Aus der paradiesischen Region Chitwan in eine andere Welt

Heute ist der 29. April, und nach drei Tagen in Chitwan fahre ich endlich zurück nach Kathmandu.

Ich bin aufgeregt, und weiß nicht was mich erwartet. Es hat angefangen sehr stark zu regnen, auch in Kathmandu. Hoffentlich sind die Straßen dadurch nicht durch weitere Erdrutsche blockiert. Ich bin im ständigen Austausch mit Gokul und Prakriti, die Hilfsmaßnahmen in den umliegenden Dörfern planen. Die Regierung ist komplett überfordert und inaktiv, so scheint es. Die Krankenhäuser sind voll mit toten, deren Angehörige die Leichen gerne in ihren Dörfern mit Zeremonien bestatten möchten. Aber es stehen keine Autos zum Abtransport mehr zur Verfügung. Von daher blockieren die Leichen das Krankenhaus und Verletzte können kaum versorgt werden.

Die Menschen hier starten private Hilfe Aktion. Sie kaufen Zelte und Lebensmittel und fahren auf eigene Faust in die  Dörfer um zu helfen. Science, der Manager unseres Hotels ist auch eben aufgebrochen mit einem selbst zusammengestellten kleinen Hilfstrupp um in die stark betroffene Region Gorkha zu fahren. Das scheint hier ganz selbstverständlich für viele zu sein, und das macht auch einen Teil der nepalesischen Kultur so besonders. Gorkha ist die Region, wo das erste große Beben sein Zentrum hatte.

Ich bin sehr gerührt von den vielen Nachrichten, die ich aus Deutschland und aus der ganzen Welt bekommen habe. Auch innerhalb von meinem Netzwerk gibt es eine große Solidarität. Das ist sehr beeindruckend. Mit einem kleinen Kern-Team um Oliver herum in Deutschland und Gokul und Prakriti und ihrem immensen Netzwerk hier in Nepal und mir als Brücke zwischen beiden Welten, bin ich sicher, dass wir einiges auf die Beine stellen können. Jetzt, nachdem alle begonnen haben die Überbleibsel des Unglücks zusammen zu suchen, ist deutsche Gründlichkeit und Planung und Organisation ein wertvolles Gut.

Und natürlich finanzielle Mittel, die wir gerade durch die Spendenkampagne zusammentragen. Ich hoffe sehr, dass wir es schnell schaffen die Taschenproduktion für Shakti Milan Bags wieder aufzunehmen. Denn nur dadurch generieren wir langfristig finanzielle Mittel, die allen Familien zu Gute kommen und für einen Wiederaufbau, in nachhaltiger Weise genutzt werden können.

Einen Tag vor dem Erdbeben, hat die Shakti Milan Familie ein neues Mitglied bekommen. Ein Ehepaar aus der unberührbaren Kaste, die durch einen Brand sämtliches Hab und Gut verloren hatten. Für sie war es ein Glückstag ins Team aufgenommen zu werden. Am nächsten Tag hat die Erde gebebt und wir haben seitdem den Kontakt zu ihnen verloren. Wir wissen nicht ob sie überlebt haben. Der Ort an dem sie unterkamen, ist komplett zerstört.

In wenigen Minuten, startet der Bus aus der paradiesischen Region Chitwan in eine andere Welt. Ich melde mich sobald ich wieder online bin.

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WE ARE NEPAL – Die Folgen des Erdbebens

Es ist unbeschreiblich. Für mich, der in Berlin auf dem Sofa sitzt, ist es ergänzend eine Qual. Im Fernsehen und über Twitter muss ich verfolgen, wie Menschen, die ich vor ein paar Monaten sehr lieb gewonnen habe, von einer riesigen Katastrophe heimgesucht werden. Als erstes sehe ich den Dharahara-Turm, der im Dezember 2014, als ich in Kathmandu war, gerade einen neuen weißen Anstrich bekommen hat. Ausser dem Sockel ist nicht viel ürig geblieben und da Samstag ist, wurden auch noch viele Menschen unter dem Trümmern begraben. Kerstin ist gerade in Nepal und ich erhalte kein Lebenszeichen. Zum Glück ist sie nicht in Kathmandu sondern in Lumbini bei einer Meditation. Auch in Lumbini bebt die Erde aber zum Glück keine Zerstörung. Gegen Abend kommt endlich das Lebenszeichen, dass bei ihr alle in Ordnung ist. Die folgenden Stunden habe ich damit verbracht weitere Informationen über die Situation der anderen Freunde vor Ort zu erfahren. Ausserdem erreichten mich viele Rückfragen unserer Freunde, wie es Kerstin geht und sogar über Facebook erreichen mich diverse Anfragen von Menschen, die auch auf der Suche nach Antworten sind. Vielen Dank für die vielfältige Anteilnahme und Nachfrage, wie es Kerstin und der Familie von Prakriti in Nepal gehen. Alle sind soweit okay, aber schaut selber, wie insbesondere die Familie und die Nachbarn aktuell leben. Ihre Häuser sind mehr oder weniger okay, haben aber Schäden davongetragen. Aufgrund der Angst von Nachbeben schalfen und leben sie draußen, Tag und Nacht. Heute konnten Sie Strom per Solar aufbauen, aber Wasser ist weiterhin ein Problem. IMG_5609 Kerstin ist noch ausserhalb von Kathmandu und es geht ihr gut. Aktuell sind die Straßen nach Kathmandu teilweise zerstört und so wird sie noch ein wenig warten, bis sie in die Stadt kommt. Ausserdem wartet sie ab, bis die Nachbeben eine Ende finden. Leider weiß ich noch nicht, wie es unseren Näh-Frauen in Kathmandu und in Pharping geht. Die Möglichkeit der Kommunikation ist sehr beschränkt. WIR MÜSSEN HELFEN Für die Menschen in Nepal habe wir eine Spenden-Kampagne gestartet. 100% der Spendengelder gehen nach Nepal direkt zu den Menschen vor Ort. Das verspreche ich! Bitte auf www.we-are-nepal.org spenden. Folie2 Bergdorf Swaragau Im letzten November waren Kerstin und ich 10 Tage im Bergdorf Swaragau. Es waren tolle Tage in einem tollen Dorf mit super tollen Menschen. Wer noch einmal nachlesen möchte, sollte hier starten. Das Dorf liegt im Gorkha-Distrikt und damit im Epizentrum des großen Bebens. Leider hat es das Dorf schwer erwischt. Hier ein Zitat von Karmalaya, die Organisation, mit der wir damals in Nepal unterwegs waren: „Das Dorf Swaragau und unser dortiges ´Herzprojekt´ für blinde und sehbeeinträchtigte Kinder…liegt in Trümmern. Alles zerstört. 4 Jahre Entwicklung ausradiert. Die guten Nachrichten: die Kindern und Dorfbewohner sind unversehrt. Glück im Unglück, dass das Erdbeben mittags begann und nicht nachts, wo alle schlafen…“ Wir haben eine Spendenaktion auf Betterplace gestartet, die zu 100% an die Familien gehen. Bitte spenden und teilen: www.we-are-nepal.org ‪#‎nepalquake‬ ‪#‎nepal‬ ‪#‎earthquake‬ ‪#‎nepalearthquake‬ ‪#‎wearenepal‬

Volles Haus zur Welcome-Back-Bag-Party

Die Mädels aus Bielefeld sind gestern Abend schon angereist. Im Gepäck 2 Rotweinkuchen von meiner Mutter und die guten Kekse mit viel Schokolade. Das passt! Leider habe ich es immer noch nicht geschafft die restlichen Labels in die Taschen zu nähen und die kleinen Love-Letter-Briefchen anzubringen. Aber auf die Bielefelder-Mädels ist verlass. Es braucht nur ein bisschen Pizza und Rotwein und sie sind wieder gestärkt um fleissig mitzuarbeiten. Tanja an der Nähmaschine, Britta und Kirstin an den Love-Lettern und Oliver und ich irgendwo mitten drin im Taschen- und Deko-Chaos. Wunderbar!

Nepal-Auction-08Um 15 Uhr kommen die ersten Gäste. Wir sind genau auf den Punkt fertig mit Aufräumen, Kochen und dekorieren. Leider musste das Mittagsschläfchen aus dem Programm gestrichen werden. Mhmmmm. Schade. Und dann geht es auch schon los. Im Schnee- und Hagel-Schei..wetter kommen Schlag auf Schlag immer neue liebe Menschen zu uns. Der Hausflur steht voller Schuhe und die Treppe nach Oben ist komplett mit Jacken zugepflastert. Drinnen gibt es Mutters Rotweinkuchen, Glühwein und den extra aus Nepal eingeflogenen Milchtee. Das Rezept ist einfach und überfordert mich nicht (allerdings überfordern die Gewürzreste unsere Spülmaschine, wie wir später feststellen werden).

Nepal-Auction-11 Nepal-Auction-10 Nepal-Auction-12Langsam wird es schön warm in der Wohnung und wir probieren mal aus, wie viele Leute bei uns ins Wohnzimmer passen. Nepali-Style: es geht immer noch jemand rein. Unsere Fotos laufen auf dem großen Fernseher in einer Endlosschleife und wir erzählen munter die Geschichten zu den Bildern. Als es richtig knacke voll ist, legt Oliver mit der Taschen Auktion los. Heute ist er wirklich gut drauf. Er präsentiert die Taschen, erzählt die Entstehungsgeschichte, hebt Details hervor und alles locker und witzig. Kein Wunder dass die erste Tasche, sein Elefanten-Lieblingsmotiv gleich zu einem super Kaufpreis von 42 Euro versteigert wird. Und unsere Gäste sind einfach klasse. Sie machen den Spass mit, ersteigern fleissig Taschen und stehen voll hinter unserem Engagement für Nepalesische Frauen in Notsituationen. Wir haben sehr viel Spass und verkaufen alle Taschen. Insgesamt haben wir an diesem Tag 852 Euro durch die Vorbestellungen, die Versteigerung und sonstige Spenden eingenommen. Wahnsinn! Damit können wir sofort loslegen und Räume in Kathmandu anmieten und mehr Frauen trainieren.

Nepal-Auction-14 Nepal-Auction-13 Nepal-Auction-19 Nepal-Auction-23 Nepal-Auction-24 Nepal-Auction-27 Nepal-Auction-28Auch unser Reiskocher macht seinen Job gut und das selbstgemachte Curry mit den Gewürzen vom Farmersmarket in Kathmandu kann man gut essen. Die Momos, eine Fusion-Variante, vegan und bio aus dem Prenzlauer Berg hingegen sind etwas speziell und schmecken a) total anders als in Nepal und b) leider auch nicht so wie im Momo Laden im Prenzelberg. Sie kleben wir Kaugummi an allem und fallen sofort auseinander. Da müssen wir wohl noch etwas üben. Und dafür haben wir noch reichlich Gelegenheit. Denn mehr als 100 von den Dingern haben wir noch im Gefrierschrank.

Und unschlagbar sind die Bielefelder-Mädels, die am Ende das ganze Chaos wieder mit aufgeräumt und sauber gemacht haben. DANKE!!! Und natürlich geht es dann mit einem vollgepackten Kofferraum wieder nach Hause.

Nepal-Auction-29Damit ist unser Abenteuer NEPAL 2014 zu Ende! Aber das Projekt Shakti Milan Bags hat gerade erst angefangen und läuft mit Sicherheit in 2015 weiter. Gerne könnt Ihr auf Facebook unter https://www.facebook.com/shaktimilanbags das Geschehen weiter verfolgen.

Wir wünschen allen fröhliche Weihnachten und einen guten Start in ein zufriedenes neues Jahr!

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Bye Bye Nepal, we will come back!

Die Nacht war kurz. Es ist kalt. Es hat die ganze Nacht durchgeregnet. Der erste Regen seit 6 oder 7 Wochen. Eine Einstimmung auf Berlin?

Noch vor dem Morgengrauen müssen wir aufstehen. Ama und ihre Schwester sind schon auf den Beinen und sobald sich etwas bei uns regt, kommen sie hoch mit Tikka. Süss, aber im Moment sind wir etwas im Stress um all unsere Taschen zusammen zu sammeln. Später! Ja? Gib uns noch 5 Minuten, versucht Oliver sich mit den beiden zu verständigen.
Wir trinken einen schnellen Tee in der Küche. Die Stimmung ist gedrückt. Als ich dann Tika bekomme laufen die Tränen. Prakriti heult gleich mit. Zum Glück ist gerade mal wieder Stromausfall und es ist dunkel.

Dann treten wir unsere nächste große Reise an. Zurück nach Berlin. Angekommen am Flughafen erfahren wir, dass unser Flug 3,5 Stunden Verspätung hat. Na super! Wenn der Anschlussflug in Istanbul nicht auch verspätet ist, dann könnte es länger dauern, bis wir wieder zu Hause sind. Aber wir haben ja in den vergangenen Wochen einige Lektionen in Gelassenheit bekommen. Also setzten wir uns in das einzige Restaurant am internationalen Flughafen und schreiben endlich auf, was wir in der letzten Woche alles erlebt haben.

Nepal-Auction-01Und am Ende wurden es dann mehr als 5 Stunden Verspätung und auch der Anschlussflug war weg. Aber dafür sind wir in Istanbul noch auf den letzten Flieger nach Berlin gebucht worden. Und wen treffen wir am Flughafen in Istanbul? Volker, einen sehr alten Freund aus Berlin, der gerade mit ein paar Freunden ein Istanbul Wochenende genossen hat. Die Welt ist so klein! Die Jungs frisch aus dem Hamam, sauber und duftend, wir dagegen seit längerem ohne Dusche, müffelnd und schon sehr müde… aber so etwas müssen Freundschaften aushalten ;-).Nepal-Auction-02Und dann waren wir plötzlich wieder in Berlin. Zurück im grauen Winter und Regenwetter. Das hatten wir eigentlich so gar nicht vermisst. Aber das Bett war so unheimlich weich. Die Bettdecke so lang. Das frischbezogene Bieberbett so kuschelig. Und die Brötchen und die Leckereien von Butter Lindner am nächsten Morgen einfach ein Genuss.

Aber wo sind die ganzen Menschen? So viel Wohnung und so wenig Bewohner. Ein großes Haus und nur 3 Leute drin. Was für eine Verschwendung. Das wird sich schon sehr bald ändern, denn in wenigen Tagen starten wir unsere Welcome-Back-Bag Party und direkt danach kommt die Familie zum Weihnachtsfest.

Ein Wohnzimmer voller Taschen und ein Tänzchen mit Ama

Heute haben wir wieder ein volles Programm. Eigentlich zu viel für einen Tag in Nepal. Aber es ist unser letzter Tag. Es gibt kein Morgen, auf das wir unsere To-Dos schieben könnten und das ist allen klar. Dementsprechend früh erscheinen Oliver und ich in der Küche zum Frühstück. Prakriti sitzt bereits am Küchentisch und macht einen Plan. Auf einer Spielkarte listet sie die Stationen auf, die wir heute zu absolvieren haben. Eine schriftliche Tagesplanung. In einem Land in dem Planung ein Fremdwort ist, aber doch immer alles irgendwie passiert. Das habe ich hier noch nie erlebt. Es ist ernst!

Wir beginnen mit einem Besuch auf dem Farmersmarket. Mittlerweile sind wir ein eingespieltes Team. Prakriti und Gokul auf dem roten Motorrad und Oliver und ich auf dem grünen Scooter düsen wir durch das vorwinterliche Kathmandu nach Thamel. Unterwegs noch ein kurzer Stop an der Tankstelle und weiter.

IMG_4611Der Farmersmarket ist ein Treffpunkt für Expats in Kathmandu. Man bekommt hier Französischen Käse, Deutsches Brot, Salami, Pasta und richtig guten Kaffee. Eigentlich ist es ein bisschen wie eine Miniatur des Winterfeldtmarktes und wir stimmen uns schon mal auf unsere Rückkehr nach Berlin ein. Aber eigentlich sind wir hier, weil der Markt eine super Kontaktbörse zwischen Ausländern und Nepalis ist und wir hier sicherlich gute Kontakte für unser Taschenprojekt knüpfen können. Prakriti und Gokul waren noch nie hier und so übernehmen wir mal die Führung für eine kurze Zeit. Gemeinsam schlendern wir über den Markt, sprechen mit den Standbesitzern (sehr viele davon verkaufen Produkte aus sozialen Projekten) und probieren einige Europäische Leckereien, die Gokul und Prakriti nicht kennen.

IMG_4615Oliver und ich ziehen dann weiter nach Thamel um noch ein paar letzte Dinge einzukaufen und einen letzten Kaffee in der Mittagssonne zu trinken. Fotos wollen wir eigentlich auch noch ausdrucken, aber das geht nicht, da in ganz Kathmandu gerade mal wieder kein Strom ist.

Gokul und Prakriti haben eine andere Mission. Sie holen unsere kleinen „Love Letters“ aus der Druckerei ab, die wir an jede Tasche hängen wollen. Die sollten eigentlich schon gestern fertig sein. Da ist sie wieder die Nepali-Zeit. Aber schlussendlich klappt es ja doch irgendwie immer. Die kleinen Heftchen, gedruckt auf Nepali-Papier sind schön geworden. Zum Glück, denn wir haben gleich 2.500 Stück davon bestellen müssen.

Zu Hause treffen wir uns wieder, laden unsere Einkäufe ab und schon geht es weiter. Heute keine Pause, kein Mittagsschlaf sondern volles Programm. Krishna und Nawar stossen zu uns und auf dem Trampelpfad vor unserem Haus bekommen wir zwei hübsche Pokale von Karmalaya für unser Nepal-Engagement überreicht. Dann fahren wir gemeinsam zum Haus von Gokuls Schwester. Sie ist mit ihrem Baby und ihrer Tochter am Freitag aus dem Elternhaus ausgezogen und in ihre eigene Wohnung zurückgekehrt. Wir haben die letzten 3 Monate als Familie unter einem Dach gelebt und so hat sie uns zum Abschied zu sich nach Hause eingeladen. Als wir ankommen treffen wir eine Menge bekannte Gesichter. Die Familie vom Dorf, die wir auch schon gestern bei der Hochzeit wiedergesehen haben. Wenn sie schon mal in Kathmandu sind, dann werden auch gleich alle Verwandten besucht. Saishna malt ein Bild für Oliver und mich zum Abschied, wir bekommen ein Dal Bhat der Superlative mit 3erlei Curry und dann singen wir irgendwie die Nepal-Nationalhymne in der Küche (keine Ahnung wie wir an diesen Punkt gekommen sind). Ein kurzes Mittagsschläfchen wäre jetzt nicht schlecht. Gokul ist total erkältet und krank und wir sind alle ziemlich platt. Aber wir müssen weiter. Nächste Station Transitional Home.

Im Transitional Home lassen wir unsere letzten Vorräte an Kinderschokolade und bringen den Kindern Kniffel bei. Gummitwist haben wir auch dabei. Das brauchen wir nicht erklären. Das kennen die Mädels. Witzigerweise haben sie genau die gleichen Kombinationen wie wir vor über 30 Jahren in Heepen hatten. Ist Gummitwist universell?

IMG_9216 IMG_9217 IMG_9220 IMG_9271 IMG_9270Wir sind spät dran, verabschieden uns von den Kindern, bekommen noch selbstgemalte Bilder von jedem einzelnen und machen uns wieder auf den Weg.

Auf dem Weg zu Shakti-Milan, dem HIV Krisenzentrum halten wir kurz an einem Tempel. 10 Minuten innehalten und das Samstägliche Treiben der Hindu-Community beobachten. Ja, das ist schön! Ich weiss jetzt schon, dass es mir schon sehr bald fehlen wird.

IMG_9273 IMG_9275Bei Shakti-Milan ist es kalt. Es ist schon fast 17 Uhr und die Sonne bereits verschwunden. Die Damen hocken auf der Dachterrasse um eine Feuerschale herum und döppen Bohnen. Wir setzen uns dazu und trinken einen Tee. 4 der 5 bestellten Häkelkörbchen sind fertig. Nummer 5 ist in Arbeit und fast fertig. Ich bin total gerührt von dem Engagement der Häkel-Lady Sobindra. Sie ist wirklich die einzige der Shakti-Milan Damen, die absolut zuverlässig und mit einer Wahnsinns-Ausdauer ihre Handarbeiten verfolgt. Leider, leider sind die Häkelkörbchen nicht wirklich schön. Das ist jetzt der X-te Versuch und wir kommen nicht wirklich weiter. Diese Produktlinie werden wir wohl einstellen müssen. Ich habe ein kleines Geschenk für Sobindra mitgebracht und bekomme im Gegenzug von ihr ein selbstgemachtes Freundschaftsbändchen. Ich bin gerührt und meine Augen werden feucht. Trotz der Kälte gehen wir noch einmal nach unten ins Nähzimmer. Gokul meint ich solle noch ein paar Worte sagen und dafür bräuchten wir eine offizielle Umgebung. Seufz! Muss das sein? Okay. Wir sitzen in der Runde am Tisch, Goma, Gokul, Prakriti, Oliver und ich. Mit Prakritis Übersetzungs-Hilfe lasse ich die Taschen-Projekt-Stationen der letzten 3 Monate Revue passieren (das habe ich bei den Amis gelernt). Was für eine Berg- und Talfahrt! Was für eine tolle Erfahrung! Was für außergewöhnliche Menschen! Ja, ich möchte zurückkommen und dieses Projekt weiter mit aller Kraft unterstützen!

Es ist schon dunkel und Oliver und ich fahren zurück nach Hause. Prakriti eilt weiter zu Sunita, die seit heute morgen in der Früh ununterbrochen Taschen genäht hat. Eine Nachbarin hat derweil in alle bereits fertigen Taschen nachträglich die neuen Labels eingenäht. Jetzt ist es an der Zeit die ganze Ausbeute einzusammeln, denn die guten Stücke sind ja alle für Deutschland bestimmt. Krishna ist am Nachmittag nach Pharping ins Dorf aufgebrochen und die in der Zwischenzeit dort von Sundar und seinem Team produzierten Taschen abzuholen. Den ganzen Tag über standen die Telefone zwischen Prakriti und Sundar nicht still. Letzte Anweisungen, Abstimmungen, wie viele Taschen habt ihr schon? Sind die Label eingenäht? Auch dieses Team arbeitet seit Tagen unermüdlich und auf Hochtouren um die Bestellung für Deutschland fertig zu stellen.

Zu Hause wollen Oliver und ich die Stunde vor dem Abendessen dafür nutzen schon mal unsere Sachen zu packen. Morgen müssen wir um 5:45 Uhr los und da ist keine Zeit mehr für etwas anderes ausser Zähneputzen. Nach so einer langen Zeit hat sich einiges angesammelt und das Chaos im Zimmer ist dementsprechend gross. Ama hat gerochen, dass wir zurück sind und es dauert keine 2 Sekunden, da steht sie bei uns im Zimmer. Och Ama, das passt jetzt nicht wirklich denke ich. Sie bleibt auch nur kurz und dann ist sie wieder verschwunden. Allerdings nur um ihre Schwester, die gerade zu Besuch ist einzufangen und auch noch mit in unser Zimmer zu schleppen. Ja, bei uns gibt es schliesslich gerade einiges zu sehen. So viele Sachen. Alle RAMROO (schön). Ausserdem ist die Gasheizung an, die wir für die Kinder im Child-Care gekauft haben und erst mal in unserem Zimmer ausprobieren. TATO (warm). Ama und ihre Schwester hocken in unserem Klamottenchaos auf dem Beistellbett und sind begeistert. Oliver erträgt es irgendwie.

Zum Abendessen bekommen wir zur Feier des Tages etwas ganz Besonderes von Ama und ihrer Schwester gekocht. Ama ist ganz aufgeregt und wir müssen sofort runterkommen und essen, solange es noch heiss ist. Brav folgen wir der Anweisung, die wir trotz mangelndem Nepali-Wortschatz sehr klar verstanden haben. Ui und was für eine Leckerei sie für uns gekocht hat. Süsser Frühstrücksbrei mit Curry-Bratkartoffeln. Ich vermeide es Oliver anzuschauen und tapfer schaufeln wir Brei mit Bratkartoffeln samt Nachschlag in uns rein. Ama sitzt mit einem kleinen Teller Brei-Bratkartoffel-Mix andächtig neben uns am Küchentisch und isst mit. Das ist etwas ganz Besonderes. Nicht nur, dass sie einen Löffel benutzt um es uns gleichzutun. Nein, das eigentlich Bemerkenswerte ist, dass diese Frau, die absolut konservativ und traditionell erzogen und aufgewachsen ist, in einer Kultur in der die Gastgeber nie zusammen mit den Gästen essen und die Frauen erst essen, wenn sie alle bedient haben und alle anderen fertig sind, dass diese Frau mit uns auf einem Stuhl am Tisch in der Küche sitzt und gemeinsam dieses besondere Essen ist. Ich bin gerührt, weil ich mittlerweile weiß, was das für ein Vertrauensbeweis ist und wie weit sie für uns aus ihrer Kompfortzone herausgetreten ist. Ojeh, ich glaube diesen letzten Abend heute überlebe ich nur mit viel Alkohol ;-).

Ama und ihre Schwester kommen nach dem Essen gleich mit hoch. Sie können kaum abwarten, dass etwas passiert und die Abschiedsfeierei losgeht. Prakriti kommt spät zurück von Sunita, aber dafür vollbeladen mit neuen Taschen. Die beiden Frauen haben einen großartigen Job geleistet. Wo ist Krishna mit den Taschen aus Pharping? Er ist gerade erst losgefahren. Um 20 Uhr. Das kann noch 2h dauern bis er zurück in Kathmandu ist. Es ist stockdunkel. Oliver rollt den Heizstrahler ins Wohnzimmer und wir trinken Grog mit Honig, Zitrone, heissem Wasser und einem ordentlichen Schuss Khukri Rum aus Nepal. Ama und ihre Schwestern holen Pius, das verbliebene Baby und bespassen es vor dem Heizstrahler. Wir haben noch für jedes Familienmitglied Geschenke vorbereitet und starten mit der Übergabe. Der Papa und die Schwester kommen dazu, gemeinsam gucken wir uns eine Auswahl von Fotos der letzten 3 Monate an und Ama, Papa und die Schwester sind jedes Mal begeistert, wenn sie einen ihrer Verwandten auf unseren Fotos ausmachen. Sie schaffen die gesamte Präsentation mind. 2x hintereinander und reagieren ähnlich entzückt wie die Kinder in Swaragau. Auf Facebook entdecken wir, dass Maria, die letzte Volontärin bei Gokul direkt nach ihrer Rückkehr nach Österreich eine Taschen-Party mit den ersten 7 Exemplaren unserer Produktion gemacht hat. Wir freuen uns riesig und schreiben direkt zurück.

IMG_9293Irgendwann, nachdem die Rumflasche schon halb leer ist, kommt Krishna mit den Taschen. Oliver und ich kaufen einfach den gesamten Bestand, obwohl wir uns vorher überlegt haben, wie viele Taschen wir haben möchten. Sie sind einfach zu schön und besonders. Die Rumflasche ist ¾ leer, das Wohnzimmer schön warm, Krishna geht ans Harmonium und wir beginnen zu singen. Ama und ihre Schwester fangen an zu tanzen und wir haben einen Riesenspass. Wir sind wirklich ein Teil dieser außergewöhnlichen Familie geworden. Krishna wiederholt nochmals die Übergabe der Buddha-Figuren von Karmalaya. Ziemlich beschwipst und gut von innen- und aussen durchgewärmt fallen wir für ein paar Stündchen ins Bett. Unsere letzte Nacht in Nepal.

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Hochzeit, Love Letter und der Tod

Unsere Nachbarin Viola ist heute morgen Richtung Swaragau aufgebrochen. Sie hatte kurzfristig die Möglichkeit bekommen an einem Trek ins Dorf teilzunehmen und wir haben sie natürlich aktiv dazu überredet, dem Dorf, in dem wir 10 wundervolle Tage verbracht haben, einen Besuch abzustatten.

Am Frühstückstisch besprechen wir den Tag und lassen natürlich den gestrigen Abend in Bollywood nochmals Revue passieren. Es war also doch kein Traum und übrigens habe ich 10.000 Rupien in der Tasche. Was machen wir denn nun mit dem plötzlichen Geldsegen? Kerstin erinnerte mich an die Kinder unten im Erdgeschoß, die immer so brav auf einer Matte vor dem Haus in der Sonne sitzen, um sich aufzuwärmen. In Kathmandu ist der Winter eingebrochen und so sind die Zimmer ohne Heizung sehr ausgekühlt. Daher beschließen wir ein Heizgerät von dem Geld zu kaufen. Natürlich erinnern wir uns an die Zeiten am Edersee im Campingzelt, wo mit einem Heizaufsatz auf einer Gasflasche geheizt wurde. Sowas stellen wir uns vor und berichten Gokul und Prakriti von unserer Idee, die freudig angenommen wird. Gesagt getan, nehmen wir uns vor, heute mal zu schauen, wie weit das Film-Budget reicht.IMG_4588

Nach dem Frühstück geht es zum Pashmina-Händler, um unsere Fundstücke abzuholen. Leider oder zum Glück gibt es keine neue Ware und wir packen alles zusammen und freuen uns über das kuschelweiche Paket. Auf dem Rückweg halte ich bei einem Haushaltswaren-Laden an und erkunde die Heizgeräte. Gleich fällt mir eine Variante mit Gas und Strom auf, in die man die Gasflasche komplett hineinstellen kann. Ich erfrage den Preis und wir marschieren weiter in den nächsten Supermarkt, um Klopapier zu kaufen. Dabei fällt uns ein leerer Reissack mit dem Elefantenmotiv auf und ich schnappe mir direkt das extrem rare Stück und frage an der Kasse, ob ich den Sack mitnehmen darf. Die Kassiererin schaut mich staunend an und nickt nur. Lange nicht mehr soooo viele Fragezeichen in den Augen eines Menschen gesehen. Zu Hause zeigen wir Stolz unser Fundstück und berichten Gokul über die Heizgerät-Recherche. Er fragt mich sofort, ob es ein Gerät aus China oder Indien wäre und ob es Garantie gibt. Schon war mir klar, dass ich wohl doch noch nicht mit allen Nepali-Wassern gewaschen bin und das nächste Mal besser direkt mit Gokul losziehe.

Was klopft da eigentlich den ganzen Tag auf dem Dach? Ich steige die Rundtreppe hoch und sehe zwei Nepali mit einem Stock auf einen Haufen Füllstoff einprügeln. Heute ist Matratzen-Auffrischungstag. Mit Stöckern wird das Füllmaterial durch Schläge wieder fluffig gemacht. Alles Handarbeit hier in Nepal.

IMG_4580Prakriti berichtet von ihrem Besuch bei Sunita und dem engagierten Einsatz, insbesondere die neuen Labels in die Taschen zu nähen. Es geht ein Strahlen über Kerstins und Prakritis Gesicht. Die Mädels haben alles im Griff!

Des Weiteren verkündet mir Gokul, dass sein Vater ihm mitgeteilt hat, dass er mich als seinen neuen Schwiegersohn ansieht. Dies ist eine große Ehre für mich und ich bin ganz gerührt. Somit sind Kerstin als neue Tochter und ich als neuer Schwiegersohn offiziell Mitglieder der Familie Subedi. Ich freue mich ein Teil der Familie zu sein.

Auf geht es zur Hochzeit des Sohnes des Bruders der Mutter oder was weiß ich. Auf jeden Fall Familie. Rauf auf den Motorroller und ab durch den Staub. In einem kleinen Gewerbegebiet auf einem Innenhof steht ein großes Zelt mit mehreren Reihen Plastikstühlen und ersten Gästen. Eigentlich sind wir davon ausgegangen, dass wir mindestens 2 Stunden zu spät sind, aber hier gilt mal wieder Nepali-Zeit. Die Party fängt gerade erst an. Wir begrüßen erste uns bekannte Menschen und setzen uns. Gleich stürmt eine Gruppe Kinder auf uns zu und die üblichen Fragen auf Englisch prasseln auf uns ein. Immer wieder schön zu sehen, dass die Kinder den Mut haben und anzusprechen. Kerstin holt ihre Wunderwaffe heraus: Seifenblasen. Das wirkt in jedem Alter und die Kinder ziehen mit der Flasche ab.

IMG_9134IMG_4598IMG_3166IMG_9135 IMG_9144 IMG_9142 IMG_9137 Was passiert jetzt hier? Das Brautpaar hatte bereits gestern eine große Feier in enger Familienrunde, an der wir aus terminlichen Gründen nicht teilnehmen konnten. Heute darf jeder kommen und eigentlich warten alle nur auf die Eröffnung des Buffets. Aus irgendwelchen Gründen wurde das Buffet in zwei Teile geteilt: Vegetarisch und Fleisch. Das hatte zur Folge, dass sich bei Fleisch in Millisekunden eine Schlage von min. 50 Menschen bildete und Vegetarisch sofort zu erreichen war. Gerne wäre ich natürlich an die Fleischtheke gegangen, aber das hatte sich nun erledigt. Zwischendurch stibitzt Gokul mit gegrilltes Huhn von der Fleischtheke, weil er wohl Angst hatte, das ich verhungere 😉 Als wir mit dem Essen fertig waren, war auch unsere Anwesenheit nicht mehr nötig und verließen die Feier mit einem Foto mit dem hübschen Brautpaar. Dies hat der offizielle Fotograf sich natürlich nicht entgehen lassen, denn ein Bild mit den einzigen Weißen muss natürlich auch ins Hochzeitsbuch.

IMG_9150Auf nach Old-Town um die Love Letter abzuholen. Doch leider waren diese trotz Zusage nicht vor Ort und das war definitiv die falsche Information. Prakriti ließ sich sofort den Chef per Telefon geben und hat ihn durch Telefon mal kurz in den sandigen Boden gestampft. Kerstin und ich haben zwar kein Wort verstanden, aber wir beide lächelten uns nur an und waren erfreut, wie sie sich für die Sache einsetzt. Weiter so!

IMG_4601 IMG_4603Gokul und ich fahren noch weiter, um nach einem Heizgerät in Old-Town ausschau zu halten und die Frauen fahren nach Hause. Wir schlängeln auf dem Mottorrad durch engste überfüllte Gassen, bis wir direkt vor dem Eingan eines Elektrohändlers halten. Ich gehe ein paar Läden weiter, während Gokul mit dem Besitzer fachsimpelt. Irgendwie scheinen hier die Preise mindestens auf dem Niveau wie bei uns im Viertel zu liegen. Da wollen wir lieber den Händler vor Ort unterstützen und wir haben kein Transportproblem. Gesagt, getan und ein Heizgerät bei uns im Viertel gekauft und es war auch noch das besseres Gerät aus Indien inkl. Garantie. Perfekt!

IMG_3168Gokul möchte uns noch etwas besonderes zeigen und wir fahren zum Pashupatinath Tempel, da wo die Hindus die Toten verbrennen. Leider sind wir etwas spät dran und bekommen nur noch den Schluss der Zeremonie mit. Wir suchen uns noch ein weiteres Plätzchen, um die Stimmung dieses besonderen Ortes auf uns wirken zu lassen. Wieder sehen wir, wie eine (fast) Tote auf die Verbrennung vorbereitet wird und bekommen auch mit, wie ein neuer Toter per Sarg (wahrscheinlich direkt vom Flughafen aus z.B. einem arabischen Land) gebracht wird.

IMG_9156 IMG_9165 IMG_9175 IMG_9176 IMG_9183 IMG_9186 IMG_9205 IMG_9212Wieder zu Hause sitzen wir noch bei Gokul und Prakriti auf dem Bett und arbeiten weiter am Projekt. Krishna ist ebenfalls anwesend und es entwickelt sich ein Karriereberatungsgespräch zwischen Krishna und Kerstin. Leider konnten wir hier nicht schnell zu einem Resultat kommen.

Bollywood is calling

Wir starten mit Shopping. Es geht zum Pashmina-Hersteller, gleich um die Ecke, natürlich auch ein Bekannter von Gokul. Vor Ort sehen wir ein bisschen Produktion und erfahren etwas über die verschiedenen Qualitäten, verhindern aber, dass der Inhaber einen fertigen Schal per Feuerprobe anzündet, um uns die Qualität zu präsentieren.

IMG_4555 IMG_4558Genug geredet, ran an die Schals. Zweidrittel der Motive können wir schnell ausschließen, denn sie sind zu bunt. Aber natürlich finden wir erste schöne Stücke und es bildet sich ein Haufen. Der Inhaber zeigt uns noch einen weiteren Raum, inklusive Teppichen und Tagesdecken. Die Qual der Wahl beginnt (aber Teppich wollen wir nicht). Und dann ist ja bald Weihnachten, also noch ein paar Extrastücke. Bevor wir unseren Einkauf abschließen können, erfahren wir, dass unser Lieblingsstück zu morgen auch noch in anderen Farben möglich wäre. Also lassen wir die Haufen durchkalkulieren und zurücklegen, mal schauen, was morgen Früh sonst noch zu finden ist. Leider ist bereits jetzt das Budget überschritten.

IMG_4557Prakriti ist in der Zwischenzeit in Sachen Taschenproduktion unterwegs. Auf der einen Seite stattet sie unsere neue Wunderwaffe Sunita mit Reissäcken und Cover-Plastik aus, andererseits holt sie die Labels ab. Unsere Labels sind fertig, sehr aufgeregt bestaunen wir unser Erkennungszeichen. Wieder ein wichtiger Schritt zum Erfolg.

Nach dem Mittagessen gehe ich mit Gokul noch Bücher für Swaragau kaufen, denn morgen will Bhagwan mit einigen Leuten zum Dorf. Deshalb gehen Kerstin und ich danach noch zum Karmalaya-Haus und übergeben Bhagwan die Dokumentation zum Dorf, die Luisa und Kerstin geschrieben und ich mit Bildern angereicht habe. Auch sind die Fotos fertig und Krishna bringt sie vorbei, sodass Bhagwan diese auch gleich mitnehmen kann, wie auch die Kameras mit neuen Batterien, die restlichen Medikamente, die wir nicht mehr benötigen und was sonst noch ins Dorf kann. Es ist schön noch ein wenig für dieses tolle Dorf tun zu können.

Es ist inzwischen 15 Uhr und wir müssen schnell nach Hause, denn der nächste Termin steht an, die Wool-Lady. Um halb vier soll es losgehen. Doch erstmal müssen sich alle hübschen, insbesondere Prakriti fängt jetzt erst mit duschen an. Also Nepali-Zeit und um 17 Uhr fahren wir per Taxi zur Wool-Lady. Trotz der späten Stunde, können wir vor Ort einigen Arbeiterinnen bei der Arbeit zuschauen. Die Räumlichkeiten erinnern mich an eine chaotische Lagerhaltung, was aber wohl weniger mit dem System zu tun hat, welches ich aus dem Lager großer Händler in Deutschland kenne 😉 Natürlich wollen wir auch einige Dinge für unser Taschenprojekt lernen und fragen den anwesenden Sohn Löcher in den Bauch, von Produktion bis hin zum Versand.

IMG_4561Bevor es zum gemeinsamen Essen geht, betreten wir noch den Showroom und erneut beginnt eine Runde Shopping, denn auch hier scheint der Weihnachtsmann zugegen zu sein. Kerstin darf sich einen Hut und einen Schal als Geschenk aussuchen, ich einen Schlüsselanhänger. Habe ich was verkehrt gemacht? Egal. Wir finden noch ein paar Weihnachtsgeschenke und –deko, bezahlen und verlassen das große Anwesen um einige Schritte weiter ins Haus der Inhaberfamilie zu gehen.

Im dritten Stock werden wir in ein Wohnzimmer in der Größe eines Tanzsaals geführt, mit Kristallleuchten an der Decke und schweren Ledersofas, aber auch hier ohne Heizung. Also sitzen wir wieder mit Jacken in der Runde. Erst nehmen wir einen Tee, machen weiter mit Ideenaustausch, dann Essen mit Wein. Prakriti, als perfekte Managerin, dreht das Gespräch dann auch Richtung Taschenprojekt und die Wool-Lady ist begeistert. Ich hole meinen Laptop raus und zeige Bilder der Taschen und vom letzten Shooting. Die Wool-Lady und die Bag-Lady tauschen Tipps & Tricks aus.

IMG_4566 IMG_4568Plötzlich kommt Bewegung in Gokul und wir brechen wieder auf. Nach ausgiebiger Verabschiedung von der Wool-Lady und ihrer Familie unterbreitet uns Gokul vor der Tür eine Neuigkeit. Bhagwan hat angerufen und braucht uns, bzw. mich. Aktuell wird ein Film in Kathmandu gedreht und ich soll mitspielen. Was? Angeheitert durch zwei Glas Wein sagt Kerstin sofort ja und wir machen uns auf den Weg zum Drehort. Erfreulicher Weise ist dieser in einem Restaurant ganz in der Nähe von unserem Haus, natürlich kennt Gokul den Besitzer oder einen Bruder des Besitzers oder auch egal. Froher Erwartung marschieren wir ins Restaurant „Olive & Basil“ und Kerstin fragt gleich, wo denn die ganze Filmtechnik und –Crew sei. Na ja, eben noch nicht da, aber wir seien richtig. Ein, zwei Telefonate und wir entscheiden uns Platz zu nehmen. Plötzlich taucht ein neues Gesicht auf und er stellt sich als Organisator für den Film vor. Nun bekommen wir erste Infos. Es geht um einen Nepali, FunnyGuy, der in Australien gelandet ist und in einem Restaurant arbeitet. Ich soll nun den Restaurantbesitzer spielen, der genervt ist vom FunnyGuy und ihn feuert (wie gut, dass ich eine HR-Beraterin bei mir habe 😉 ). Das heißt, es geht nicht um eine Statistenrolle, sondern eine richtige Rolle mit Sprechanteil. Wie hoch ist nochmal die Gage?

Als nächstes kommt ein Kleintransporter und es kommt Leben ins Lokal. Es stellt sich nun der Regisseur vor und später kommt auch noch der Produzent, ein Nepali aus Australien. Wir erfahren weitere Dinge zum Film und sehen das Drehbuch.

Wir fassen zusammen: Wir sind nicht mehr in Nepal sondern in Australien und ich bin ein australischer Restaurantbesitzer, der einen Nepali feuern soll und es ist eine Sprechrolle und somit gibt es Text, den ich sagen muss, in Englisch (möglichst mit australischem Akzent) und bitte auch lustig, denn es ist eine Art Komödie. Alles kein Problem, einen Mojito bitte. Sollen wir Sandra in Australien anrufen, für eine Sprechübung?

In der Zwischenzeit wird die komplette Küche aus- und umgeräumt und insbesondere gesäubert (hoffentlich müssen sie nicht noch streichen). Wir sind bereits über eine Stunde im Restaurant und uns wird gesagt, in ca. 15 Min geht es los. Nepali 15 Min natürlich. Doch dann kommt doch noch Bewegung rein, ich soll zur Maske und wir wechseln in die nähere Umgebung des Drehorts. Ein Schauspieler wird gerade bearbeitet und ich werde dem Visagisten vorgestellt. Er schaut mich an und sagt ich bräuchte keine Maske. Einen schönen Mann… Nun taucht auch der Casting-Direktor Bhagwan auf und zwei weitere Volunteers von Karmalaya. Langsam bereite ich mich auf meine Rolle vor und mache erste Gesichtsübungen und bestell noch ein Bier.

IMG_9049Dann geht es los und der Regisseur holt mich und braucht plötzlich noch eine Frau für die erste Szene an der Rezeption. Wer könnte das besser spielen als Kerstin. Für Maske ist nun aber keine Zeit mehr und schwups stehen Kerstin hinter dem Tresen und ich davor. Letzte Anweisungen, was wir sagen und tun sollen, ein kurzer Probelauf und die Klappe fällt. Inhalt der Szene ist, dass ich meine Rezeptionistin frage, wo der FunnyGuy ist und erfahre, dass er sich in der Küche befindet, worauf ich erschrocken in diese eile. Die dritte Klappe ist es und die Crew ist zufrieden. Licht und Kamera werden eingepackt und es geht in die Küche. Hier treffe ich das erste Mal den FunnyGuy.

IMG_9072 IMG_9081 IMG_9083Folgendes soll hier passieren: Er steht an einem Tisch und schneidet Gemüse und singt und träumt dabei von einem Mädchen. Dann schubst er ein paar Abfälle in den Mülleimer und kickt diesen durch den Raum. Das bekomme ich mit, bin erzürnt und schmeiße ihn nach einem kurzen Wortwechsel raus. Dies wird in diverse Kameraperspektiven verpackt, sodass ich teils nur mit Stimme agiere, bis hin, dass ich in der Totalen gezeigt werde. Wir haben einen riesigen Spaß, auch wenn alles ganz schön viel Zeit benötigt.

Okay, dass mit dem australischen Akzent habe ich nicht wirklich hinbekommen, aber wenn ich meinen Manager Gokul wiedergeben darf, so war die Crew und insbesondere der Regisseur beeindruckt, wie schnell und perfekt und lustig ich meine Rolle gespielt habe. Dem habe ich nichts mehr hinzuzufügen 😉

IMG_4573 IMG_9086 IMG_9093 IMG_9098 IMG_9101 IMG_9102 IMG_9106 IMG_9121 IMG_9123Irgendwann ist alles im Kasten, Kerstin und mein Name werden notiert, der FunnyGuy möchte sich mit mir auf Facebook verknüpfen und wenn nun die Gage noch gezahlt ist, können wir endlich nach Hause. Es ist bereits 24 Uhr. Casting-Manager Bhagwan hat 10.000 Rupien ausgehandelt, also ca. 80 EUR. Nicht schlecht. Doch leider hat der Finanzminister vom Film nur 5.000 R in bar und den Rest als Scheck. Also noch eine Runde hin und her diskutieren und dann findet er doch alles Geld und ich ziehe mit meiner Co-Schauspielerin Kerstin, meinem Casting-Manager Bhagwan, meinem Manager Gokul und meinem Groupie Prakriti nach Hause. Was für ein Tag.

IMG_9125 IMG_9130(Foto von links nach rechts) Manager Gokul, Casting-Direktor Bhagwan, Groupie Prakriti, Co-Schauspielerin Kerstin, Australier Oliver, FunnyGuy, Regisseur Hikmat Bista, Chef-Kameramann, Chef-Beleuchter

Übrigens, der Titel lautet „The Winner“. Wie passend 😉 Und im April soll er in die Kinos kommen. Wir sind sehr gespannt.

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Besuch in Pathan

Wie üblich planen wir am Frühstückstisch den Tag und was wir wann machen wollen. Die To-Do Liste ist lang und so splitten wir die Aufgaben erst mal auf. Oliver zieht direkt nach dem Frühstück mit Krishna los, um die Fotos für Swaragau auszudrucken und Batterien für die Cameras zu kaufen. Wir haben vor, den Blinden- und Waisenkindern jeweils ihre Portraitfotos zu schenken und die Fotos des Fotoprojektes in den Klassenzimmern aufzuhängen. Bei dem Staub und Dreck in Swaragau muss allerdings jedes Foto laminiert werden, damit es eine Überlebenschance hat.

Ich gehe mit Prakriti auf Tour. Zuerst besuchen wir Sunita in ihrem Laden, gucken uns die zweite Tasche von ihr an (leider knistert die und wir können sie nicht verwenden, aber die Näharbeit ist sauber) und machen Bestandsaufnahme, was sie noch an Materialien braucht. Der nächste Stop ist bei einer Frau aus der Kaste der Unberührbaren. Sie hat eine alte Nähmaschine auf der Straße stehen und näht dort. Prakriti hat sie angesprochen, ob sie für uns arbeiten möchte. Nun geben wir ihr eine Tasche als Muster und bitten sie, dass sie die kopiert. Dann sehen wir, wie gut ihre Nähkünste sind und wo sie noch Training braucht. Das größte Problem ist der Dreck auf der Straße. Wenn sie für uns arbeitet, kann sie das nicht auf der Straße machen. Jetzt ist es an der Zeit Goma und die Shakti-Milan-Ladies beim Wort zu nehmen und die Gemeinschaft auch für andere Bedürftige Frauen zu öffnen. Der Raum bei Shakti-Milan ist gut geeignet und unser Nähmaschine wesentlich besser als die der Frau, die übrigens Maghmalli heißt. Wir besuchen auch noch eine andere potenzielle Mitarbeiterin, die wir vom lokalen Bettdeckenfabrikanten empfohlen bekommen haben. Sie hat auch eine Tasche von uns zum kopieren bekommen und jetzt sind wir gespannt auf das Ergebnis. Leider gibt es kein Ergebnis. Die Frau hat schon in der Vergangenheit Taschen genäht und keine Bezahlung erhalten. Aufgrund der schlechten Erfahrungen gibt sie uns einen Korb. Auch okay, immerhin war sie offen und ehrlich zu uns.

Weiter geht es zum Müllhändler. Sunita braucht mehr Reissäcke. Der Müllhändler hat einen ganzen Raum voller sortierter Reissäcke. Ein El Dorado für uns. Leider ist er ein Fuchs. Prakriti hat bereits einmal bei ihm gekauft und jetzt, wo sie wiederkommt und nur bestimmte, ausgewählte Motive haben möchte, verdoppelt er mal kurz den Preis. Vielleicht ist es aber auch mein weisses Gesicht was die Preise in die Höhe schnellen lässt. Wir spielen nicht mit und verlassen ohne Säcke den Laden. Wenige Meter weiter entdecken wir einen anderen Müllhändler. Dieses Mal geht Prakriti alleine rein und ich bewache unseren Scooter. Nach 20 Minuten kommt sie wieder, mit einer tollen Auswahl neuer Reissackmotive und zu einem guten Preis. Der Händler hat jetzt ihre Nummer und wird sie anrufen, sobald sein Vorrat wieder aufgefüllt ist.

IMG_3141 IMG_3142Das war ein erfolgreicher Morgen und wir fahren zum Mittagessen nach Hause. Aber wo sind die Männer? Keine Ahnung. Ama fragt nach Oliver, die Schwestern, Durgha die Lehrerin, alle sind besorgt und ich kann immer nur sagen „Shiriman, chaina“ (Nix Ehemann). Irgendwann gebe ich die Warterei auf und esse Mittag. Kurz darauf kommt Oliver zufrieden um die Ecke. Seine Einkäufe sind erledigt, er ist unterwegs mit Krishna in Bhagwan gerannt, der hat noch einen Freund angerufen und dann ist die ganze Männerrunde erst mal MoMo essen gegangen. Das hat uns aber im Zeitplan etwas zurückgeworfen, denn wir sind für den späten Nachmittag in Pathan mit Valerie verabredet, die auch aus Berlin kommt und seit 4 Wochen bei der GIZ (Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit) in Kathmandu arbeitet. Den Kontakt hat eine ehemalige Kommilitonin von mir vermittelt und nach einigen Telefonaten sind wir jetzt gespannt uns persönlich kennen zu lernen.

Mit dem Taxi machen wir uns auf den Weg in die Nachbarstadt. Wir schauen kurz bei der GIZ vorbei um festzustellen, dass Valerie in einer anderen Zweigstelle arbeitet. Dann verabreden wir uns in ihrem Hotel für den Abend und gehen erst mal auf den Durbar Square (also den ältesten Platz) der ehemaligen Königsstadt Pathan. Auch das ist ein Weltkulturerbe und mit seinen uralten Palästen und Holzschnitzereien sehr beeindruckend und einfach nur schön. Die dunkelbraunen Holzbauten, mit ihren roten Dächern vor der Kulisse des Himalaya ist schon fast kitschig. In einem kleinen Restaurant, in dem Oliver nicht aufrecht stehen kann, essen wir etwas, trinken Tee und beobachten das Treiben auf dem Platz bevor wir zu Fuss einmal quer durch die Altstadt laufen um uns mit Valerie zu treffen. Oliver führt mich durch das Gewirr aus Gassen, was eine wahre Meisterleistung ist, da es hier ja keine Straßennamen gibt und keiner der Passanten einem genau auf dem Stadtplan zeigen kann, wo wir eigentlich sind.

IMG_8999 IMG_9006 IMG_9018 IMG_9026Mit Pathan haben wir nach so langer Zeit noch mal ein ganz neues Gesicht vom Kathmandutal kennengelernt. Hier ist es wesentlich sauberer und gepflegter, es gibt eine ganze Reihe von westlichen Lokalen, Cafes und Supermärkten und viele Weiße auf den Straßen. In Pathan haben so ziemlich alle NGOs und ausländische Hilfsorganisationen ihren Sitz und dementsprechend viele Expats wohnen hier, was natürlich das Stadtbild beeinflusst.

Mit Valerie verbringen wir einen netten Abend im Kaminzimmer ihres Hotels. Sie erzählt uns von ihrer Arbeit, ihren ersten Erfahrungen auf den Dörfern in Nepal und wie sie überhaupt hier hingekommen ist. Wir erzählen vom Taschenprojekt und teilen unsere Nepal-Erlebnisse. Valerie bestellt auch gleich 3 Shakti-Milan-Bags und wir verabreden uns zu einem weiteren Treffen am Samstag auf dem Farmersmarket.

Fotoshooting in Pharping

Und die Serie der tollen Überraschungen, die Prakriti für uns parat hat, reißt auch am nächsten Tag nicht ab. Wir wollen heute einen Ausflug (bzw. eine Dienstreise) nach Pharping machen. Oliver war noch nie dort und das muss sich ändern, schließlich hat Gokuls Familie dort ihre Wurzeln und es ist ein sehr schöner Ort. Aber bevor wir aufbrechen kommt noch die Überraschung in Person von Sunita, die uns ihr erstes Meisterstück höchstpersönlich präsentiert. Sunita ist die erste Frau aus der erweiterten Zielgruppe (Women in Need), die bereits nähen kann und sich jetzt an unseren Taschen versucht. Und das mit großem Erfolg. Ihr Meisterstück ist marktreif. Obwohl Sunita sehr schüchtern ist und kaum etwas sagt, mag ich sie sofort. Wir zeigen ihr all die anderen Taschen, die gestern aus Pharping angekommen sind, und erkennen, wie ein Leuchten über ihr Gesicht geht. Sie ist dabei!

IMG_8817Irgendwie können wir noch nicht losfahren, da immer einer fehlt oder wir noch ein Motorrad organisieren müssen oder weiss der Kuckuck. Die Zeit bis zur Abfahrt nutzen wir für ein Fotoshooting. Das Wetter ist toll, der Himmel blau und Oliver hängt alle Taschen auf die Wäscheleine auf der Dachterrasse. Die bunten Motive en masse sehen echt stark aus. Dann machen wir noch verschiedene andere Fotos mit Prakriti, Viola und mir mit Oliver als professionellem Fotografen. Wir haben bereits jetzt einen Riesenspaß. Aber es soll heute noch viel, viel besser werden.

IMG_8881 IMG_8888 IMG_8825 IMG_8847Wir sind mit 3 Bikes und 6 Personen nach Pharping unterwegs. Oliver darf den Scooter fahren und probiert damit zum ersten Mal den Linksverkehr, das Verkehrschaos und die maroden Straßen von Kathmandu aus. Das klappt sehr gut. Nach ca. 1,5 Stunden haben wir unser Ziel und den kleinen Teeladen von Krishnas Familie erreicht. Hier gibt es erst mal eine Pause, natürlich einen Tee und dann noch Dal Bhat. Gleich neben dem Teeladen ist die Werkstatt von Krishnas Bruder und während der Reis noch kocht, stürmen wir zu sechst den Mini-Raum um zu sehen, wie die Taschenproduktion läuft. Mittlerweile hat Sundar 2 Frauen beschäftigt, die ihm helfen meine Riesenbestellung zu produzieren. Noch 4 Tage bis zum Rückflug nach Berlin. Der Count-Down läuft. Aber er macht das super! Gerade nähen sie die Rucksäcke und wir machen gleich mal eine Anprobe mit Oliver. Passt!

IMG_8892 IMG_8895 IMG_8897 IMG_8908 IMG_4528 IMG_4525 IMG_4529Nach dem Dal Bhat fahren wir weiter. Keine Ahnung wohin, aber mittlerweile sind wir zu Acht auf 4 Bikes. Sundar und ein Nachbar sind jetzt auch dabei. Der Nachbar führt uns immer weiter hinauf in die Hügel. Wir haben heute beste Bergsicht auf die Gipfel des Langtang Gebirges. Und das vor blühenden Senf-Feldern. Einfach genial und was für die Seele. Oliver hat natürlich die Kamera und wir unsere Reistaschen dabei. An verschiedenen Plätzen fangen wir jetzt an zu Posen und die Taschen in Szene zu setzen. Jedes Mal sind wir sofort von einer kleinen Traube von Dorfkindern und anderen Neugierigen umgeben. Die Subedi-Brüder entpuppen sich unter Olivers fachkundiger Anleitung als Naturtalente beim Modeln. Krishna der Spassvogel ist natürlich der Beste, was er auch immer wieder bestätigt haben möchte ;-).

IMG_8948 IMG_8921 IMG_8935 IMG_8942 IMG_8955 IMG_8958 IMG_8968 IMG_8981 IMG_8987 IMG_8994 IMG_4542 IMG_4538 IMG_4537Es wird spät, als wir uns auf den Rückweg nach Kathmandu machen. Alle haben den Ausflug aufs Land genossen und die Rückfahrt immer wieder hinausgezögert. Hier noch einen Tee in einer kleinen Bude getrunken, da noch mal angehalten um einen tollen Blick auf die Bergkette zu haben, noch mal bei den Eltern vorbeigeschaut und natürlich mit Sundar übers Taschen-Business geredet. Was sind seine Vorstellungen von fairer Vergütung? Wie viele Taschen schafft er bis Samstag? Kann er hier und da noch etwas Finetuning an den Taschen vornehmen? Etc. Dann bekommen wir noch einen „Groundapple“ vom Nachbarn geschenkt, ein Ding, daß noch keiner von uns jemals gesehen, geschweige denn gegessen hat. Wir nehmen es erst mal mit und probieren es später zu Hause aus. Ist wirklich lecker und fruchtig. Wir sind positiv überrascht, sieht das Ding doch eher wie eine Süsskartoffel aus.

Einkaufen in Old-Town

Es geht im gleichen Tempo weiter. Heute steht Label-Einkaufen in Old-Town auf dem Programm. Noch vor dem Frühstück schreibe ich den Text für unsere Taschenanhänger neu. Da wir nun nicht mehr ausschließlich mit HIV-Infizierten Frauen an den Start gehen, passt der vor ein paar Wochen entworfene Text nicht mehr. Oliver formatiert in Windeseile und sichert gleich noch die Domain www.shakti-milan-bags.com und öffnet eine Facebook-Präsenz bevor der Strom wieder abgestellt wird. Direkt nach dem Frühstück geht es los.

Gemeinsam mit Gokul und Prakriti fahren wir in die Strasse der Label-Händler. Hier bekommt man rollenweise Labels aller nur erdenklichen Marken. Der Renner ist „The North Face“ aber natürlich auch Gucci und Armani gibt es. Wir hatten schon vor einigen Wochen mit der Recherche begonnen und mittlerweile haben wir genug Wissen gesammelt um heute endlich den Auftrag geben zu können. Wir brauchen die Labels noch diese Woche, von daher können wir leider keine gestickten Labels aus Indien in Auftrag geben, obwohl die sicherlich sehr cool aussehen würden. Nach einigem Hin- und Her nehmen wir schwarze Labels mit silbernem Druck. Oliver hat seinen Laptop dabei und passt noch im Laden die Vorlage an die Größe des Labels an. Gokul und Prakriti verhandeln in der Zwischenzeit den Preis. Sie legen sich voll ins Zeug um den besten Preis zu bekommen. Dann ein kurzes Stutzen. Wir wollten erst mal nur eine kleine Stückzahl zum Ausprobieren. Da ist der Preis höher, schon klar. Der Händler schlägt uns vor direkt 2.500 Stück zu kaufen, da könnte er einen guten Preis machen. Interessanterweise unterscheidet sich der Preis für 2.500 Stück zu dem für 250 Stück lediglich um ca. 15 Euro. Also gehen wir in die Vollen und bestellen Label für das ganze nächste Jahr und wahrscheinlich noch weit darüber hinaus. Als das erledigt ist, widmen wir uns den Love Letters. Gleiches Prinzip. Wir suchen ein schönes Nepali-Papier aus. Oliver formatiert und unsere Nepali-Kollegen verhandeln den Preis. Auch hier sind im endeffekt 2.500 Stück günstiger als eine kleinere Menge. Jetzt hoffen wir nur, dass sich nicht irgendwo ein Tippfehler eingeschlichen hat. Am Freitag soll alles fertig sein, dann wissen wir Bescheid.

IMG_3122 IMG_3124 IMG_3126Nach diesem aufregenden Einkauf gehen wir erst mal einen Tee trinken im einem der kleinen Nepali-Straßenrestaurants. Prakriti und ich haben natürlich jeder eine original Shakti Milan Bags Tasche dabei (passend zum jeweiligen Outfit) und Oliver nutzt die Gelegenheit ein paar Katalogfotos vor authentischer Kulisse von uns zu schießen. Leider findet der Ladenbesitzer das nicht halb so spaßig wie wir und so müssen wir aufgeben und zur Beruhigung der Gemüter auch noch was zu Essen bestellen.

IMG_8782Danach trennen wir uns. Oliver und ich machen noch ein bisschen Touri-Programm und gehen zum Durban Square, einem der ältesten Plätze in Kathmandu und auch Weltkulturerbe. Mittlerweile sind kaum noch Touristen unterwegs. Die beste Reisezeit für Nepal ist vorbei und selbst in Thamel wuselt es längst nicht mehr so wie noch vor ein paar Wochen. Wir schlendern über den Antikmarkt, kaufen ein paar Kleinigkeiten und genießen das Treiben vor traumhafter Kulisse.

IMG_8792 IMG_8804 IMG_8795 IMG_8999 IMG_9006IMG_9026 IMG_9018Zurück zu Hause wartet eine neue Überraschung auf uns. Krishna war in Pharping und hat eine ganze Ladung neuer Taschen mitgebracht. Gokuls Büro gleicht jetzt einem Showroom und begeistert inspizieren Oliver und ich die neuen Taschen und Motive. Es ist schon toll, wie viele verschiedene Motive wir mittlerweile aufgetrieben haben. Und ständig werden es mehr.

IMG_8813Franzi, eine andere Volontärin, kommt kurz vorbei und wird auch gleich in das Reich der Taschen geführt. Bhagwan hat uns zum Essen in der Stadt eingeladen und kommt um uns abzuholen. Auch ihn verpflichten wir erst unsere Taschen zu bestaunen, bevor es losgehen kann ;-). Aber Bhagwan ist schon längst überzeugt und hat uns seine Unterstützung beim Verkauf zugesagt. Noch am selben Abend verkauft er seine erste Tasche an Max, einen Volontär, der am nächsten Tag zurück in die Schweiz fliegt. Wer sagt’s denn!

Wir haben einen netten Abend in einem Restaurant mit Blick auf den großen Stupa mit den Augen. Einer meiner Lieblingsplätze mit sehr schöner Stimmung, besonders Abends. Wir trotzen der Kälte mit original Nepali-Grog und hervorragendem Essen und erfahren mehr über Nepal, die Regierung, das System und was es bedeutet hier Geschäfte zu machen.