hat uns als erstes entdeckt. Die Schwestern kommen und zeigen uns ihre Babies, stolz über jedes Speckröllchen, was in den vergangenen 3 Wochen gewachsen ist. Saishna, Gokul, Prakriti, Krishna, Papa, alle kommen und freuen sich, dass wir wieder da sind. Und es gibt eine neue Mitbewohnerin. Viola aus der Schweiz wohnt jetzt auch bei uns, während Maria und Mirjam in der Zwischenzeit abgereist sind.

Die grosse Überraschung wartet im Wohnzimmer. 18 neue Reistaschen mit tollen Motiven stehen nett aufgereiht und mit Zeitungspapier ausgestopft für uns bereit. Ich bin total aus dem Häuschen. WOW! Ich war mir nicht sicher, ob das Taschen-Projekt eine Überlebenschance hat, da die Shakti-Milan Damen eher mässiges Engagement zeigen und noch keine von ihnen in der Lage ist auch nur annähernd eine Tasche in der erforderlichen Qualität zu nähen. Während meiner Abwesenheit aus Kathmandu hatte ich meinen Frieden damit geschlossen und war auch darauf vorbereitet das Baby zu Grabe zu tragen. Und jetzt das! Ein Gefühl wie Weihnachten! Nicht nur für mich, sondern auch für Prakriti, die in den letzten Tagen alle Hebel in Bewegung gesetzt hat, um das Projekt am Leben zu halten. Die Taschen wurden in Pharping, im Dorf der Famile von Krishnas Bruder Sundar produziert. Er hatte uns schon ganz am Anfang bei dem Projekt unterstützt und ich mag ihn sehr. Er hat 2 Mitarbeiterinnen (aus unserer Zielgruppe von bedürftigen Frauen) aus dem Dorf angestellt, die ihm helfen neben seinem normalen Nähbetrieb noch unsere Taschen zu fertigen. Das ist nicht als Dauerlösung gedacht, aber wir brauchen dringend ein paar Taschen, denn ohne ein konkretes Produkt zum zeigen, können wir auch nichts verkaufen.

IMG_3114 IMG_4511Unser Gepäck steht noch draußen. Wen interessiert’s. Sofort sind wir wieder Feuer und Flamme für unser gemeinsames Taschen-Projekt. Prakriti ist froh, endlich wieder Sparrings-Partner zu haben und berichtet uns, was während unserer Abwesenheit alles passiert ist, wo wir stehen und welche Ideen sie hat. Sie ist wirklich eine klasse Frau und super clever. Und der Hammer ist, dass sie eine Bestellung aus Australien für 60 Taschen an Land gezogen hat. Bis spät in den Abend diskutieren Gokul, Oliver, Prakriti und ich die verschiedenen Aspekte, Themen, Strategien und To-Dos unseres kleinen Social Business. Wir sind wieder zurück! Es gibt jede Menge zu tun! Gleich morgen treffen wir uns mit Goma von Shakti-Milan und dann werden wir entscheiden wie es mit dem Business weitergeht.

Die besten 100 Bilder aus dem Foto-Projekt

Für insgesamt 10 Tage waren Kerstin und ich in einem kleinen Bergdorf namens Swaragau nord-westlich von Kathmandu, Nepal. Wir haben in Swaragau als Volunteers insbesondere das Blindenprojekt von Karamalaya unterstützt.

Im Vorfeld habe ich mir einige Gedanken gemacht, was ich mit den Kindern zusammen unternehmen möchte. Wenn man immer wieder und überall mitbekommt, wie begeistert Kinder in jedem Alter gerne fotografieren, lag es Nahe ein Foto-Projekt zu starten. Daher habe ich fünf einfache Digitalkameras mit nach Nepal genommen, die mir dankenswerter Weise von der Avides AG gesponsort wurden.

In enger Zusammenarbeit mit den Lehrern habe ich fünf Gruppen je eine Kamera zu einem Thema zur Verfügung gestellt. Die Gruppen wurden von den Lehrern ausgewählt und ich habe darauf geachtet, dass immer eine Gruppe mit erblindeten Kindern dabei ist. Die erblindeten Kinder haben entweder mit ihrer Rest-Sehkraft oder in Zusammenarbeit mit sehenden Kindern sehr engagiert an dem Projekt teilgenommen.

IMG_7917Es wurden drei unterschiedliche Runden mit den Themen Tiere, Freunde und Familie durchgeführt. Vor jeder Runde haben wir die Kinder kurz in die Funktion der Kamera eingeführt. Nach Rückgabe der Kameras wurden die Bilder gesichtet und eine Reihenfolge der „besten Gruppe“ ermittelt. Alle Teilnehmer konnten sich in Reihnefolge der Besten einen Preis aussuchen.

Hier nun die Galerie der besten 100 Fotos aus dem Foto-Projekt

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Wir gehen in die Luft und unter Wasser

Wir stehen sehr früh am morgen auf, um den Sonnenaufgang mit Bergpanorama von der Aussichtsplattform zu sehen. Dafür sind wir schließlich hier in Sarankot auf den Berg gefahren. Ein Blick aus dem Fenster bringt Ernüchterung. Eine Wolken- und Nebelsuppe umgibt uns. Kein blauer Himmel, keine Sicht. Aber vielleicht ist das von der Plattform aus ja anders und so stiefeln wir trotzdem noch vor dem Frühstück den Berg bis ganz nach oben hoch. Unterwegs kommen uns jede Menge Menschen entgegen, die schon wieder runterklettern. Als wir endlich oben sind, wissen wir auch warum. Es ist absolut gar nichts vom grandiosen Bergpanorama zu sehen. Schade! Schnell noch ein paar Fotos. Haben wir einen neuen Trend verpasst? Oder warum machen Chinesen Selfies nur mit Helm?

IMG_4490IMG_8660Aber die Sonne kommt langsam durch und es wird wärmer. Also gehen wir zurück zum Hotel um ausgiebig in der Sonne zu frühstücken. Und siehe da, ca. 2h später hat die Sonne es geschafft und die Wolken vertrieben. Ganz langsam, nach und nach schält sich ein Berg nach dem anderen aus den Wolken. Und obwohl wir ja mittlerweile wissen, wie die Berge aussehen und dass sie immer da sind, auch wenn wir sie nicht sehen, ist das jedes Mal ein atemberaubender Anblick, wenn die schneebedeckten Gipfel der 7-8 tausend Meter hohen Berge dann tatsächlich vor dem blauen Himmel auftauchen. Wir trainieren das Frühstück dann auch gleich wieder ab, indem wir noch einmal den Berg zur Aussichtsplattform hochlaufen um das ganze Panorama zu genießen. Life is Good!

IMG_8680 IMG_8679Dann packen wir unsere Rucksäcke und machen uns auf zum Absprungplatz der Paraglider. Wir haben ja schließlich heute etwas Besonderes vor und sind schon ganz schön aufgeregt. Und wir können unser Glück kaum fassen, dass wir sehr wahrscheinlich heute beim Absprung das komplette Bergpanorama sehen können. Das ist schon etwas Seltenes. Der Sprungplatz wimmelt nur so von bunten Gleitschirmen, aufgeregten Touris, Sportfreaks und Gleitschirmpiloten. Unsere Crew ist noch nicht da und wir müssen noch ein Stündchen in der Sonne warten, bevor es dann für uns auch losgeht.

IMG_8685Als es dann soweit ist und an den Start geht, bekomme ich die Instruktion zu laufen, nur zu laufen und nicht zu springen. Guck auf den Horizont, nicht nach unten und lauf, sagt mein Gleitschirmpilot zu mir. Kurz wird mir flau im Magen und ich überlege auf was ich mich da eigentlich eingelassen habe. Als der Gleitschirm dann etwas Wind bekommt bin ich sofort in der Luft. Ich komme gar nicht dazu zu laufen und bevor ich noch bis 2 zählen kann, gucke ich auf den Absprungplatz in 100 Meter Entfernung unter mir. WOW. Das macht Spass. Ich fliege wie ein Adler. Oliver taucht irgendwann auch neben, unter und über mir in der Luft auf und gemeinsam mit vielen anderen bunten Schirmen schwingen wir durch die Luft und schrauben uns immer Höher. Und einige Adler fliegen tatsächlich mit uns mit. Aus der Nähe betrachtet sind sie beeindruckend groß. Wir sehen die Berge, wir sehen den Phewa See, wir sehen all die Terrassenfelder und kleine Hütten, das Netz aus Trampelpfaden, dass sich über die Bergrücken zieht. Es ist wirklich toll. Nach ca. einer halben Stunde landen wir dann gemütlich am Ufer des Sees und trinken einen Tee in der Sonne. Und dabei haben wir beste Unterhaltung! Nach und nach trudeln nämlich auch die anderen Paraglider-Touristen ein, um direkt vor uns zu landen. Am meisten Spaß macht es uns, die Chinesen zu beobachten. Irgendwie sind deren Mägen nicht so robust und so muss sich jede Zweite im Landeanflug übergeben. Die armen Piloten.

IMG_8689 IMG_8696 IMG_8708 IMG_8710 IMG_8724 IMG_8738Wir hängen noch eine lange Weile an diesem schönen Spot, beobachten die Paraglider, freuen uns über unseren gelungenen Sprung, essen lecker Curry, stellen wieder einmal fest, dass man einfach Dinge machen muss und genießen die Sonne.

Irgendwann machen wir uns dann zu Fuss auf den Rückweg nach Pokhara, denn unser Fallschirmteam ist schon längst ohne uns abgefahren. Happy und völlig verschwitzt sammeln wir unsere Klamotten im Office von Mountainflyer ein und checken für eine weitere Nacht im Moonlight Resort in Pokhara ein. Oliver macht die Zimmertür auf und rennt direkt ins Badezimmer um auszutesten, ob die Dusche warm wird. Und danach verschwindet er fast augenblicklich für sehr lange Zeit im Badezimmer, aus dem ich in regelmäßigen Abständen Freudenrufe hören kann. Die erste warme Dusche nach vielen Tagen. Was für eine Wonne. Wir hatten irgendwie vergessen, wie glücklich warmes Wasser machen kann. Nachdem auch ich gründlich eingeweicht und sauber gewaschen bin, leisten wir uns den Luxus des Hotel-Express-Wäscheservices und bringen alle unsere Klamotten zum Reinigen. Hoffentlich ist damit dann auch das Kapitel meiner mysteriösen Stiche an Armen und Beinen beendet.

Abends treffen wir uns mit Rebecca, einer anderen Volontärin, in einem Koreanischen Restaurant. Es ist Vollmond, unser letzter Abend in Pokhara, wir haben den Gleitschirmflug überlebt…wenn das mal nicht alles Gründe zum feiern sind. Wir gönnen uns einen ganzen Tisch voll Leckereien ohne Reis und dazu noch ein Gläßchen Wein. Wehmütig denken wir daran, dass wir schon in ein paar Tagen Nepal verlassen müssen. Die Zeit ist unglaublich schnell vergangen und mittlerweile bewege ich mich mit so einer Leichtigkeit und Sicherheit durch dieses Land, dass ich es hier gut noch eine Weile aushalten könnte.

Mit dem Local Bus zurück nach Pokhara und weiter nach Sarankot

Heute verbringen wir wieder den größten Teil des Tages im Bus. Nach dem Frühstück in der Sonne in Gorkha geht es los. Sidi ist schon früh um 7 Uhr losgezogen um unser Bus-Ticket zu organisieren. Wir wollen heute die letzte Etappe zurück nach Pokhara und weiter nach Sarankot zurücklegen.

Ein kleiner Microbus stoppt direkt bei uns vorm Hotel. Sidi der Fuchs hat es geschafft, dass wir nicht wieder unser ganzes Gepäck den Berg zum Busbahnhof runterschleppen müssen, sondern vor der Tür abgeholt werden. Und tolle Plätze haben wir. Mit viel Beinfreiheit für Oliver. Der Traum währt keine 5 Minuten. Dann stellen wir fest, dass der Bus nach Kathmandu fährt und wir nach Pokhara wollen. Also schnell anhalten, rausspringen, Rucksäcke vom Dach holen und schon stehen wir wieder am Strassenrand mit unserem ganzen Plunder.

Wir nehmen einen anderen Bus, einen Local Bus (wieder so einen mit der tollen Bollywood Musik, bei der man nach stundenlanger Dauerbeschallung einen Dachschaden bekommt). Bis der Bus voll ist und losfahren kann, dauert es noch knapp eine Stunde. Dafür ist er dann aber auch richtig schön voll und Oliver kommt wieder in den Genuss von einigen Frauenhänden, die sich an seinen Knien festhalten. Ansonsten ist die Fahrt unspektakulär und nach ca. 5 Stunden sind wir wieder in Pokhara.

IMG_4482 IMG_4483Hier verabschieden wir uns nach 10 Tagen von Sidi und fahren im Taxi weiter nach Sarankot, einem kleinen Dorf oberhalb von Pokhara in den Bergen. Von hier werden wir morgen Paragliding machen, wenn uns bis dahin der Mut nicht verlässt.

Die Herberge, in der wir untergebracht sind, hat einen Wifi-Anschluss und so verbringen wir den Nachmittag damit, uns nach 10 Tagen in der Abgeschiedenheit von Swaragau, wieder mit der Welt zu vernetzen. In der Zwischenzeit wurden in Kathmandu fleissig Taschen produziert und neue tolle Reissack-Motive gefunden. Und zum Welt-Aids-Tag gab es einen Artikel in der Bielefelder Neuen Westfälischen und der Onlineplattform von Burda über unsere Aktivitäten hier in Nepal. Den Kontakt hat Olivers Mutter hergestellt, die wir zur Pressechefin ernannt haben. Super Job! Weiter so! Mal gucken, ob wir dadurch noch weitere Spendengelder bekommen.

Abschied aus Swaragau und der lange Weg zurück aus der Steinzeit

Wir stehen heute sehr früh auf und packen trübselig unsere Sachen. Wir sind beide traurig über unseren bevorstehenden Abschied aus diesem Dorf, daß uns in den letzten 10 Tagen so sehr ans Herz gewachsen ist.

IMG_4467Noch in Berlin dachten wir, daß Swaragau ein riesiger Schritt hinaus aus unserer Kompfortzone sein wird. Ich glaube, wir sprachen sogar von „Grenzerfahrung“ und waren dementsprechend vorher besonders aufgeregt. Wir haben uns gefragt ob und wie lange wir es überhaupt in einem Dorf mit den Standards des Mittelalters aushalten würden. Rückblickend haben wir uns einen Kopf um Nichts gemacht. Es war alles ganz einfach und wunderschön und eher eine Mischung aus „Unsere kleine Farm“ und Edersee. Wir hätten auch noch problemlos 3 Monate hier weiter leben können. Manchmal muss man Sachen einfach wagen, ist unser Fazit nach dieser Nepal-Station.

Beim Zähneputzen am Brunnen sehen wir die Gruppe der Blinden-Kinder, wie sie Blumenköpfe für unsere Abschiedskränze sammeln. Aha, da steht also wieder eine Zeremonie an. Aber das sind wir ja mittlerweile schon erfahren.

Nach dem Frühstück geht es dann los. Wir haben noch unsere letzten Mitbringsel unter die Leute gebracht, die Sonnencreme den Albinos vererbt und die Thermoskanne an unsere Hausmutter verschenkt. Dann wird das Kochzelt abgebaut und wir sind startklar zum Abstieg. Die Kinder aus dem Waisenheim sind samt Pflegeltern angerückt und jeder schenkt uns zum Abschied einen Blumenkranz. Tika mit viel roter Farbe bekommen wir natürlich auch. Auf dem Dorfplatz stehen wieder die 3 blauen Plastikstühle, wir nehmen Platz und bekommen von den restlichen Schülern, den Blinden-Kindern und den Lehrern weitere Blumenkränze und weiße Seidenschals. Aber dieses mal ist die Stimmung eher gedrückt und nicht so euphorisch, wie bei unserer Ankunft. Wer weiß, ob wir jemals wiederkommen? Als wir dann mit unseren Rucksäcken den Abstieg beginnen, müssen wir doch beide ein ganz kleines bisschen weinen (hat aber keiner gesehen) ;-).

IMG_8633IMG_8635 IMG_8640Meter um Meter steigen wir über die Steintreppen hinab ins Tal und durchbrechen dabei die Wolkendecke. Und im Tal erwartet uns dann wieder der Anschluss an die Welt, ein Internetzugang, Konsum, Nachrichten, E-mails, alles, was wir für eine Weile komplett unter der Wolkenschicht im Tal gelassen hatten.

IMG_8642Auf halber Strecke überholen uns die 2 Jungs, die heute unseren Rucksack schleppen. Echt eine Schmach. Sogar bergrunter sind wir schneckenlangsam und werden mühelos von den Trägern überrannt. Interessanterweise werden wir beiden Supersportler am nächsten Tag feststellen, daß wir nur vom Runtersteigen Muskelkater bekommen haben, nicht aber vom Hinaufsteigen.

Angekommen in Arkhet steigen wir in den nun schon bekannten Local Bus und schaukeln mit vielen (sehr vielen) anderen Menschen (und ein paar Tieren) die nächsten 5 Stunden zu ohrenbetäubender Bollywood-Musik, mit max. 10 km über die Geröllstrasse nach Gorkha.

IMG_4469 IMG_4472Wir sitzen direkt hinterm Busfahrer und neben ihm quetschen sich jede Menge Frauen auf einem kleinen Podest zusammen (das ist der beste Platz im Bus). Irgendwann steigt dann eine kleine runzelige Nepali Oma ein und ich sage noch zu Oliver, dass wir aufpassen müssen, dass sie uns nicht bei der nächsten Vollbremsung durch den Bus fliegt. Aber die Omi kann gut auf sich selbst aufpassen. Wie selbstverständlich nimmt sie sich Olivers Knie und hält sich für die nächsten Stunden daran fest. Dann verständigen wir uns auch noch, wann ich das Fenster zu öffnen habe, damit sie ihren Müll rauswerfen kann und als sie uns kurz vor Gorkha eine Mandarine anbietet, sind wir schon gute Freunde geworden.

In Gorkha übernachten wir in einem Hotel und springen als erstes unter die Dusche. Darauf haben wir uns schon lange gefreut. Aber leider vergebens, denn das Wasser der Dusche ist genauso eiskalt, wie in Swaragau. Den Aufstieg zum Königstempel sparen wir Kulturbanausen uns. Wir lesen das entsprechende Kapitel im Reiseführer durch und gehen stattdessen lieber mit unserem Guide Sidi in einer kleinen Kneipe Bier und Rakshi trinken, um so diesen Tag ausklingen zu lassen.

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Wir sammeln Müll und machen Lagerfeuer

Heute ist unser letzter voller Tag in Swaragau und wir wollen zum Abschluss mit den Kids ein Müll-Sammel-Projekt mit anschliessendem Lagerfeuer machen. Müll ist ein riesen Problem hier in Nepal. Erst mal besteht überhaupt kein Bewusstsein dafür, dass Plastik- und sonstiger Müll nicht einfach in die Umgebung geworfen werden sollte und dann gibt es auch keine wirkliche Lösung wohin mit dem Müll. Da bietet sich leider nur Entsorgung im Fluss oder Verbrennen an. Warum soll man sich dann die Mühe machen das Zeug in einem Abfalleimer (die sowieso Seltenheitswert haben) zu sammeln? Wir möchten zumindest die Schulkinder dafür sensibilisieren auf ihre Umwelt zu achten und daher machen wir heute diese Aktion. Beim Frühstück besprechen Luisa und ich das ganze noch mal mit Sidi, der das Lagerfeuer und das anschließende Essen für die Kinder organisieren soll. Wir wollen die Aktion mit allen Schulkindern und nicht nur mit den Blinden- und Waisenkindern machen und Sidi ist etwas skeptisch wie er diese Menge an Kindern versorgt bekommt. Aber ihm fällt was ein und wir sind gespannt.

Dann verbringe ich den Vormittag gemeinsam mit Luisa damit die Dokumentation über Swaragau fertig zu stellen. Wir schreiben fleißig alles auf, was wir in den vergangenen Tagen und Wochen erfahren haben und Oliver fotografiert weiter die restlichen Kinder aus Waisen- und Blindenheim sowie die Schlüsselpersonen im Ort für die Dokumentation.

IMG_8474 IMG_8468 - Arbeitskopie 2Wir sind noch mitten in unsere Arbeit am Laptop versunken, als sich unten auf dem Dorfplatz was tut. Ganz plötzlich haben sich sämtliche Schulklassen in Reih und Glied aufgestellt und an der Spitze jeder Gruppe steht ein großer Korb. WOW. Wir sind beeindruckt. Es ist erst 14:40 Uhr und wir wollten die Müll-Sammel-Aktion um 15:00 Uhr starten. Das ist ja Nepali-Zeit Rückwärts. Schnell machen Luisa und ich uns fertig, damit wir auch pünktlich unten auf dem Dorfplatz erscheinen. Unten angekommen grinst Sidi mich erwartungsvoll an. Ja, das hast Du super organisiert, Kompliment!, sage ich zu ihm. Er grinst weiter und sagt, jetzt musst Du eine Ansprache halten, sind ja alle da. Öh, ja, Ähm…klar sage ich was…. Und da ich sowieso unvorbereitet am Besten bin, stelle ich mich vor die Meute und sage ein paar Worte, die dann von Sidi noch auf Nepali übersetzt werden. Und dann geben wir den Startschuss zum Sammeln. Die Kinder fassen das als Wettbewerb auf und stürmen los.

IMG_8498 IMG_8511 IMG_8517Luisa und ich begleiten die Blinden-Kinder Gruppe beim Sammeln und gemeinsam ziehen wir durch den Ort und räumen auf. Die Dorfbewohner winken uns zu, freuen sich über die Aktion und einige geben uns bei der Gelegenheit auch gleich noch ihren Hausmüll mit ;-).

Als wir mit vollem Korb wieder zurück zum Dorfplatz kommen, ist dort die Hölle los. Einige Gruppen sind schon zum x-ten Mal wieder losgezogen, nachdem sie ihren Korb entleert haben. Die Gruppen wetteifern gegeneinander, wer den meisten Müll anschleppt. Oliver macht fleißig Fotos von jeder Gruppe vor ihrem jeweiligen großen Müllhaufen. Unglaublich, was ist nur 1h an Müll auf dem Dorfplatz angeschleppt wurde. Und was für eine Begeisterung bei den Kindern herrscht. Sie haben echt einen Heidenspaß und wir auch! Parallel haben wir auch eine Gruppe zum Holzsammeln losgeschickt und auch diese Gruppe kommt mit einer unglaublichen Menge an Brennholz zurück und ist mächtig stolz auf ihre Ausbeute.

IMG_8530 IMG_8561Nach ca. 1 h Stunde haben wir den Dorfplatz in eine riesige Müllhalde verwandelt und Sidi und die Lehrer gucken mich fragend an. Was jetzt? Wohin mit dem Zeugs? Öh, keine Ahnung, da fragt ihr mich? Vielleicht schaffen wir erst mal alles auf einen großen Haufen und ihr überlegt Euch dann, was wir damit machen, schlage ich vor. Okay, so machen wir es. Sidi, der Schulleiter und ich klettern wieder auf einen Felsen und erklären die nächsten Schritte. Schritt 1: alle Gruppenhaufen zu einem großen Haufen zusammenräumen; Schritt 2: HÄNDEWASCHEN! ALLE! MIT SEIFE!!; Schritt 3: Es gibt Kekse (hatten wir nicht geplant, aber Oliver hat fix den kompletten Bestand aus dem Dorfladen aufgekauft); Schritt 4: wir machen Lagerfeuer; Schritt 5: wir essen Reis und haben Spass! Die Kids können alle 5 Schritte mühelos behalten und legen los.

IMG_8540 IMG_8563IMG_8549Nachdem wir den Müll zusammengeräumt haben, stelle ich mich an den Wasserhahn und verteile unser tolles Alles-Könner-Seifenkonzentrat aus dem Berliner-Globetrotter in eine Unmenge von schmutzigen Kinderhänden. Meine Güter, was mir da für Hände entgegengestreckt werden. So viele unterschiedliche aber richtig dreckige Hände habe ich ja noch nie gesehen. Auch das macht einen Riesenspaß.

IMG_4462IMG_8588Als es dann bei Schritt 3 die Kekse gibt, werden diese irgendwie eingeatmet. Innerhalb von Sekunden ist der gesamte Keksvorrat des Dorfes in Kinderhosentaschen und in Kindermündern verschwunden. Beeindruckend!!

IMG_8603Das Lagerfeuer ist dann ein weiterer Knaller. Weil Lagerfeuer eigentlich immer und Überall funktioniert: auf einem Teamevent bei PayPal genau wie im hintersten Winkel von Nepal: alle lieben Lagerfeuer ;-). Der blinde Lehrer fängt an zu singen, eine Trommel ist auch schnell gefunden und dann fangen gleich 3 kleine Mädels an dazu ums Feuer zu tanzen. Die Gesänge werden lauter, irgendwann gibt es einen Jungen und einen Mädels Chor, die das gleiche Lied gegeneinander singen und jede Menge ums Feuer herum tanzende Kinder. Großartig!

IMG_8614 IMG_8625Irgendwann ist dann Schluss, denn die Schulkinder müssen ja noch nach Hause laufen. Ohne Murren packen sie ihre Rucksäcke und ziehen von Dannen. Wir bleiben mit ein paar Lehrern und Dorffrauen am Feuer sitzen. Es kommen immer wieder neue Leute dazu, einige verschwinden, ab und zu zieht eine Ziegenherde über den Platz, wir bleiben sitzen und genießen die Wärme und unseren letzten Tag in Swaragau. Irgendwann beschließen wir dann auch unser Abendessen ans Feuer zu verlegen, die Blinden-Kinder stoßen dazu, der Schulmeister kommt vorbei, Sidi flirtet mit zwei Lehrerinnen, wir singen noch das ein oder andere Liedchen und sind happy. Was für ein Tag!

Und wo ist der Müll geblieben? Hinter einem Schulgebäude, nah am Fluß, wurde kurzerhand eine Müllhalde eröffnet.

Abschluss Fotoprojekt und Kuschelstunde im Waisenhaus

Nach einer Stunde QiGong und Meditation auf dem Felsen mit der Sonne im Rücken und mit Blick auf die Berge sowie einem ausgiebigen Frühstück fühle ich mich gewappnet heute alle Schulklassen zu besuchen.

IMG_8319 IMG_8317Heute schließen wir das Fotoprojekt ab. Oliver hat die 100 besten Fotos der Kinder aus allen Gruppen und über alle Themen in einer Bildschirmpräsentation zusammengestellt. Inzwischen gibt es im Dorf auch erste Nachahmer des Fotoprojekts 😉

IMG_8147 IMG_8238Sidi, Oliver und ich fangen in Klasse 8 an und arbeiten uns dann runter bis zur 1. Klasse. In jeder Klasse sagt Oliver noch kurz etwas zu dem Fotoprojekt, Sidi übersetzt und dann zeigen wir die Top 100 auf unseren Rechnern. Die Reaktionen sind in jeder Klasse unterschiedlich. Aber unisono kommen die Fotos gut bei den Kids an. Die beeindruckendsten Reaktionen gibt es in der 1. Klasse, wo wirklich jedes Bild von den Kleinen kommentiert wird: „Hund“; „Ziege“; „Tante Sowieso“, „Parvati Madam“, etc.

IMG_8429 IMG_8436 IMG_8454Oliver spielt die Fotos auch auf den Schul-Laptop und wir werden in Kathmandu einige der Fotos ausdrucken und laminieren lassen. Dann kann Bhagwan sie bei seinem nächsten Besuch in Swaragau mitbringen und in den Klassenzimmern aufhängen.

Am Nachmittag fotografieren wir noch mal alle Waisenkinder in der Gruppe und einzeln. Da werden Mützen abgenommen, Hosen zugeknöpft und die Hemden in den Hosenbund gestopft. Das ist eine ernste Angelegenheit und während jeweils ein Kind vorm Heuhaufen in Pose gebracht wird stehen 11 andere drum herum und kommentieren das Geschehen.

IMG_8408Dann fange ich endlich an, die Dokumentation über das Dorf zu erstellen, damit es die nachfolgenden Volontäre einfacher haben, hier zu landen und schneller aktiv werden können. Und da ist es wieder: mein Lieblingsthema „Einführung für neue Mitarbeiter“, was mich in allen Lebenslagen, sogar in abgeschiedenen Bergdörfern, verfolgt ;-). Ich sehe den Schulleiter auf dem Hof sitzen und Hausaufgaben überwachen. Das ist meine Chance einige Infos über das Dorf aus erster Hand zu erfahren und so geselle ich mich mit meinem Rechner dazu und frage ihn aus. Schnell haben die Kleinen ihre Hausaufgaben beiseite geschoben und gucken uns über die Schulter, während ich die Informationen, die mir der Lehrer gibt, in meinen Rechner schreibe. Das ist ja auch viel interessanter! So wird das Ganze doch noch eine kurzweilige Aktion und ich erfahre viele interessante Dinge.

Seifenblasen funktionieren immer, hat mir Kathrin in Berlin prophezeit und wie recht sie hatte! Ich sitze am Dorfplatz und 2-3 Mini-Nepalis gesellen sich zu mir. Ich ziehe ein kleines Fläschchen Seifenblasen aus der Tasche und lasse sie abwechselnd pusten. Wahnsinn, innerhalb von Sekunden haben die anderen Kids das mitbekommen und stürmen auf mich zu. In kurzer Zeit bin ich umringt von einer ganzen Traube brauner Gesichter in allen möglichen Schattierungen. Sie pusten was das Zeugs hält und jagen jeder Seifenblase hinterher. Ein großer Spaß mit ganz kleinen Mitteln. Als ich dann irgendwann die Flasche zumache und sage „finish“, zerstreuen sich die kleinen Nepalis sofort. Kein Murren, kein Betteln oder Zetern. Sie hatten ihren Spaß und jetzt ist es zu Ende. So was habe ich in Deutschland bei Kindern noch nicht erlebt.

IMG_4346Zum Abendessen gehen wir heute wieder ins Haus der Waisenkinder. Wir freuen uns, denn hier gibt es den besten Rakshi des Dorfes, überm Feuer aufgewärmt mit Honig. Sehr lecker! Oliver hat die Fotos und Portraits der Kinder, die er am Vormittag gemacht hat, fertig überarbeitet und den Laptop mitgebracht. Gemeinsam schauen wir uns die Bilder an, die wirklich sehr schön geworden sind. Auch die Gasteltern sind ganz begeistert. Als Oliver seiner kleinen Freundin Anju ihr Portrait mit den Worten „Ramro choa“ (sehr schön) zeigt und sie ihn übers ganze Gesicht anstrahlt, verdrehe ich die Augen. Nach dem sehr leckeren Dal Bhat und einigen Bechern Rakshi wollen wir eigentlich aufbrechen und uns von den Kindern im Nebenraum verabschieden. Die Kinder haben sich, während wir gegessen haben, mit Decken und Kissen eine gemütliche Höhle gebaut und kuscheln alle zusammen in den Decken. Sidi ist als erster in den Decken verschwunden, zur hellen Freude der Kids. Ein Blick von Anju und Oliver sinkt auch in die Knie. Vielleicht übertreibe ich hier etwas (hoffentlich!) aber auf jeden Fall ist das nächste, was ich von ihm sehe, dass er mit 2 Mädels im Arm auch unter der Decke verschwindet. Auch ich werde schnell von den restlichen Kindern in Beschlag genommen, mit denen ich kuschelnd und kichernd im Deckenberg versinke. Mit soviel Rakshi intus wäre ich beinahe gar nicht mehr aufgestanden, so gemütlich war das.

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Heute ist wieder Schule

Frisch gewaschen und mit sauberer Kleidung, nach der gestrigen Waschaktion, versammeln sich heute alle Kinder wieder auf dem Schulhof zum Morgenappell. Wir gucken uns das Spektakel gerne wieder an und legen schon wie selbstverständlich die rechte Hand aufs Herz sobald die Nepali-Nationalhymne gesungen wird. Die ist wirklich flott und bleibt mir den ganzen Vormittag als Ohrwurm hängen.

IMG_8262 IMG_8266Alle 5 Kameras bekommen wir im Laufe des Vormittags zurück. Für das Thema „Familie“ hatten wir den Gruppen die Kameras über den freien Samstag mit nach Hause gegeben und jetzt sind wir natürlich super gespannt auf die Fotos der Kinder.

Aber erst mal geht es für uns wieder in den Unterricht. Heute bin ich mit der Klasse 5 dran und Oliver geht in die 2. Klasse. Bis zum Mittagessen mache ich noch 2 weitere Klassen und werde von mal zu Mal besser und routinierter. Aber das gesprochene Englisch der Kinder -egal in welcher Klasse- ist erschreckend schlecht. Sie haben kaum Worte und verstehen oft die einfachsten Sätze nicht. Auf meine Frage was sie mal werden wollen antworten 90% mit „Lehrer“. Na super, bis dahin ist es aber noch ein langer Weg! Mathe geht gar nicht. Da mich immer alle fragen wir alt ich bin, ist meine Standardfrage in jeder Klasse im Anschluss: „Wenn ich 43 bin und du bist 11, wie viele Jahre bin ich dann älter als Du?“. Das kann kaum jemand beantworten.

IMG_4396 IMG_4389Oliver hat sich zurückgezogen um die Fotos zu überspielen und auszuwerten. Dafür hat er sich mit seinem Laptop vor das Flaschenhaus gesetzt. Kaum, dass er angefangen hat zu arbeiten, kommt eine Gruppe Kinder vorbei und erblickt den Laptop. Und damit war es auch schon wieder aus mit der Ruhe. Umringt von einer ständig wachsenden Schar kleiner Rotznasen präsentiert Oliver alles, was die Zauberkiste Laptop so hergibt.

IMG_3011Zum Mittagessen ist auch Luisa von ihrem Ausflug nach Pokhara wieder zurück. Mit ihr sind auch neue Essensvorräte für uns im Dorf angekommen. Perfekt!

Am Nachmittag gönne ich mir ein Mittagsschläfchen. Unterrichten ist anstrengend ;-). Oliver macht derweil Portraits von den Blinden-Kindern und wertet endlich die Fotos vom Wettbewerb aus. Sind echt super Fotos dabei!

Zum Abendessen gehen wir heute zu Parvati. Hier hocken wir wieder auf dem Boden der Lehmhütte, es gibt leckeren Rakshi und Dal Bhat auf dem Feuer zubereitet, während die Oma sich mit Luisa die Zigaretten teilt. Dass zu Hause heute der erste Advent gefeiert wird, kriegen wir gar nicht mit. Wir sind hier so weit weg in einer anderen Welt, und uns wird erst Tage später auffallen, dass ja schon ein Licht am Adventskranz brennt.

Waschtag und Farming

Wir hatten gestern schon gehört, dass bereits am frühen Morgen Kinder-Gottesdienst ist. Heute ist Samstag laut Kalender, aber eher sowas wie Sonntag hier in Nepal. Keine Schule, aber Gottesdienst. Nach dem Frühstück höre ich die Kinder in der Kirche laut singen und beschließe kurzfristig doch hinzugehen. Auf der Kanzel steht ein Jugendlicher Prediger und ein Schlagzeug. Wie sich das für Nepal gehört, wird gerne und insbesondere laut gesungen, begleitet vom Schlagzeug. Die Kinder sitzen getrennt nach Geschlecht links Mädels und rechts Jungs auf dem Boden und klatschen und singen. Im Gegensatz zum späteren „großen“ Gottesdienst, sind bei den Kinder mehr Jungs als Mädels anwesend.

IMG_8113Um 9:30 Uhr soll dann der große Gottesdienst beginnen. Wir sehen bereits, dass sich einige Dorfmitglieder extra schick machen, wie es sich für einen Gottesdienst gehört. Ich schmeiß mich auch noch schnell in eine saubere Jeans und Shirt und stehe pünktlich vor der Kirche. Leider ziemlich alleine. Hier ist sie wieder, die Nepali-Zeit. Der Pastor lässt schon mal von drei jungen Frauen ein Lied anstimmen und hier auch mit Schlagzeug-Begleitung, als Glockenersatz, damit die Gemeinde weiß, dass es losgehen kann.

Auch hier sitzen wir getrennt nach Geschlecht auf dem Boden. Der Anfang ist ganz nett mit einigen fröhlichen Liedern und zwischendurch hörte es sich auch so an, als wenn das „Vater unser“ auf Nepali gebetet wird. Alle haben eine Bibel mit Goldschnitt in einer Kladde dabei und verfolgen die entsprechenden Passagen. Plötzlich meint Sidi Everest, dass wir aufstehen müssen und uns vorstellen, als Neulinge in der Gemeinde, was wir natürlich auch brav machen. Nur der zweite Teil des Gottesdienstes war leider ganz anders. Ein anderer Pfarrer mit einem enormen Redebedarf steht nun auf der Kanzel und so bin ich dann nach 2h vorzeitig aus der Kirche gegangen, halb durchgefroren und nicht mehr auf dem Boden sitzen könnend.

IMG_8121Nach dem Gottesdienst habe ich die Möglichkeit ein paar Dorffrauen zu fotografieren. Dies hatte ich gestern beim Abendessen mit unserer Hausmutter Bishnu besprochen. Sie war auch sofort bereit, nur zierten sich leider ein paar der anderen Frauen. Aber ich bin sehr dankbar für die Möglichkeit ein paar dieser starken und stolzen Ladies so Nahe ablichten zu dürfen.

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Heutiges besonderes Ereignis ist Farming. Ich habe mir gewünscht, mal mit Büffeln den Acker umzupflügen und so soll es dann auch sein. Nachdem wir den Platz des Farmers gefunden haben und wir auf den Chef warten, zeigt Sidi Everest uns schon mal als Trockenübung, wie es geht. Der Farmer bindet dann die Ochsen los und schirrt das nostalgische Geschirr auf. Los geht’s und damit die Tiere auch marschieren, muss ich so was wie „Volle Pulle“ rufen. Zur Belustigung der halben Dorfbevölkerung, die bei uns vorbeikommt, pflüge ich den Acker um. Leider gelingt es mir nicht wirklich eine grade Furche neben die andere zu setzen, aber wirklich schwer ist es nun nicht, obwohl auch dieses Gerät viel zu kurz für mich ist. Was ich kann, kann meine Frau natürlich schon lange, merkt aber schnell, dass es am einfachsten geht, wenn sie Sidi pflügen lässt und selber nur ein wenig die Ochsen streichelt. Verantwortung muss eben auch richtig verteilt sein.

IMG_8156 IMG_8180 IMG_8213 IMG_8197 IMG_8201 IMG_8229Samstag ist nicht nur freier Tag sondern auch Waschtag. Den gesamten Tag siehst Du an allen Plätzen die Menschen sich und die Wäsche waschen, egal ob groß oder klein. Dem müssen wir uns dann wohl auch beugen und so geht es wieder unter den kalten Wasserstrahl.

IMG_8244 IMG_8257 IMG_4352Frisch gewaschen können wir uns auch wieder unter die Leute wagen und gehen den blinden Lehrer Chhitij besuchen. Wir sitzen auf der schmalen Veranda und trinken süßen Tee. Klassisch leben in dem Haus noch seine Frau und seine Mutter. Wir unterhalten uns lange über seine Situation und die der blinden Kinder. Auch versuchen wir herauszufinden, warum gerade hier im Dorf die Anzahl von Erblindungen so hoch ist. Leider kennt auch er keine klare Antwort.

Als wir gehen, bemerken wir, dass Sidi, der mit uns gekommen war, nicht mehr anwesend ist. Auf dem Weg zurück zum Dorfplatz treffen wir ihn mit ein paar anderen Männern am nächsten Shop ein Schwätzchen halten. Wir stellen uns dazu und trinken noch einen Tee und merken natürlich nicht, dass ein paar leere Flachmänner unter den Füßen der Männer liegen.

Ich freue mich auf das Abendessen. Bevor wir zum blinden Lehrer gehen, kann ich noch das lebende Huhn sehen, dass später auf unserem Teller liegen wird. Gegen 18 Uhr kommt Sidi zu uns und muss uns leider mitteilen, dass unsere Hausmutter Besuch bekommen hat und somit das Huhn leider bereits gegessen ist. D.h. wieder Dal Bhat ohne ordentlich Fleisch.