Nach schneller Hilfe kommt nun die nachhaltige Hilfe

Nachdem wir in den letzten Tagen vor Ort in den Dörfern Nahrung, Kleidung und Medikamente ausgeteilt haben, konzentrieren wir uns jetzt darauf langfristig zu denken und zu planen. Die Versorgung durch die nationalen- und internationalen Hilfsorganisationen steht weitgehend und der Verteilungskampf ist teilweise erbittert. Hilfsgütertransporte werden unterwegs ausgeraubt, Leute kämpfen um die Nahrungsmittel, andere horten was sie kriegen können…. Das Land ist korrupt bis in den letzten Winkel, leider. Von daher sind wir wirklich sehr bedacht unsere Ressourcen nicht mit der Giesskanne zu streuen sondern ganz gezielt denjenigen zukommen zu lassen, von denen wir sicher sind, dass sie sie brauchen und auch bekommen. Hier habe ich vollstes Vertrauen in Gokul und Prakriti, die hier in den wenigen Tagen echt Berge versetzt haben um schnell und unkompliziert zu helfen.

Inzwischen finden unsere erfolgreichen Aktionen auch Resonanz in den Medien. Nachdem das italienische Fernsehn berichtet hat, gibt es z.B. einen Bericht in der Rheinischen Post und in der Neuen Westfälischen.

Vor allem unser Medizinstation war sehr erfolgreich. Wir planen das in den nächsten 12 Monaten auf regelmäßiger Basis weiterzuführen und auch mit Psychologen zu arbeiten, um die traumatisierten Menschen aufzufangen. Mit Essen dürften inzwischen die meisten Regionen versorgt sein. Ausserdem haben wir hier Frühling mit dem Unterschied zu Deutschland, dass bereits geerntet werden kann. Obst und Gemüse steht zur Verfügung.

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Und wir konzentrieren uns wieder darauf, unser Social Business Shakti Milan Bags auszubauen.

Wir unterstützen gerade ein Ehepaar aus der Unberührbaren-Kaste, die durch einen Brand in ihrem Dorf alles verloren haben. In der Hoffnung auf einen Neuanfang sind sie nach Kathmandu gekommen; um dort vom Erdbeben erwischt zu werden. Die beiden haben nicht mehr, als das, was sie am Leib tragen und wir helfen mit Nahrung, Kleidung und Unterkunft. Der Mann Mahendra kann auch nähen. Wir prüfen gerade, ob wir ihn in unser Team mit aufnehmen können, obwohl er nicht in unsere Zielgruppe von bedürftigen Frauen passt. Aber wir wollen nicht diskriminieren und er ist definitiv in einer schwierigen Situation.

Gemeinsam mit Sunita entwickeln wir gerade neue Produkte, die wir dann hoffentlich schnell auch auf den Markt bringen können. Denn wir sind überzeugt, eine langfristige Unterstützung kann nur durch eine Beschäftigungsmöglichkeit mit regelmäßigem Einkommen erreicht werden. Und daran arbeiten wir jetzt.

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Auch die Zusammenarbeit mit einem neuen Team haben wir wieder aufgenommen.

Prakriti und ich sind durch die zerstörte Stadt nach Patan gefahren, um dort mit den Dharka Damen weiter zu arbeiten. Das ist ein ganz kleiner Familienbetrieb, in dem Frauen wunderschöne Schals mit der Hand und auf antiken Webstühlen weben. Sie sind sehr fleissig, leben aber auch von der Hand in den Mund. Vielleicht gelingt es uns gemeinsam mit ihnen ein Muster zu entwickeln, das wir dann auch in einiger Zeit in unsere Kollektion aufnehmen können. Damit hätten sie eine echte Chance mit ihrem Handwerk zu überleben und Shakti Milan Bags kann seine Produktpalette sinnvoll erweitern.

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Die Situation in Kathmandu normalisiert sich langsam. Es gibt Lebensmittel, die Geschäfte öffnen wieder, Wasser scheint zumindest in dem Bezirk in dem ich wohne kein Problem zu sein. Weite Teile der Stadt sehen so aus, als wenn nichts gewesen wäre. Chaotisch und dreckig war es auch schon vorher. Aber die Beben hören nicht auf. Auch gestern hatten wir wieder ein Beben der Stärke 5. Die Altstadt mit den vielen instabilen und zerstörten Häusern meiden wir lieber, denn mit jedem Beben drohen die wackeligen alten Häuser zusammen zu brechen. Für die Besorgung von unseren Nähmaterialen ist das wirklich schlecht, denn die meisten Sachen, die wir jetzt benötigen gibt es nur da. Aber wir wären nicht in Nepal, wenn wir nicht einen Weg finden würden.

Das Land wird noch sehr lange brauchen, bis diese Naturkatastrophe überstanden ist. Die Regenzeit ist im Anmarsch. Damit drohen die durch das Beben destabilisierten Terrassenhänge abzurutschen. Weitere Erdrutsche werden erwartet. Die Krankheiten, hervorgerufen durch schlechtes Trinkwasser, infizierte und nicht versorgte Schnittwunden und das Überleben im Freien ohne Dach über dem Kopf, werden in den nächsten Monaten noch einige Menschenleben fordern. Die Menschen sind den Launen der Natur hier hautnah ausgeliefert. Zudem kommt noch eine unfähige Regierung, viel Politik und ein weitgehend korruptes System. Ein Einnahmezweig, der Tourismus, ist weitgehend weggebrochen und lässt viele Guides und Träger ohne Arbeit zurück. Und trotzdem ist dieses kleine Land wunderschön und hat eine ganz einzigartige Kultur und Menschen mit ganz großen Herzen. Und ich bin sehr stolz darauf mittlerweile ein Familienmitglied einer ganz besonderen Familie geworden zu sein. Menschen wir Gokul und Prakriti sind einzigartig.

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Die Regierung ist untätig und Shakti Milan Team hilft

Der Tag heute beginnt mit Routinen. Gokul und Prakriti waschen gemeinsam auf dem Dach ihre Wäsche und scherzen dabei. Diese Normalität tut wirklich gut. Gleich werden wir losfahren um in einer anderen Region unsere Lebensmittel und Medikamente zu verteilen. Gestern waren wir die ersten in der stark betroffenen Region Sindhupalchok, mittlerweile sind alle Hilfsorganisationen aktiv und viele private Initiativen ebenso. Auch die Regierung bewegt sich ein bisschen und zeigt zumindest in den leicht zugänglichen Regionen erste Präsenz. Weiterhin gibt es keine zentrale Koordination, sodass es gar nicht so leicht ist, einen Ort zu finden, an dem die Hilfsgüter wirklich benötigt werden und den man ohne Hubschrauber erreichen kann.

Gokul hängt den ganzen Morgen am Telefon, um mit Leuten aus den verschiedenen Dörfern zu kommunizieren, um herauszufinden wo genau unsere Reise heute am besten hingehen soll. Unseren ursprünglichen Plan mussten wir verwerfen, denn wir haben erfahren, dass dort schon mehrere Organisationen angekommen sind. Wie gesagt, gibt es so gut wie keine zentrale Koordination der Einsätze. Viel läuft über soziale Medien, wie Facebook.

Die Inaktivität der Regierung ist erschütternd. Gestern habe ich mit jemandem gesprochen, der für die Regierung arbeitet. Er sagte mir, dass zum Zeitpunkt der Katastrophe alle hohen Verantwortungsträger gemeinsam in einem Yoga Seminar gesessen hätten. Und auch lange nach dem die Katastrophe bekannt war, keinerlei Initiative gezeigt hätten. Es gibt eine Anweisung an alle Beschäftigten der Regierung täglich im Office zu sein. Das Office ist hoch Erdbeben gefährdet. Auf die Frage, was denn zu tun sei, gab es wohl die Antwort „nichts“… einfach da sein. Dieser Aufforderung kommt kaum jemand nach, denn jeder versucht sich in Sicherheit zu bringen. China wollte direkt 16 Helikopter schicken, was die Regierung abgelehnt hat, da es irgend eine Befindlichkeit mit der indischen Regierung gab. Offiziell hieß es der Flughafen sei überlastet. Viele Ärzte sind nicht mehr im Krankenhaus. Sie sind zu Hause bei ihren Familien oder haben sich auf dem Land in Sicherheit gebracht. Es gibt hier wirklich zwei Sorten von Menschen. Die einen, die nur an das eigene Wohlbefinden denken und Medikamente und Nahrungsmittel für sich und Ihre Familie horten. Und dann gibt es die anderen, die ohne zu zögern aufbrechen um irgendwie zu helfen. Das Land verfügt mittlerweile über jede Menge Spendengelder. Wichtig ist, dass auch die Regierung dafür verantwortlich gemacht wird, wie mit diesen Geldern umgegangen wird.

Wir haben wieder den LKW gepackt und sind aufs Land gefahren. Überall, wo die Zerstörung nicht groß war und die Menschen noch Lebensmittel und ein Dach über dem Kopf haben, sind wir weitergefahren. Immer tiefer in das Bergland hinein und die Straßen wurden immer schlechter. In Thokarpa Village im Distrikt Sindhupalchowk machen wir Halt. Es ging so weit, dass wir einen Teil der Vorräte und Medikamente abladen mussten und nur mit halber Fracht die Wege hinauf zu den Bergdörfer gefahren sind. Vor Ort mussten wir dann warten, bis der LKW wieder zurückgefahren, neu aufgeladen und wieder hochgekommen ist. Einige Helfer sind zu Fuß gegangen und haben 5h gebraucht und kamen erschöpft bei uns an.

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Hier war die Koordination vor Ort schwieriger. Leider klappte es diesmal nicht so gut eine Art Kommitee zu gründen, um die weitere Verteilung insbesondere für die noch weiter im Berg gelegenden Dörfer zu organisieren. Aber mit ordentlich Nepali-Style haben wir auch das hinbekommen.

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Es war schon sehr spät als wir dann wieder Richtung Kathmandu aufbrechen konnten. Die Nacht war aber warm und der Mond schien hell vom Sternenklaren Himmel. Nepal ist wunderschön.

EIN GROßES DANKESCHÖN AN DIE HELFERINNEN UND HELFER!

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Für viele die erste Nahrung nach vier Tagen

Heute Morgen waren wir bereits um kurz nach sechs alle auf den Beinen. Gokul und Prakriti waren ohne Unterbrechung am telefonieren und koordinieren – den Jeep, die Medikamente, die Freiwilligen, die Lebensmittel. Alles musste irgendwie organisiert werden. Und da haben die beiden wirklich innerhalb von nur wenigen Stunden unglaubliches bewegt. Denn Lebensmittel, Transport, Medikamente und vor allem Wasseraufbereitungs-Tabletten sind in Kathmandu nicht mehr zu bekommen. Im Regen und im Morgengrauen haben wir dann den Jeep mit circa 30 Säcken „beaten Rice“, so eine Art Trocken-Reis, den man nicht mehr kochen muss, jede Menge Kekse, Instant Nudeln und anderen Lebensmitteln beladen. Und dann ging es los nach Sindhupalchok.

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Unterwegs sind noch eine Medizinstudentin, ein Partner von Gokul, ein Student, und noch ein paar andere Freiwillige zu uns gestoßen. An einer Straßenecke wurden uns wie verabredet 6000 Wasseraufbereitungspillen gebracht, die Prakriti gestern organisiert hatte.  Bei einem Cousin, der ein kleines Ladengeschäft für Düngemittel hat, haben wir jede Menge Plastikfolien dazu geladen, die er für uns gestern irgendwie aufgetrieben hatte. Wir warten an einer weiteren Straßenecke, es taucht ein Taxi auf und ein neuer Karton wird auf die Ladefläche gereicht, voll von Medikamenten und Elektrolyten.

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Alle arbeiten Hand in Hand, um diesen Trip in die Dörfer der am stärksten vom Erdbeben betroffenen Region möglich zu machen – Sindhupalchok. Als wir endlich alles beisammen haben, quetschen wir uns mit den ganzen Hilfsgütern und elf Leuten in den Jeep. Es ist nicht daran zu denken mit dem Scooter zu fahren, denn es regnet ununterbrochen und die Straßen sind schlammig. Wir fahren durch die Straßen und sehen schnell die ersten zerstörten Häuser, Suchtrupps, und Menschen die im Regen immer noch im Freien kampieren… Wir sind alle sehr betroffen, und wissen nicht, was uns erwartet, wenn wir erst mal aus der Stadt raus sind und die Dorf Region erreicht haben. Immer weiter dringen wir vor und sehen immer mehr zerstörte Häuser. Teilweise sind es einfache Lehmbauten von denen nicht viel stehen geblieben ist. Auf dem Weg begegnen uns Menschentrauben, die versuchen den Jeep zum Anhalten zu bringen und an die Hilfsgüter zu kommen. Diese Menschen sind verzweifelt und haben seit Tagen nichts mehr gegessen, geschweige denn eine Hilfsorganisation bisher zu Gesicht bekommen. Wir schaffen es irgendwie durch die Menschentraube hindurch zu fahren, ohne direkt im ersten Dorf ausgeraubt zu werden. Unsere Hilfsgüter sind für die Dörfer weiter im Hinterland bestimmt. Nach wenigen Metern aber entscheiden wir uns anders. Wir halten an und verteilen etwas von den Nahrungsmitteln. Diese Menschen sind eben auch in Not! Wir müssen aufpassen, dass wir nicht überrannt werden. Wie aus dem Nichts tauchen von überall Menschen auf, die Hunger haben. Und Menschen die seit Tagen nichts mehr gegessen haben und so verzweifelt sind, sind zu allem bereit. Das wissen wir, dementsprechend gehen wir mit Bedacht vor. Wir schaffen es, dass die Menschen sich ganz ordentlich in Reih und Glied vor unserem Jeep aufstellen und von der Ladefläche heraus verteilen wir an jeden drei Hände voll von dem Reis und eine Packung Kekse. Der Reis wird in Pullover, Hemden, umhänge Tücher geschüttet…

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Wir fahren weiter. Sehen unterwegs mehr zerstörte Häuser, Erdrutsche, und über all Menschen die hilflos vor ihren zusammengebrochenen Häusern sitzen.

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Gegen Mittag erreichen wir das Dorf, indem Gokul und Prakriti noch einen Tag vor dem Erdbeben herzlich bewirtet wurden. Auch hier verteilen wir den Reis und die andern Lebensmittel direkt aus dem Jeep heraus. Auch eine kleine Erste Hilfe Station eröffnen wir, in der wir Medikamente austeilen und kleinere Wunden verbinden. Das macht die Medizinstudentin hervorragend.

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Dann bilden wir ein Komitee von sieben Dorfbewohnern, denen wir weitere Säcke in ihre Obhut geben. Diese Nahrung ist für die Menschen in den umliegenden Dörfern bestimmt, die nur zu Fuß zu erreichen sind. Nachdem alle versorgt sind, besuchen wir noch die Hausruine des Dorfältesten. Seine Kuh liegt im Sterben. Denn der Stall ist über ihr zusammen gekracht. Das Tier leidet fürchterlich, man sieht es. Aber eine Kuh zu töten ist in der hinduistischen Religion ein Tabu. Und so wartet man ab, bis das Tier elendig krepiert.

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Auch die Näherinnen von SHAKTI MILAN BAGS wollen unterstützen und so haben wir kurzerhand aus Reissäcken keine Taschen genäht sondern Planen. Diese Planen konnten wir nun nutzen um die minimalistischen Unterschlüpfe der Menschen ein wenig zu bedecken.

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Als wir abreisen, bekommen wir noch Tee angeboten. Es ist mir unangenehm von diesen Menschen, die gar nichts mehr haben,  auch noch Tee anzunehmen. Aber das sind die Regeln der Gastfreundschaft. Wir sind schon zur Abfahrt wieder in den Jeep geklettert, als wir anfangen die mitgebrachten Plastikfolien und einige Kleidungsstücke noch zu verteilen. Die ruhige und gelassene Stimmung ändert sich schlagartig und es wird erbittert um Kleidung und Plastikfolien gekämpft. Wir geben, was wir können und dann geben wir Gas, um der Menschenmenge zu entkommen.

Auf dem Rückweg kommen uns weitere Hilfstransporte und Rettungsteams entgegen. Wir waren die ersten, die in diese Dörfer vorgedrungen sind, aber jetzt langsam setzt sich die Welle der Hilfsdienstleistungen in Bewegung und kommt auch in den abgelegenen Dörfern an. Auch sind jede Menge Journalisten unterwegs, die nach Bildern und Storys suchen.Gokul und ich geben dem italienischen Sender TG2 ein Interview (ab Minute 2:25, leider ohne Interview)

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Und Erdbebentouristen. Einige sind in kleinen Mini Bussen unterwegs um wie im Safaripark die zerstörten Gebäude und das Leid der Menschen zu betrachten. Was für ein Tag!

Der Mann, dem seine Frau durchgebrannt ist

Wir starten den Tag mit dem 2. Teil des Fotowettbewerbs zum Thema „Freunde“ und „Posing“. Wir haben neue Batterien bekommen und alle 5 Kameras laufen. Bis zum Nachmittag erwarten wir die Fotos, um dann direkt die schönsten Bilder zu küren und die Preise zu vergeben. Die Kids haben sichtlich Spass dabei, sich gegenseitig zu fotografieren und dabei entsprechende Hintergründe auszusuchen.

Malen können wir heute nicht, denn die Farbe ist noch nicht angekommen. Also machen wir eine kleine Wanderung in den Hügeln mit Sidi, unserem Guide. Wir kommen noch an weiteren Dörfern vorbei und machen Rast auf dem Hof einer kleinen Schule. Dort sitzen jede Menge kleine Rotznasen in der Sonne mit ihrem Lehrer über ihre Hefte gebeugt. Als sie Oliver erblicken, kriegen sie ein bisschen Schiss. Sehr skeptisch werden wir beäugt und nach und nach versuchen sie möglichst viel Distanz zwischen sich und uns zu bringen. Wir wandern weiter, aber leider sind die Berge heute Wolkenverhangen und außer vielen Hirsefeldern sowie Büffel- und Ziegenherden ist nicht viel zu sehen. Also kehren wir um, damit wir noch Mittagessen können, bevor wir rechtzeitig zum Schulschluss die Fotos prämieren können. Heute ist Freitag und da geht die Schule nur bis 14 Uhr.

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Angekommen an unserem Kochzelt, platzen wir in eine kleine Menschentraube, die aufgeregt diskutieren. Auch unsere Hausmutter ist dabei. Sidi erklärt uns später, dass ein Mann nach 10 Jahren Arbeit in Malaysia gerade ins Dorf zurückgekehrt ist, um zu erfahren, dass seine Frau in der Zwischenzeit mit einem anderen Mann und dem Geld durchgebrannt ist, das er nach Hause geschickt hat. Die beiden Kinder hat sie dagelassen. Das ist ein großes Thema und wird auch noch abends am Feuer weiter diskutiert.

Die Preisverleihung für die besten Fotos ist wieder eine große Sache. Alle Gruppen versammeln sich auf dem Dorfplatz in Reih und Glied. Oliver sagt kurz was zu den Bildern und dann dürfen sich wieder alle einen Preis aussuchen, allen voran die Gewinnergruppe. Die Kinder sind so schüchtern, dass es ewig dauert, bis sie sich trauen, einen Preis aus der Schüssel zu fischen.

Wir ein paar Beispiele der Freunde und Posing-Fotos:

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Vor dem Abendessen machen wir noch eine Runde durchs Dorf. Wir gehen zum Waisenhaus und spielen mit den Kindern. Sie haben jeder ein Bild für uns gemalt und übergeben es stolz an uns. Wir haben ihnen einen Ball und Ritsch-Ratsch-Zaubertafeln mitgebracht. Die Kinder sind klasse. Sie spielen super zusammen, unterstützen sich gegenseitig und sind in der Lage aus wenig viel zu machen. Ruck zuck haben sie einen Weidenkorb gefunden, ihn an die Wand gehangen und dann konnten wir Basketball spielen. Als wir uns verabschieden, geben sie uns den Ball und die Tafeln ganz selbstverständlich wieder zurück. Große Freude, als wir sagen, dass das Geschenke sind.

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Anschließend schauen wir auch noch im Blinden-Hostel vorbei und singen mit den Kindern. Oder besser: wir lassen uns was vorsingen. Sie können wirklich gut und vor allem laut Nepali-Lieder singen.

Zum Abendessen sind wir heute bei unserer Hausmutter eingeladen. Sie ist auch die Chefin der örtlichen Frauengruppe. Das wird ein lustiger Abend. Wir hocken auf dem Boden in ihrer kleinen Lehmküche, während sie Dal Bhat auf dem offenen Feuer kocht. Es kommen noch ein paar andere Frauen vorbei und wir essen in gemütlicher Runde ein köstliches Dal Bhat mit irgendeinem Gemüsecurry.

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Wie knackt man sehr schüchterne Schüler

Früh am Morgen steht Oliver auf, um den Sonnenaufgang anzuschauen. Ich bleibe lieber im Bett, klaue mir seinen Schlafsack und mache es mir gemütlich. Die einzige Wärmequelle ist hier die Sonne und bevor die nicht aufgegangen ist und scheint, stehe ich besser nicht auf.

Nach dem Frühstück kommen neue Batterien für unser Digitalkameras mit der Eselkarawane ins Dorf. Aber leider ist die Qualität schlecht und die Kameras funktionieren damit nicht. Also machen wir Nepali-Style und ändern unseren Plan für den heutigen Fotowettbewerb. Das Thema des Tages ist „Freude“ & „Posing“ und wir dehnen es einfach auf 2 Tage aus, so dass die 5 Gruppen nacheinander mit den 2 noch funktionierenden Kameras herumlaufen können.

Die erste Preisverleihung für das Kameraprojekt steht an. Die Kinder haben viele und tolle Bilder geschossen und es sieht so aus, dass das Projekt Spaß bringt. Die Lehrer holen die beteiligten Gruppen auf den Dorfplatz und wir haben aus unseren diversen Schätzen, die wir mitgebracht haben, einige ausgelegt und so können nacheinander die Sieger und folgenden Gewinner sich was nehmen. Leichter gesagt als getan. Bis wir uns die Lehrer die Kinder bewegen sich etwas zu nehmen, bedarf es vieler Worte und Bitten.

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Hier ein paar Fotos der Kinder:

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Nachdem wir das erledigt haben, nehmen wir unsere Malerarbeiten wieder auf. Heute soll die Brücke gestrichen werden. Dafür müssen wir erst eine Grundierung auftragen. Irgendwie sieht das aber merkwürdig aus. Und nach ein paar Minuten bilden sich komische Klümpchen dort, wo wir schon Farbe aufgetragen haben. Der Oberbaumeister kommt, guckt sich das Werk an und diagnostiziert: Farbe abgelaufen, wir streichen die Brücke später. Erst muss neue Farbe mit der Eselkarawane kommen.

Okay, also streichen wir weiter die Türen und Fenster der Schule von Außen. Drinnen in den Klassenräumen wird unterrichtet und wir lernen quasi mit. Die Türen stehen sowieso auf und immer, wenn eine Ziegenherde oder eine Büffelherde vorbeikommt, schaut die Hirtin kurz auf ein Schwätzchen mit dem Lehrer vorbei, bevor sie mit der Herde weiterzieht. Ist hier alles nicht so streng. Irgendwann ruft dann von Drinnen jemand nach Oliver. Es ist Chhitij, der blinde Lehrer. Er unterrichtet gerade „Unsere Welt“ und dazu haben sie eine Frage: „Wie viele Länder hat die Erde?“ Zum Glück haben sie nicht mich gefragt. In Erdkunde bin ich eine Niete und Oliver richtig gut. Er bleibt dann auch gleich noch in der Klasse und macht ein bisschen Unterricht.

Am Nachmittag steht dann Unterrichten auf dem Programm. Oliver geht in die Klasse 7 und ich gehe mit Sidi in die Klasse 8. Das Thema: „Konversation mit Touristen“. Das ist echt eine Herausforderung, denn die Schüler sind extrem schüchtern und kriegen den Mund nicht auf. Sie hüpfen nervös von einem Bein aufs andere, verbergen ihr Gesicht hinter einem Berg von Schulheften, kichern nervös und mehr kommt nicht. Wirklich mühsam. Wir erklären ihnen dann so Basics wie: „you are very fat“ ist keine gute Art mit Touristen ins Gespräch zu kommen.

Oliver sitzt auf einem Stein am Dorfplatz und ist frustriert. Die Probleme mit den Kameras, der Unterricht, der jetzt auch kein super Lauf war… alles Doof. Ein paar Jungs spielen Volleyball und wir gehen mitspielen. Eigentlich hasse ich Volleyball, aber Oliver macht das gerne und spielt dementsprechend gut. Nach einer Weile setze ich mich an den Spielfeldrand zu den Mädchen und überlasse dem örtlichen Baumeister Rashu und ein paar Lehrern meinen Platz auf dem Spielfeld. Und dann kommt der Durchbruch. Oliver und die Jungs haben ein super Spiel und die Mädchen bestürmen mich mit Fragen. Auf einmal gar nicht mehr schüchtern, erklären sie mir, was Oliver ihnen im Unterricht beigebracht hat. Alle wollen ein Selfie mit mir und am Ende kommt die Lehrerin und bittet uns in den anderen Klassen auch vorbei zu schauen. Jetzt wollen sich alle Kinder mit uns unterhalten. Puh!

 

Erdbeben, Schule streichen und Fotoprojekt gestartet

Die Sonne war bereits voll aufgegangen, als wir aufstehen. Der Morgen war so schön, dass wir zum Ausblick links gehen und den Tag mit einer Runde Qigong beginnen. Die Gebirge im Rücken, das komplett mit Wolken verhangene Tal unter uns und ein Adler über uns. Besser geht’s nicht. Um uns herum arbeiten die ersten Frauen in den Hirsefeldern, erste Esel-Karawanen ziehen ins Tal und die Kinder mit weiterem Schulweg laufen durch die Felder.

Heute ist unser zweiter ganzer Tag im Dorf und der erste alleine nur mit dem Guide Sidi Everest. Bhagwan und Luisa brechen gleich auf ins Tal um die Fahrt nach Pokhara anzugehen. Da bleiben wir doch viel lieber hier, als nun 8h Bus zu holpern.

Beim Frühstück erfahren wir, dass es letzte Nacht ein Erdbeben gab. Kerstin und ich schauen uns an und meinen nur, dass wir dann wohl einen guten Schlaf haben. Wir haben nichts mitbekommen und auch sonst ist nichts passiert.

Um 10:00 Uhr ist es nun soweit, das Fotoprojekt soll starten. Zuhause habe ich mir überlegt, dass Kinder es lieben Fotos zu knipsen und dann insbesondere diese auf dem Bildschirm anzuschauen. Und darum hatte ich mir überlegt, ein paar einfache Digitalkameras zu kaufen und damit zu versuchen, auch mit den blinden Kindern in Zusammenarbeit mit sehenden Kinder ein Fotoprojekt zu starten. Gestern hat Bhagwan die Lehrer eingeweiht und diese haben eine Liste erstellt, mit fünf Gruppen zu fünf Kindern für meine fünf Kameras. Vielen lieben Dank an die Avides AG, die mir die Kameras freundlicherweise gespendet hat, nachdem sie von meinem Projekt erfahren hatten.

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Der Schultag beginnt immer erst mit der Versammlung aller Kinder, kleiner Leibesübung in Reih und Glied und dem gemeinsamen singen der Nationalhymne. Anschließend stellen ein paar Kinder eine Frage an die Gruppe, die diese beantworten soll. Dies ist ein Teil der Hausaufgaben. Dann geht es in die Klassen und die Lehrer trommeln die fünf Gruppen für das Fotoprojekt zusammen. Kerstin und ich haben uns ausgedacht, dass wir mit dem Thema Tiere beginnen. Nun bekommt jede Gruppe einzeln das Projekt erklärt und eine Einweisung in die Kamera mit Hilfe von Sidi. Die Kinder haben nun bis 15:00 Uhr Zeit, die Fotos in der Gruppe zu machen. Kerstin und ich sind sehr gespannt, ob die Kinder alles verstanden haben und es auch wirklich machen. Sie sind so schüchtern und man weiß immer nicht, ob sie alles verstanden haben. Die Lehrer haben uns versichert, dass sie die Zeit dafür bekommen. Natürlich schauen Kerstin und ich den ganzen Tag, ob wir eine Gruppe mit Kamera sehen, aber leider nein.

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Okay, Projekt ist gestartet und nun heißt es „Unsere Schule soll bunter werden“ und so fangen wir an die Fenster und Türen des alten Schulgebäudes anzustreichen. Der Baumeister vom Dienst Rashu drückt uns Farbe und Pinsel in die Hand und zeigt, was welche Farbe erhalten soll und wir machen uns an die Arbeit. Nach guten zwei Stunden ist fast alles fertig und wir dürfen / müssen zum Mittagessen, Sidi hat Fried Rice fertig. Schön in der Sonne mit Blick über den Dorfplatz speisen wir und halten immer wieder Ausschau nach Gruppen mit Fotoapparat. Nichts zu sehen.

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Daraufhin genehmigen wir uns erstmal einen Mittagschlaf. Plötzlich Radau und eine Horde Kinder stürmt unsere Honeymoon-Suite im Ersten Stock. Kamera defekt. Erster Gedanke Mist, das kann ich nicht gebrauchen, zweiter Gedanke die Kinder sind unterwegs. Super. Ich schaue mir die Kamera an und muss leider feststellen, dass die Batterien alle sind und ich vergessen habe, neue mitzunehmen. Kerstin springt ein und stellt ihr Handy (und sich) zur Verfügung und jagt mit den Kindern durchs Dorf, von Huhn zu Kuh zu Ziege zu Hund und die Papageien nicht vergessen. Ich fange an alle Kabel zusammenzusuchen und mich bereit zu machen für die Rückkehr der Fotografen-Gruppen.

Und da ist die erste Gruppe auch schon und ich lade die ersten Fotos auf den Rechner, unterteilt nach den Gruppen A-E. Alle sind sie gespannt, wie die Bilder aussehen und die Gruppe mit Kerstin kommt auch gleich. Jetzt wird es eng um mich herum. Natürlich sind nicht nur die Kinder, die in den Fotogruppen unterwegs waren, interessiert sondern auch alle anderen Kinder versammeln sich um mich herum. Schnell habe ich eine große Traube an Kindern vor, neben und über mir. Ich lade die Bilder hoch und zeige sie sofort. Tolle Bilder und viele Bilder. Ich bin begeistert. Die Gruppe mit den erblindeten Kindern hat ganze 70 Fotos geschossen, die anderen Gruppen 41, 40 und 25. Leider konnte eine Gruppe keine Fotos machen, auch nachdem wir sie nochmals losgeschickt haben.

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Während ich die Fotos wieder und wieder zeigen darf, steht meine neue Freundin Anju hinter mir und flechtet mir einen Zoff, was besonders Kerstin köstlich amüsiert. Ich spüre, wie ich von Minute zu Minute hübscher werde und die Kinder um mich herum bestätigen, dass ich ramro aussehe und kichern.

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Mit Hilfe von Sidi erklären wir den Kindern, dass wir morgen um 10:00 Uhr die Sieger bekannt geben und ich beende den kleinen Kinderauflauf und kann wieder durchatmen.

Später setzen sich Kerstin und ich zusammen und schauen die Fotos an und markieren die schönsten Schnappschüsse. Interessanterweise gibt es auch Interpretationen des Themas, was wir natürlich auch bewerten. Hoffentlich kommen morgen die Batterien an, damit wir einen nächsten Projekttag starten können.

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Auch Kerstin hat eine neue Freundin. Monissa aus dem Blindenheim. Sie hat ihr versprochen abends vorbei zu schauen und so verbringt sie die Zeit bis zum Abendessen mit den Kindern im Blindenheim. Die können erstaunlich gut Englisch und gemeinsam wird gespielt und gesungen.

Grundlagen schaffen

Heute sind meine drei Mitbewohnerinnen abgereist. Das hat mir sozusagen ein Upgrade verschafft und ich bin von meinem Bett hinter der Couch im Wohnzimmer ins Schlafzimmer gezogen und habe mir das Beste der drei Betten ausgesucht ;-).

Den ganzen Nachmittag habe ich mich über die sturmfreie Bude gefreut. Jetzt, am Abend, finde ich es ganz schön langweilig und vermisse das Geplapper der anderen Mädels.

Am Vormittag habe ich mich in Gokuls Büro ausgetobt. Alles, was er mir erzählt hat und was wir gemeinsam erarbeitet haben, habe ich versucht zu strukturieren und auf Postern darzustellen. Jetzt ähnelt sein Büro eher einem war-room. Und so langsam nimmt alles Gestalt an.

Auf der Suche nach einer Idee für ein Social Business habe ich den ganzen Nachmittag mit Oliver hin und her überlegt.

Eine Stadttour durch Kathmandu, bei der wir einen Einblick hinter die Kulissen und in diverse soziale Projekte geben, könnte man sofort realisieren. Arbeitstitel: „inside Kathmandu- Social experience“.

Mit einer kleinen Start-Finanzierung könnten wir vielleicht auch eine Taschenproduktion aus Plastikmüll oder anderen recycelbaren Materialien starten. Hier würden wir das kopieren, was es in anderen Ländern bereits gibt. Hier vielleicht auch, aber ich habe es bis jetzt noch nicht so häufig gesehen. Auf jeden Fall sehe ich seit heute Nachmittag die Müllberge am Straßenrand in einem ganz anderen Licht ;-).

Für ein eher langfristiges Business hatten wir eine Logistikdienstleistung angedacht, also frühe Schritte des E-Commerce. Hier scheint es aber bereits erste Initiativen zu geben. Vielleicht müssen wir noch einmal neu überlegen.

Falls Ihr Kommentare oder weitere Ideen habt, dann ist das herzlich Willkommen! => Ideen-Tafel

Wenn morgen hoffentlich der Strom der Verwandtenbesuche abebbt, habe ich vielleicht eine Chance alle Ideen mit Gokul einmal durchzusprechen.

Ansonsten habe ich heute die Kinder der Familie beim Kniffel spielen haushoch geschlagen. Pädagogisch vielleicht nicht sehr wertvoll, aber mir hat es ein Riesenspaß gemacht. Ich weiß nicht wie lange ich schon kein Kniffel mehr gespielt habe. 20 Jahre? Wahrscheinlich länger ;-).

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