Hochzeit, Love Letter und der Tod

Unsere Nachbarin Viola ist heute morgen Richtung Swaragau aufgebrochen. Sie hatte kurzfristig die Möglichkeit bekommen an einem Trek ins Dorf teilzunehmen und wir haben sie natürlich aktiv dazu überredet, dem Dorf, in dem wir 10 wundervolle Tage verbracht haben, einen Besuch abzustatten.

Am Frühstückstisch besprechen wir den Tag und lassen natürlich den gestrigen Abend in Bollywood nochmals Revue passieren. Es war also doch kein Traum und übrigens habe ich 10.000 Rupien in der Tasche. Was machen wir denn nun mit dem plötzlichen Geldsegen? Kerstin erinnerte mich an die Kinder unten im Erdgeschoß, die immer so brav auf einer Matte vor dem Haus in der Sonne sitzen, um sich aufzuwärmen. In Kathmandu ist der Winter eingebrochen und so sind die Zimmer ohne Heizung sehr ausgekühlt. Daher beschließen wir ein Heizgerät von dem Geld zu kaufen. Natürlich erinnern wir uns an die Zeiten am Edersee im Campingzelt, wo mit einem Heizaufsatz auf einer Gasflasche geheizt wurde. Sowas stellen wir uns vor und berichten Gokul und Prakriti von unserer Idee, die freudig angenommen wird. Gesagt getan, nehmen wir uns vor, heute mal zu schauen, wie weit das Film-Budget reicht.IMG_4588

Nach dem Frühstück geht es zum Pashmina-Händler, um unsere Fundstücke abzuholen. Leider oder zum Glück gibt es keine neue Ware und wir packen alles zusammen und freuen uns über das kuschelweiche Paket. Auf dem Rückweg halte ich bei einem Haushaltswaren-Laden an und erkunde die Heizgeräte. Gleich fällt mir eine Variante mit Gas und Strom auf, in die man die Gasflasche komplett hineinstellen kann. Ich erfrage den Preis und wir marschieren weiter in den nächsten Supermarkt, um Klopapier zu kaufen. Dabei fällt uns ein leerer Reissack mit dem Elefantenmotiv auf und ich schnappe mir direkt das extrem rare Stück und frage an der Kasse, ob ich den Sack mitnehmen darf. Die Kassiererin schaut mich staunend an und nickt nur. Lange nicht mehr soooo viele Fragezeichen in den Augen eines Menschen gesehen. Zu Hause zeigen wir Stolz unser Fundstück und berichten Gokul über die Heizgerät-Recherche. Er fragt mich sofort, ob es ein Gerät aus China oder Indien wäre und ob es Garantie gibt. Schon war mir klar, dass ich wohl doch noch nicht mit allen Nepali-Wassern gewaschen bin und das nächste Mal besser direkt mit Gokul losziehe.

Was klopft da eigentlich den ganzen Tag auf dem Dach? Ich steige die Rundtreppe hoch und sehe zwei Nepali mit einem Stock auf einen Haufen Füllstoff einprügeln. Heute ist Matratzen-Auffrischungstag. Mit Stöckern wird das Füllmaterial durch Schläge wieder fluffig gemacht. Alles Handarbeit hier in Nepal.

IMG_4580Prakriti berichtet von ihrem Besuch bei Sunita und dem engagierten Einsatz, insbesondere die neuen Labels in die Taschen zu nähen. Es geht ein Strahlen über Kerstins und Prakritis Gesicht. Die Mädels haben alles im Griff!

Des Weiteren verkündet mir Gokul, dass sein Vater ihm mitgeteilt hat, dass er mich als seinen neuen Schwiegersohn ansieht. Dies ist eine große Ehre für mich und ich bin ganz gerührt. Somit sind Kerstin als neue Tochter und ich als neuer Schwiegersohn offiziell Mitglieder der Familie Subedi. Ich freue mich ein Teil der Familie zu sein.

Auf geht es zur Hochzeit des Sohnes des Bruders der Mutter oder was weiß ich. Auf jeden Fall Familie. Rauf auf den Motorroller und ab durch den Staub. In einem kleinen Gewerbegebiet auf einem Innenhof steht ein großes Zelt mit mehreren Reihen Plastikstühlen und ersten Gästen. Eigentlich sind wir davon ausgegangen, dass wir mindestens 2 Stunden zu spät sind, aber hier gilt mal wieder Nepali-Zeit. Die Party fängt gerade erst an. Wir begrüßen erste uns bekannte Menschen und setzen uns. Gleich stürmt eine Gruppe Kinder auf uns zu und die üblichen Fragen auf Englisch prasseln auf uns ein. Immer wieder schön zu sehen, dass die Kinder den Mut haben und anzusprechen. Kerstin holt ihre Wunderwaffe heraus: Seifenblasen. Das wirkt in jedem Alter und die Kinder ziehen mit der Flasche ab.

IMG_9134IMG_4598IMG_3166IMG_9135 IMG_9144 IMG_9142 IMG_9137 Was passiert jetzt hier? Das Brautpaar hatte bereits gestern eine große Feier in enger Familienrunde, an der wir aus terminlichen Gründen nicht teilnehmen konnten. Heute darf jeder kommen und eigentlich warten alle nur auf die Eröffnung des Buffets. Aus irgendwelchen Gründen wurde das Buffet in zwei Teile geteilt: Vegetarisch und Fleisch. Das hatte zur Folge, dass sich bei Fleisch in Millisekunden eine Schlage von min. 50 Menschen bildete und Vegetarisch sofort zu erreichen war. Gerne wäre ich natürlich an die Fleischtheke gegangen, aber das hatte sich nun erledigt. Zwischendurch stibitzt Gokul mit gegrilltes Huhn von der Fleischtheke, weil er wohl Angst hatte, das ich verhungere 😉 Als wir mit dem Essen fertig waren, war auch unsere Anwesenheit nicht mehr nötig und verließen die Feier mit einem Foto mit dem hübschen Brautpaar. Dies hat der offizielle Fotograf sich natürlich nicht entgehen lassen, denn ein Bild mit den einzigen Weißen muss natürlich auch ins Hochzeitsbuch.

IMG_9150Auf nach Old-Town um die Love Letter abzuholen. Doch leider waren diese trotz Zusage nicht vor Ort und das war definitiv die falsche Information. Prakriti ließ sich sofort den Chef per Telefon geben und hat ihn durch Telefon mal kurz in den sandigen Boden gestampft. Kerstin und ich haben zwar kein Wort verstanden, aber wir beide lächelten uns nur an und waren erfreut, wie sie sich für die Sache einsetzt. Weiter so!

IMG_4601 IMG_4603Gokul und ich fahren noch weiter, um nach einem Heizgerät in Old-Town ausschau zu halten und die Frauen fahren nach Hause. Wir schlängeln auf dem Mottorrad durch engste überfüllte Gassen, bis wir direkt vor dem Eingan eines Elektrohändlers halten. Ich gehe ein paar Läden weiter, während Gokul mit dem Besitzer fachsimpelt. Irgendwie scheinen hier die Preise mindestens auf dem Niveau wie bei uns im Viertel zu liegen. Da wollen wir lieber den Händler vor Ort unterstützen und wir haben kein Transportproblem. Gesagt, getan und ein Heizgerät bei uns im Viertel gekauft und es war auch noch das besseres Gerät aus Indien inkl. Garantie. Perfekt!

IMG_3168Gokul möchte uns noch etwas besonderes zeigen und wir fahren zum Pashupatinath Tempel, da wo die Hindus die Toten verbrennen. Leider sind wir etwas spät dran und bekommen nur noch den Schluss der Zeremonie mit. Wir suchen uns noch ein weiteres Plätzchen, um die Stimmung dieses besonderen Ortes auf uns wirken zu lassen. Wieder sehen wir, wie eine (fast) Tote auf die Verbrennung vorbereitet wird und bekommen auch mit, wie ein neuer Toter per Sarg (wahrscheinlich direkt vom Flughafen aus z.B. einem arabischen Land) gebracht wird.

IMG_9156 IMG_9165 IMG_9175 IMG_9176 IMG_9183 IMG_9186 IMG_9205 IMG_9212Wieder zu Hause sitzen wir noch bei Gokul und Prakriti auf dem Bett und arbeiten weiter am Projekt. Krishna ist ebenfalls anwesend und es entwickelt sich ein Karriereberatungsgespräch zwischen Krishna und Kerstin. Leider konnten wir hier nicht schnell zu einem Resultat kommen.

Bollywood is calling

Wir starten mit Shopping. Es geht zum Pashmina-Hersteller, gleich um die Ecke, natürlich auch ein Bekannter von Gokul. Vor Ort sehen wir ein bisschen Produktion und erfahren etwas über die verschiedenen Qualitäten, verhindern aber, dass der Inhaber einen fertigen Schal per Feuerprobe anzündet, um uns die Qualität zu präsentieren.

IMG_4555 IMG_4558Genug geredet, ran an die Schals. Zweidrittel der Motive können wir schnell ausschließen, denn sie sind zu bunt. Aber natürlich finden wir erste schöne Stücke und es bildet sich ein Haufen. Der Inhaber zeigt uns noch einen weiteren Raum, inklusive Teppichen und Tagesdecken. Die Qual der Wahl beginnt (aber Teppich wollen wir nicht). Und dann ist ja bald Weihnachten, also noch ein paar Extrastücke. Bevor wir unseren Einkauf abschließen können, erfahren wir, dass unser Lieblingsstück zu morgen auch noch in anderen Farben möglich wäre. Also lassen wir die Haufen durchkalkulieren und zurücklegen, mal schauen, was morgen Früh sonst noch zu finden ist. Leider ist bereits jetzt das Budget überschritten.

IMG_4557Prakriti ist in der Zwischenzeit in Sachen Taschenproduktion unterwegs. Auf der einen Seite stattet sie unsere neue Wunderwaffe Sunita mit Reissäcken und Cover-Plastik aus, andererseits holt sie die Labels ab. Unsere Labels sind fertig, sehr aufgeregt bestaunen wir unser Erkennungszeichen. Wieder ein wichtiger Schritt zum Erfolg.

Nach dem Mittagessen gehe ich mit Gokul noch Bücher für Swaragau kaufen, denn morgen will Bhagwan mit einigen Leuten zum Dorf. Deshalb gehen Kerstin und ich danach noch zum Karmalaya-Haus und übergeben Bhagwan die Dokumentation zum Dorf, die Luisa und Kerstin geschrieben und ich mit Bildern angereicht habe. Auch sind die Fotos fertig und Krishna bringt sie vorbei, sodass Bhagwan diese auch gleich mitnehmen kann, wie auch die Kameras mit neuen Batterien, die restlichen Medikamente, die wir nicht mehr benötigen und was sonst noch ins Dorf kann. Es ist schön noch ein wenig für dieses tolle Dorf tun zu können.

Es ist inzwischen 15 Uhr und wir müssen schnell nach Hause, denn der nächste Termin steht an, die Wool-Lady. Um halb vier soll es losgehen. Doch erstmal müssen sich alle hübschen, insbesondere Prakriti fängt jetzt erst mit duschen an. Also Nepali-Zeit und um 17 Uhr fahren wir per Taxi zur Wool-Lady. Trotz der späten Stunde, können wir vor Ort einigen Arbeiterinnen bei der Arbeit zuschauen. Die Räumlichkeiten erinnern mich an eine chaotische Lagerhaltung, was aber wohl weniger mit dem System zu tun hat, welches ich aus dem Lager großer Händler in Deutschland kenne 😉 Natürlich wollen wir auch einige Dinge für unser Taschenprojekt lernen und fragen den anwesenden Sohn Löcher in den Bauch, von Produktion bis hin zum Versand.

IMG_4561Bevor es zum gemeinsamen Essen geht, betreten wir noch den Showroom und erneut beginnt eine Runde Shopping, denn auch hier scheint der Weihnachtsmann zugegen zu sein. Kerstin darf sich einen Hut und einen Schal als Geschenk aussuchen, ich einen Schlüsselanhänger. Habe ich was verkehrt gemacht? Egal. Wir finden noch ein paar Weihnachtsgeschenke und –deko, bezahlen und verlassen das große Anwesen um einige Schritte weiter ins Haus der Inhaberfamilie zu gehen.

Im dritten Stock werden wir in ein Wohnzimmer in der Größe eines Tanzsaals geführt, mit Kristallleuchten an der Decke und schweren Ledersofas, aber auch hier ohne Heizung. Also sitzen wir wieder mit Jacken in der Runde. Erst nehmen wir einen Tee, machen weiter mit Ideenaustausch, dann Essen mit Wein. Prakriti, als perfekte Managerin, dreht das Gespräch dann auch Richtung Taschenprojekt und die Wool-Lady ist begeistert. Ich hole meinen Laptop raus und zeige Bilder der Taschen und vom letzten Shooting. Die Wool-Lady und die Bag-Lady tauschen Tipps & Tricks aus.

IMG_4566 IMG_4568Plötzlich kommt Bewegung in Gokul und wir brechen wieder auf. Nach ausgiebiger Verabschiedung von der Wool-Lady und ihrer Familie unterbreitet uns Gokul vor der Tür eine Neuigkeit. Bhagwan hat angerufen und braucht uns, bzw. mich. Aktuell wird ein Film in Kathmandu gedreht und ich soll mitspielen. Was? Angeheitert durch zwei Glas Wein sagt Kerstin sofort ja und wir machen uns auf den Weg zum Drehort. Erfreulicher Weise ist dieser in einem Restaurant ganz in der Nähe von unserem Haus, natürlich kennt Gokul den Besitzer oder einen Bruder des Besitzers oder auch egal. Froher Erwartung marschieren wir ins Restaurant „Olive & Basil“ und Kerstin fragt gleich, wo denn die ganze Filmtechnik und –Crew sei. Na ja, eben noch nicht da, aber wir seien richtig. Ein, zwei Telefonate und wir entscheiden uns Platz zu nehmen. Plötzlich taucht ein neues Gesicht auf und er stellt sich als Organisator für den Film vor. Nun bekommen wir erste Infos. Es geht um einen Nepali, FunnyGuy, der in Australien gelandet ist und in einem Restaurant arbeitet. Ich soll nun den Restaurantbesitzer spielen, der genervt ist vom FunnyGuy und ihn feuert (wie gut, dass ich eine HR-Beraterin bei mir habe 😉 ). Das heißt, es geht nicht um eine Statistenrolle, sondern eine richtige Rolle mit Sprechanteil. Wie hoch ist nochmal die Gage?

Als nächstes kommt ein Kleintransporter und es kommt Leben ins Lokal. Es stellt sich nun der Regisseur vor und später kommt auch noch der Produzent, ein Nepali aus Australien. Wir erfahren weitere Dinge zum Film und sehen das Drehbuch.

Wir fassen zusammen: Wir sind nicht mehr in Nepal sondern in Australien und ich bin ein australischer Restaurantbesitzer, der einen Nepali feuern soll und es ist eine Sprechrolle und somit gibt es Text, den ich sagen muss, in Englisch (möglichst mit australischem Akzent) und bitte auch lustig, denn es ist eine Art Komödie. Alles kein Problem, einen Mojito bitte. Sollen wir Sandra in Australien anrufen, für eine Sprechübung?

In der Zwischenzeit wird die komplette Küche aus- und umgeräumt und insbesondere gesäubert (hoffentlich müssen sie nicht noch streichen). Wir sind bereits über eine Stunde im Restaurant und uns wird gesagt, in ca. 15 Min geht es los. Nepali 15 Min natürlich. Doch dann kommt doch noch Bewegung rein, ich soll zur Maske und wir wechseln in die nähere Umgebung des Drehorts. Ein Schauspieler wird gerade bearbeitet und ich werde dem Visagisten vorgestellt. Er schaut mich an und sagt ich bräuchte keine Maske. Einen schönen Mann… Nun taucht auch der Casting-Direktor Bhagwan auf und zwei weitere Volunteers von Karmalaya. Langsam bereite ich mich auf meine Rolle vor und mache erste Gesichtsübungen und bestell noch ein Bier.

IMG_9049Dann geht es los und der Regisseur holt mich und braucht plötzlich noch eine Frau für die erste Szene an der Rezeption. Wer könnte das besser spielen als Kerstin. Für Maske ist nun aber keine Zeit mehr und schwups stehen Kerstin hinter dem Tresen und ich davor. Letzte Anweisungen, was wir sagen und tun sollen, ein kurzer Probelauf und die Klappe fällt. Inhalt der Szene ist, dass ich meine Rezeptionistin frage, wo der FunnyGuy ist und erfahre, dass er sich in der Küche befindet, worauf ich erschrocken in diese eile. Die dritte Klappe ist es und die Crew ist zufrieden. Licht und Kamera werden eingepackt und es geht in die Küche. Hier treffe ich das erste Mal den FunnyGuy.

IMG_9072 IMG_9081 IMG_9083Folgendes soll hier passieren: Er steht an einem Tisch und schneidet Gemüse und singt und träumt dabei von einem Mädchen. Dann schubst er ein paar Abfälle in den Mülleimer und kickt diesen durch den Raum. Das bekomme ich mit, bin erzürnt und schmeiße ihn nach einem kurzen Wortwechsel raus. Dies wird in diverse Kameraperspektiven verpackt, sodass ich teils nur mit Stimme agiere, bis hin, dass ich in der Totalen gezeigt werde. Wir haben einen riesigen Spaß, auch wenn alles ganz schön viel Zeit benötigt.

Okay, dass mit dem australischen Akzent habe ich nicht wirklich hinbekommen, aber wenn ich meinen Manager Gokul wiedergeben darf, so war die Crew und insbesondere der Regisseur beeindruckt, wie schnell und perfekt und lustig ich meine Rolle gespielt habe. Dem habe ich nichts mehr hinzuzufügen 😉

IMG_4573 IMG_9086 IMG_9093 IMG_9098 IMG_9101 IMG_9102 IMG_9106 IMG_9121 IMG_9123Irgendwann ist alles im Kasten, Kerstin und mein Name werden notiert, der FunnyGuy möchte sich mit mir auf Facebook verknüpfen und wenn nun die Gage noch gezahlt ist, können wir endlich nach Hause. Es ist bereits 24 Uhr. Casting-Manager Bhagwan hat 10.000 Rupien ausgehandelt, also ca. 80 EUR. Nicht schlecht. Doch leider hat der Finanzminister vom Film nur 5.000 R in bar und den Rest als Scheck. Also noch eine Runde hin und her diskutieren und dann findet er doch alles Geld und ich ziehe mit meiner Co-Schauspielerin Kerstin, meinem Casting-Manager Bhagwan, meinem Manager Gokul und meinem Groupie Prakriti nach Hause. Was für ein Tag.

IMG_9125 IMG_9130(Foto von links nach rechts) Manager Gokul, Casting-Direktor Bhagwan, Groupie Prakriti, Co-Schauspielerin Kerstin, Australier Oliver, FunnyGuy, Regisseur Hikmat Bista, Chef-Kameramann, Chef-Beleuchter

Übrigens, der Titel lautet „The Winner“. Wie passend 😉 Und im April soll er in die Kinos kommen. Wir sind sehr gespannt.

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Besuch in Pathan

Wie üblich planen wir am Frühstückstisch den Tag und was wir wann machen wollen. Die To-Do Liste ist lang und so splitten wir die Aufgaben erst mal auf. Oliver zieht direkt nach dem Frühstück mit Krishna los, um die Fotos für Swaragau auszudrucken und Batterien für die Cameras zu kaufen. Wir haben vor, den Blinden- und Waisenkindern jeweils ihre Portraitfotos zu schenken und die Fotos des Fotoprojektes in den Klassenzimmern aufzuhängen. Bei dem Staub und Dreck in Swaragau muss allerdings jedes Foto laminiert werden, damit es eine Überlebenschance hat.

Ich gehe mit Prakriti auf Tour. Zuerst besuchen wir Sunita in ihrem Laden, gucken uns die zweite Tasche von ihr an (leider knistert die und wir können sie nicht verwenden, aber die Näharbeit ist sauber) und machen Bestandsaufnahme, was sie noch an Materialien braucht. Der nächste Stop ist bei einer Frau aus der Kaste der Unberührbaren. Sie hat eine alte Nähmaschine auf der Straße stehen und näht dort. Prakriti hat sie angesprochen, ob sie für uns arbeiten möchte. Nun geben wir ihr eine Tasche als Muster und bitten sie, dass sie die kopiert. Dann sehen wir, wie gut ihre Nähkünste sind und wo sie noch Training braucht. Das größte Problem ist der Dreck auf der Straße. Wenn sie für uns arbeitet, kann sie das nicht auf der Straße machen. Jetzt ist es an der Zeit Goma und die Shakti-Milan-Ladies beim Wort zu nehmen und die Gemeinschaft auch für andere Bedürftige Frauen zu öffnen. Der Raum bei Shakti-Milan ist gut geeignet und unser Nähmaschine wesentlich besser als die der Frau, die übrigens Maghmalli heißt. Wir besuchen auch noch eine andere potenzielle Mitarbeiterin, die wir vom lokalen Bettdeckenfabrikanten empfohlen bekommen haben. Sie hat auch eine Tasche von uns zum kopieren bekommen und jetzt sind wir gespannt auf das Ergebnis. Leider gibt es kein Ergebnis. Die Frau hat schon in der Vergangenheit Taschen genäht und keine Bezahlung erhalten. Aufgrund der schlechten Erfahrungen gibt sie uns einen Korb. Auch okay, immerhin war sie offen und ehrlich zu uns.

Weiter geht es zum Müllhändler. Sunita braucht mehr Reissäcke. Der Müllhändler hat einen ganzen Raum voller sortierter Reissäcke. Ein El Dorado für uns. Leider ist er ein Fuchs. Prakriti hat bereits einmal bei ihm gekauft und jetzt, wo sie wiederkommt und nur bestimmte, ausgewählte Motive haben möchte, verdoppelt er mal kurz den Preis. Vielleicht ist es aber auch mein weisses Gesicht was die Preise in die Höhe schnellen lässt. Wir spielen nicht mit und verlassen ohne Säcke den Laden. Wenige Meter weiter entdecken wir einen anderen Müllhändler. Dieses Mal geht Prakriti alleine rein und ich bewache unseren Scooter. Nach 20 Minuten kommt sie wieder, mit einer tollen Auswahl neuer Reissackmotive und zu einem guten Preis. Der Händler hat jetzt ihre Nummer und wird sie anrufen, sobald sein Vorrat wieder aufgefüllt ist.

IMG_3141 IMG_3142Das war ein erfolgreicher Morgen und wir fahren zum Mittagessen nach Hause. Aber wo sind die Männer? Keine Ahnung. Ama fragt nach Oliver, die Schwestern, Durgha die Lehrerin, alle sind besorgt und ich kann immer nur sagen „Shiriman, chaina“ (Nix Ehemann). Irgendwann gebe ich die Warterei auf und esse Mittag. Kurz darauf kommt Oliver zufrieden um die Ecke. Seine Einkäufe sind erledigt, er ist unterwegs mit Krishna in Bhagwan gerannt, der hat noch einen Freund angerufen und dann ist die ganze Männerrunde erst mal MoMo essen gegangen. Das hat uns aber im Zeitplan etwas zurückgeworfen, denn wir sind für den späten Nachmittag in Pathan mit Valerie verabredet, die auch aus Berlin kommt und seit 4 Wochen bei der GIZ (Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit) in Kathmandu arbeitet. Den Kontakt hat eine ehemalige Kommilitonin von mir vermittelt und nach einigen Telefonaten sind wir jetzt gespannt uns persönlich kennen zu lernen.

Mit dem Taxi machen wir uns auf den Weg in die Nachbarstadt. Wir schauen kurz bei der GIZ vorbei um festzustellen, dass Valerie in einer anderen Zweigstelle arbeitet. Dann verabreden wir uns in ihrem Hotel für den Abend und gehen erst mal auf den Durbar Square (also den ältesten Platz) der ehemaligen Königsstadt Pathan. Auch das ist ein Weltkulturerbe und mit seinen uralten Palästen und Holzschnitzereien sehr beeindruckend und einfach nur schön. Die dunkelbraunen Holzbauten, mit ihren roten Dächern vor der Kulisse des Himalaya ist schon fast kitschig. In einem kleinen Restaurant, in dem Oliver nicht aufrecht stehen kann, essen wir etwas, trinken Tee und beobachten das Treiben auf dem Platz bevor wir zu Fuss einmal quer durch die Altstadt laufen um uns mit Valerie zu treffen. Oliver führt mich durch das Gewirr aus Gassen, was eine wahre Meisterleistung ist, da es hier ja keine Straßennamen gibt und keiner der Passanten einem genau auf dem Stadtplan zeigen kann, wo wir eigentlich sind.

IMG_8999 IMG_9006 IMG_9018 IMG_9026Mit Pathan haben wir nach so langer Zeit noch mal ein ganz neues Gesicht vom Kathmandutal kennengelernt. Hier ist es wesentlich sauberer und gepflegter, es gibt eine ganze Reihe von westlichen Lokalen, Cafes und Supermärkten und viele Weiße auf den Straßen. In Pathan haben so ziemlich alle NGOs und ausländische Hilfsorganisationen ihren Sitz und dementsprechend viele Expats wohnen hier, was natürlich das Stadtbild beeinflusst.

Mit Valerie verbringen wir einen netten Abend im Kaminzimmer ihres Hotels. Sie erzählt uns von ihrer Arbeit, ihren ersten Erfahrungen auf den Dörfern in Nepal und wie sie überhaupt hier hingekommen ist. Wir erzählen vom Taschenprojekt und teilen unsere Nepal-Erlebnisse. Valerie bestellt auch gleich 3 Shakti-Milan-Bags und wir verabreden uns zu einem weiteren Treffen am Samstag auf dem Farmersmarket.

Fotoshooting in Pharping

Und die Serie der tollen Überraschungen, die Prakriti für uns parat hat, reißt auch am nächsten Tag nicht ab. Wir wollen heute einen Ausflug (bzw. eine Dienstreise) nach Pharping machen. Oliver war noch nie dort und das muss sich ändern, schließlich hat Gokuls Familie dort ihre Wurzeln und es ist ein sehr schöner Ort. Aber bevor wir aufbrechen kommt noch die Überraschung in Person von Sunita, die uns ihr erstes Meisterstück höchstpersönlich präsentiert. Sunita ist die erste Frau aus der erweiterten Zielgruppe (Women in Need), die bereits nähen kann und sich jetzt an unseren Taschen versucht. Und das mit großem Erfolg. Ihr Meisterstück ist marktreif. Obwohl Sunita sehr schüchtern ist und kaum etwas sagt, mag ich sie sofort. Wir zeigen ihr all die anderen Taschen, die gestern aus Pharping angekommen sind, und erkennen, wie ein Leuchten über ihr Gesicht geht. Sie ist dabei!

IMG_8817Irgendwie können wir noch nicht losfahren, da immer einer fehlt oder wir noch ein Motorrad organisieren müssen oder weiss der Kuckuck. Die Zeit bis zur Abfahrt nutzen wir für ein Fotoshooting. Das Wetter ist toll, der Himmel blau und Oliver hängt alle Taschen auf die Wäscheleine auf der Dachterrasse. Die bunten Motive en masse sehen echt stark aus. Dann machen wir noch verschiedene andere Fotos mit Prakriti, Viola und mir mit Oliver als professionellem Fotografen. Wir haben bereits jetzt einen Riesenspaß. Aber es soll heute noch viel, viel besser werden.

IMG_8881 IMG_8888 IMG_8825 IMG_8847Wir sind mit 3 Bikes und 6 Personen nach Pharping unterwegs. Oliver darf den Scooter fahren und probiert damit zum ersten Mal den Linksverkehr, das Verkehrschaos und die maroden Straßen von Kathmandu aus. Das klappt sehr gut. Nach ca. 1,5 Stunden haben wir unser Ziel und den kleinen Teeladen von Krishnas Familie erreicht. Hier gibt es erst mal eine Pause, natürlich einen Tee und dann noch Dal Bhat. Gleich neben dem Teeladen ist die Werkstatt von Krishnas Bruder und während der Reis noch kocht, stürmen wir zu sechst den Mini-Raum um zu sehen, wie die Taschenproduktion läuft. Mittlerweile hat Sundar 2 Frauen beschäftigt, die ihm helfen meine Riesenbestellung zu produzieren. Noch 4 Tage bis zum Rückflug nach Berlin. Der Count-Down läuft. Aber er macht das super! Gerade nähen sie die Rucksäcke und wir machen gleich mal eine Anprobe mit Oliver. Passt!

IMG_8892 IMG_8895 IMG_8897 IMG_8908 IMG_4528 IMG_4525 IMG_4529Nach dem Dal Bhat fahren wir weiter. Keine Ahnung wohin, aber mittlerweile sind wir zu Acht auf 4 Bikes. Sundar und ein Nachbar sind jetzt auch dabei. Der Nachbar führt uns immer weiter hinauf in die Hügel. Wir haben heute beste Bergsicht auf die Gipfel des Langtang Gebirges. Und das vor blühenden Senf-Feldern. Einfach genial und was für die Seele. Oliver hat natürlich die Kamera und wir unsere Reistaschen dabei. An verschiedenen Plätzen fangen wir jetzt an zu Posen und die Taschen in Szene zu setzen. Jedes Mal sind wir sofort von einer kleinen Traube von Dorfkindern und anderen Neugierigen umgeben. Die Subedi-Brüder entpuppen sich unter Olivers fachkundiger Anleitung als Naturtalente beim Modeln. Krishna der Spassvogel ist natürlich der Beste, was er auch immer wieder bestätigt haben möchte ;-).

IMG_8948 IMG_8921 IMG_8935 IMG_8942 IMG_8955 IMG_8958 IMG_8968 IMG_8981 IMG_8987 IMG_8994 IMG_4542 IMG_4538 IMG_4537Es wird spät, als wir uns auf den Rückweg nach Kathmandu machen. Alle haben den Ausflug aufs Land genossen und die Rückfahrt immer wieder hinausgezögert. Hier noch einen Tee in einer kleinen Bude getrunken, da noch mal angehalten um einen tollen Blick auf die Bergkette zu haben, noch mal bei den Eltern vorbeigeschaut und natürlich mit Sundar übers Taschen-Business geredet. Was sind seine Vorstellungen von fairer Vergütung? Wie viele Taschen schafft er bis Samstag? Kann er hier und da noch etwas Finetuning an den Taschen vornehmen? Etc. Dann bekommen wir noch einen „Groundapple“ vom Nachbarn geschenkt, ein Ding, daß noch keiner von uns jemals gesehen, geschweige denn gegessen hat. Wir nehmen es erst mal mit und probieren es später zu Hause aus. Ist wirklich lecker und fruchtig. Wir sind positiv überrascht, sieht das Ding doch eher wie eine Süsskartoffel aus.

Einkaufen in Old-Town

Es geht im gleichen Tempo weiter. Heute steht Label-Einkaufen in Old-Town auf dem Programm. Noch vor dem Frühstück schreibe ich den Text für unsere Taschenanhänger neu. Da wir nun nicht mehr ausschließlich mit HIV-Infizierten Frauen an den Start gehen, passt der vor ein paar Wochen entworfene Text nicht mehr. Oliver formatiert in Windeseile und sichert gleich noch die Domain www.shakti-milan-bags.com und öffnet eine Facebook-Präsenz bevor der Strom wieder abgestellt wird. Direkt nach dem Frühstück geht es los.

Gemeinsam mit Gokul und Prakriti fahren wir in die Strasse der Label-Händler. Hier bekommt man rollenweise Labels aller nur erdenklichen Marken. Der Renner ist „The North Face“ aber natürlich auch Gucci und Armani gibt es. Wir hatten schon vor einigen Wochen mit der Recherche begonnen und mittlerweile haben wir genug Wissen gesammelt um heute endlich den Auftrag geben zu können. Wir brauchen die Labels noch diese Woche, von daher können wir leider keine gestickten Labels aus Indien in Auftrag geben, obwohl die sicherlich sehr cool aussehen würden. Nach einigem Hin- und Her nehmen wir schwarze Labels mit silbernem Druck. Oliver hat seinen Laptop dabei und passt noch im Laden die Vorlage an die Größe des Labels an. Gokul und Prakriti verhandeln in der Zwischenzeit den Preis. Sie legen sich voll ins Zeug um den besten Preis zu bekommen. Dann ein kurzes Stutzen. Wir wollten erst mal nur eine kleine Stückzahl zum Ausprobieren. Da ist der Preis höher, schon klar. Der Händler schlägt uns vor direkt 2.500 Stück zu kaufen, da könnte er einen guten Preis machen. Interessanterweise unterscheidet sich der Preis für 2.500 Stück zu dem für 250 Stück lediglich um ca. 15 Euro. Also gehen wir in die Vollen und bestellen Label für das ganze nächste Jahr und wahrscheinlich noch weit darüber hinaus. Als das erledigt ist, widmen wir uns den Love Letters. Gleiches Prinzip. Wir suchen ein schönes Nepali-Papier aus. Oliver formatiert und unsere Nepali-Kollegen verhandeln den Preis. Auch hier sind im endeffekt 2.500 Stück günstiger als eine kleinere Menge. Jetzt hoffen wir nur, dass sich nicht irgendwo ein Tippfehler eingeschlichen hat. Am Freitag soll alles fertig sein, dann wissen wir Bescheid.

IMG_3122 IMG_3124 IMG_3126Nach diesem aufregenden Einkauf gehen wir erst mal einen Tee trinken im einem der kleinen Nepali-Straßenrestaurants. Prakriti und ich haben natürlich jeder eine original Shakti Milan Bags Tasche dabei (passend zum jeweiligen Outfit) und Oliver nutzt die Gelegenheit ein paar Katalogfotos vor authentischer Kulisse von uns zu schießen. Leider findet der Ladenbesitzer das nicht halb so spaßig wie wir und so müssen wir aufgeben und zur Beruhigung der Gemüter auch noch was zu Essen bestellen.

IMG_8782Danach trennen wir uns. Oliver und ich machen noch ein bisschen Touri-Programm und gehen zum Durban Square, einem der ältesten Plätze in Kathmandu und auch Weltkulturerbe. Mittlerweile sind kaum noch Touristen unterwegs. Die beste Reisezeit für Nepal ist vorbei und selbst in Thamel wuselt es längst nicht mehr so wie noch vor ein paar Wochen. Wir schlendern über den Antikmarkt, kaufen ein paar Kleinigkeiten und genießen das Treiben vor traumhafter Kulisse.

IMG_8792 IMG_8804 IMG_8795 IMG_8999 IMG_9006IMG_9026 IMG_9018Zurück zu Hause wartet eine neue Überraschung auf uns. Krishna war in Pharping und hat eine ganze Ladung neuer Taschen mitgebracht. Gokuls Büro gleicht jetzt einem Showroom und begeistert inspizieren Oliver und ich die neuen Taschen und Motive. Es ist schon toll, wie viele verschiedene Motive wir mittlerweile aufgetrieben haben. Und ständig werden es mehr.

IMG_8813Franzi, eine andere Volontärin, kommt kurz vorbei und wird auch gleich in das Reich der Taschen geführt. Bhagwan hat uns zum Essen in der Stadt eingeladen und kommt um uns abzuholen. Auch ihn verpflichten wir erst unsere Taschen zu bestaunen, bevor es losgehen kann ;-). Aber Bhagwan ist schon längst überzeugt und hat uns seine Unterstützung beim Verkauf zugesagt. Noch am selben Abend verkauft er seine erste Tasche an Max, einen Volontär, der am nächsten Tag zurück in die Schweiz fliegt. Wer sagt’s denn!

Wir haben einen netten Abend in einem Restaurant mit Blick auf den großen Stupa mit den Augen. Einer meiner Lieblingsplätze mit sehr schöner Stimmung, besonders Abends. Wir trotzen der Kälte mit original Nepali-Grog und hervorragendem Essen und erfahren mehr über Nepal, die Regierung, das System und was es bedeutet hier Geschäfte zu machen.

Tag der Entscheidung im Taschen-Projekt

Der Termin bei Shakti-Milan ist für 15 Uhr angesetzt. Also bleibt uns der Vormittag um weiter am Projekt zu arbeiten. Erste Besprechung mit Prakriti auf der Terrasse. Dann setzen Oliver, Prakriti und ich uns auf die Yogamatte auf der Dachterrasse in die Sonne und eröffnen unser Büro.

IMG_4513Zuerst spielen wir die ganze Prozesskette durch. Von der Produktentwicklung über die Beschaffung der Rohmaterialien zur Produktion, zum Marketing und Vertrieb der Taschen. Außerdem spielen wir das Thema Human Resources durch, denn qualifizierte und vor allem motivierte Mitarbeiterinnen mit dem Kriterium der Bedürftigkeit zu bekommen und langfristig zu binden hat sich ja schon in den Anfängen als Herausforderung gezeigt. Auch über die Finanzen und Reportingstandards machen wir uns einen Kopf und wie wir den Infoaustausch in Zukunft handhaben wollen, mit uns in Deutschland, Prakriti in Nepal und einer schneckenlahmen Internetverbindung und das auch nur wenn gerade Strom da ist.

IMG_3116Als wir die ganze Prozesskette im Detail auf Post-Its geschrieben und auf die Yogamatte geklebt haben, brauchen wir erst mal einen Tee. Puh, das ist ein richtiges Business und ganz schön komplex. Unser Bauchgefühl, daß die Damen von Shakti-Milan das innerhalb ihrer Organisation nicht handeln können, wird nach dieser Übung ganz klar bestätigt. Leider haben die Shakti-Milan Damen im Moment noch grosse Schwierigkeiten überhaupt eine Tasche in der erforderlichen Qualität zu produzieren. Die Ausbildung läuft noch und das Engagement ist auch sehr unterschiedlich. Und die Taschenproduktion nach Standardvorlage ist nur ein kleines Puzzlestück in der ganzen Prozesskette. Wir überlegen ob wir das Team um Sundar im Dorf Pharping ausbauen sollten. Auf dem Dorf gibt es viele bedürftige Frauen die bereits Kleidung nähen können. Sie auf Taschen zu schulen dauert max. 3-4 Tage und Sundar könnte ein solches Team leiten, die Qualitätsstandards sichern und die Frauen anlernen. Sobald die Shakti-Milan Damen dann soweit sind, können wir ein zweites Team aufmachen, denn dann haben wir hoffentlich genügend Aufträge um beide Teams auszulasten. Ausserdem könnten die HIV Damen dann weitgehend unter sich und in der geschützten Umgebung bleiben, ohne ihre Infizierung vor anderen Nicht-HIV Infizierten publik machen zu müssen.

Auf jeden Fall ist klar, dass wir sofort ein zweites, unabhängiges Team von bereits ausgebildeten Frauen brauchen, die innerhalb von sehr kurzer Zeit loslegen können Taschen zu produzieren. Anderenfalls müssen wir unsere Bestellungen streichen.

Nach dem Mittagessen brechen Prakriti und ich zu Shakti-Milan auf. Goma ist bereits da. Der Näh-Raum ist belebt, es hängen Taschen an der Wand und eine Bewohnerin des Heims übt an der Nähmaschine (macht sie gut, seltsamerweise ist sie gar nicht bei uns im Team). Ich freue mich sehr das so zu sehen.

IMG_3118Die Häkel-Dame kommt und präsentiert uns stolz ihre erste Reissack-Tasche. Klasse! Als wir den Sack sehen, den sie dafür verwendet hat, bekommen Prakriti und ich gleichzeitig einen Stich in den Magen. Wir brauchen keinen Blickkontakt. Wir denken beide genau dasselbe: OMG! Der Sack mit dem Elefantenmotiv, der ist so selten zu bekommen und der einzige, der richtig gut auf den Rucksäcken aussieht. Und sie hat ausgerechnet den zum Üben genommen. Ohne Blick fürs Motiv hat sie einfach dem Elefanten durch den Bauch geschnitten….RAMROOOO (schööön) sagen wir beide mit einem gequälten Lächeln.

Wir sprechen lange mit Goma. Nach ein paar einleitenden Worten kommen wir sehr schnell zum Punkt. Wie soll es weitergehen? Sie ist sehr ehrlich zu uns und beschönigt nichts. Im Moment, so sagt sie, sind sie noch nicht in der Lage einen Beitrag zur Produktion zu leisten. Sie hat die Komplexität unterschätzt und es tut ihr leid, dass ihre Damen aus unterschiedlichen Gründen nur mäßiges Engagement zeigen. Aber es ist nach wie vor ihr Traum dieses Business für Shakti-Milan zum Fliegen zu bringen. Sie verspricht einen neuen Anlauf zu starten, alle Shakti-Milan Mitglieder zu einem Treffen zu versammeln und auch einen Näh-Trainer aufzutreiben um das Team auf Taschen zu schulen. Sie braucht nur mehr Zeit und eine kleine Pause. Wir einigen uns auf einen Zeitraum von 5 Monaten für den wir aus den Erlösen der Taschen das Training, die Materialien, die Busfahrten etc. für die Shakti-Milan Damen finanzieren. Die Nähmaschine, der Raum, alles bleibt erhalten. Wir werden in engem Kontakt bleiben, regelmäßig vorbeischauen und den Fortschritt verfolgen. Nach 5 Monaten, so ist der Plan, sind die Damen soweit, dass sie in die Taschenproduktion einsteigen können. Ausserdem werden sie auch einen wesentlichen Beitrag zum Vertrieb und Marketing der Taschen über ihr Netzwerk leisten. Prakriti und ich werden derweil unser Möglichstes tun um das Projekt in der Zwischenzeit am Leben zu halten. Wir werden ein weiteres Team aufbauen, damit wir die Aufträge erfüllen und so Geld für das Training der Damen generieren können. Goma ist einverstanden die Zielgruppe auf hilfsbedürftige Frauen aller Art zu erweitern und nicht nur im Kreise der HIV Infizierten Frauen zu suchen. Das war ein gutes Meeting und hat eine Menge Klarheit gebracht. Die nächsten Schritte zeichnen sich ab.

Zurück zu Hause hat Viola, unsere neue Mitbewohnerin, Pasta gekocht. Das ist mal eine nette Abwechslung zum täglichen Reis und auch die Familie probiert neugierig dieses fremde Gericht ;-).

Direkt nach dem Abendessen versammeln wir uns alle auf dem Bett von Gokul und Prakriti, werten den Tag und das Gespräch mit Goma aus und entscheiden dann, wie und mit welcher Organisationsform wir weitermachen. Spätestens morgen müssen wir die Labels und Anhänger (Love Letters) für die Taschen in Auftrag geben und dafür müssen wir wissen, wie das Kind heissen soll. Wir entscheiden uns dafür eine Dachorganisation zu registrieren, die WISE (Women in Social Entrepreneurship) heissen soll. Das gibt uns die Möglichkeit langfristig auch noch andere Bereiche als Taschen zu eröffnen. Unter WISE gibt es die Taschenproduktion, die wir Shakti-Milan-Bags nennen. Und „Shakti Milan Bags“ würden wir gerne zur Marke ausbauen. Da wir vorerst ja nur eine Taschen-Art haben, und um unsere Kunden nicht zu verwirren, werden wir nach Außen erst mal nur mit dem Namen „Shakti Milan Bags“ auftreten. Mit dieser Entscheidung fühlen wir uns alle gut. Und wir werden euphorisch als wir uns erlauben die Zukunft der WISE Organisation und deren Potenzial noch ein bisschen weiter zu träumen, bevor auch dieser ereignisreiche Tag zu Ende geht.

Bye Bye Pokhara and Welcome Home in Kathmandu

Gemütlich lassen wir es heute morgen in Pokhara angehen. Nach einem ausgiebigen Frühstück suchen wir uns noch mal ein chilliges Plätzchen am See und geniessen die saubere Luft vor unserer Rückkehr nach Kathmandu. Das heute in Deutschland Nikolaus gefeiert wird, bekommen wir nicht wirklich mit.

IMG_4499 IMG_4497Unsere Wäsche, die wir am Vortag im Hotel abgegeben haben ist noch nicht zurück aus der Wäscherei. Um 13 Uhr müssen wir zum Flughafen, das wird knapp aber irgendwie wird es schon passen. Und so ist es auch. Um 12:30 Uhr kommt die Wäsche und uns bleibt noch genügend Zeit sie in den Rucksack zu stopfen. Der Preis für den Service ist einfach unverschämt. Ca. 30 Euro berechnet das Hotel für einen Service, der noch vor 2 Wochen ca. 10 Euro gekostet hat. Oliver macht Rabatz aber leider haben wir dann doch nicht mehr genügend Zeit das Gefecht zu Ende zu bringen. Wir bezahlen das Lehrgeld und fahren etwas verärgert zum Flughafen. In 7 Minuten sind wir schon da und nach weiteren 45 Minuten können wir in die Spielzeugmaschine einsteigen. Der Flughafen von Pokhara ist ein winzig und mein Pfefferspray wandert unentdeckt mit im Rucksack in die Kabine (bemerke ich aber erst hinterher).

IMG_4504Der kurze Flug ist sensationell und jeden Cent wert. Anstatt 8 h im Bus durch die Gegend zu schaukeln, sind wir in weniger als 30 Minuten in Kathmandu. Und wir fliegen bei bester Sicht die ganze Zeit an der Bergkette des Himalaya entlang. Bis jetzt hatten wir ja schon oft Berge an unterschiedlichen Orten und aus unterschiedlichen Perspektiven gesehen. Aber das ganze Massiv aus der Luft zu betrachten, die schneebedeckten 7 und 8 Tausender in der Sonne vor blauem Himmel, ist total beeindruckend.

IMG_8749 IMG_3111Angekommen in Kathmandu werden wir von einem Karmalaya Team abgeholt und nach Hause zu Gokul gefahren. Was für ein netter Service! Kaum haben wir einen Fuss ins Haus gesetzt, werden wir auch schon von der gesamten Familie mit grossem Hallo begrüßt. Ama hat uns als erstes entdeckt. Die Schwestern kommen und zeigen uns ihre Babies, stolz über jedes Speckröllchen, was in den vergangenen 3 Wochen gewachsen ist. Saishna, Gokul, Prakriti, Krishna, Papa, alle kommen und freuen sich, dass wir wieder da sind. Und es gibt eine neue Mitbewohnerin. Viola aus der Schweiz wohnt jetzt auch bei uns, während Maria und Mirjam in der Zwischenzeit abgereist sind.

Die grosse Überraschung wartet im Wohnzimmer. 18 neue Reistaschen mit tollen Motiven stehen nett aufgereiht und mit Zeitungspapier ausgestopft für uns bereit. Ich bin total aus dem Häuschen. WOW! Ich war mir nicht sicher, ob das Taschen-Projekt eine Überlebenschance hat, da die Shakti-Milan Damen eher mässiges Engagement zeigen und noch keine von ihnen in der Lage ist auch nur annähernd eine Tasche in der erforderlichen Qualität zu nähen. Während meiner Abwesenheit aus Kathmandu hatte ich meinen Frieden damit geschlossen und war auch darauf vorbereitet das Baby zu Grabe zu tragen. Und jetzt das! Ein Gefühl wie Weihnachten! Nicht nur für mich, sondern auch für Prakriti, die in den letzten Tagen alle Hebel in Bewegung gesetzt hat, um das Projekt am Leben zu halten. Die Taschen wurden in Pharping, im Dorf der Famile von Krishnas Bruder Sundar produziert. Er hatte uns schon ganz am Anfang bei dem Projekt unterstützt und ich mag ihn sehr. Er hat 2 Mitarbeiterinnen (aus unserer Zielgruppe von bedürftigen Frauen) aus dem Dorf angestellt, die ihm helfen neben seinem normalen Nähbetrieb noch unsere Taschen zu fertigen. Das ist nicht als Dauerlösung gedacht, aber wir brauchen dringend ein paar Taschen, denn ohne ein konkretes Produkt zum zeigen, können wir auch nichts verkaufen.

IMG_3114 IMG_4511Unser Gepäck steht noch draußen. Wen interessiert’s. Sofort sind wir wieder Feuer und Flamme für unser gemeinsames Taschen-Projekt. Prakriti ist froh, endlich wieder Sparrings-Partner zu haben und berichtet uns, was während unserer Abwesenheit alles passiert ist, wo wir stehen und welche Ideen sie hat. Sie ist wirklich eine klasse Frau und super clever. Und der Hammer ist, dass sie eine Bestellung aus Australien für 60 Taschen an Land gezogen hat. Bis spät in den Abend diskutieren Gokul, Oliver, Prakriti und ich die verschiedenen Aspekte, Themen, Strategien und To-Dos unseres kleinen Social Business. Wir sind wieder zurück! Es gibt jede Menge zu tun! Gleich morgen treffen wir uns mit Goma von Shakti-Milan und dann werden wir entscheiden wie es mit dem Business weitergeht.

Die besten 100 Bilder aus dem Foto-Projekt

Für insgesamt 10 Tage waren Kerstin und ich in einem kleinen Bergdorf namens Swaragau nord-westlich von Kathmandu, Nepal. Wir haben in Swaragau als Volunteers insbesondere das Blindenprojekt von Karamalaya unterstützt.

Im Vorfeld habe ich mir einige Gedanken gemacht, was ich mit den Kindern zusammen unternehmen möchte. Wenn man immer wieder und überall mitbekommt, wie begeistert Kinder in jedem Alter gerne fotografieren, lag es Nahe ein Foto-Projekt zu starten. Daher habe ich fünf einfache Digitalkameras mit nach Nepal genommen, die mir dankenswerter Weise von der Avides AG gesponsort wurden.

In enger Zusammenarbeit mit den Lehrern habe ich fünf Gruppen je eine Kamera zu einem Thema zur Verfügung gestellt. Die Gruppen wurden von den Lehrern ausgewählt und ich habe darauf geachtet, dass immer eine Gruppe mit erblindeten Kindern dabei ist. Die erblindeten Kinder haben entweder mit ihrer Rest-Sehkraft oder in Zusammenarbeit mit sehenden Kindern sehr engagiert an dem Projekt teilgenommen.

IMG_7917Es wurden drei unterschiedliche Runden mit den Themen Tiere, Freunde und Familie durchgeführt. Vor jeder Runde haben wir die Kinder kurz in die Funktion der Kamera eingeführt. Nach Rückgabe der Kameras wurden die Bilder gesichtet und eine Reihenfolge der „besten Gruppe“ ermittelt. Alle Teilnehmer konnten sich in Reihnefolge der Besten einen Preis aussuchen.

Hier nun die Galerie der besten 100 Fotos aus dem Foto-Projekt

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Wir gehen in die Luft und unter Wasser

Wir stehen sehr früh am morgen auf, um den Sonnenaufgang mit Bergpanorama von der Aussichtsplattform zu sehen. Dafür sind wir schließlich hier in Sarankot auf den Berg gefahren. Ein Blick aus dem Fenster bringt Ernüchterung. Eine Wolken- und Nebelsuppe umgibt uns. Kein blauer Himmel, keine Sicht. Aber vielleicht ist das von der Plattform aus ja anders und so stiefeln wir trotzdem noch vor dem Frühstück den Berg bis ganz nach oben hoch. Unterwegs kommen uns jede Menge Menschen entgegen, die schon wieder runterklettern. Als wir endlich oben sind, wissen wir auch warum. Es ist absolut gar nichts vom grandiosen Bergpanorama zu sehen. Schade! Schnell noch ein paar Fotos. Haben wir einen neuen Trend verpasst? Oder warum machen Chinesen Selfies nur mit Helm?

IMG_4490IMG_8660Aber die Sonne kommt langsam durch und es wird wärmer. Also gehen wir zurück zum Hotel um ausgiebig in der Sonne zu frühstücken. Und siehe da, ca. 2h später hat die Sonne es geschafft und die Wolken vertrieben. Ganz langsam, nach und nach schält sich ein Berg nach dem anderen aus den Wolken. Und obwohl wir ja mittlerweile wissen, wie die Berge aussehen und dass sie immer da sind, auch wenn wir sie nicht sehen, ist das jedes Mal ein atemberaubender Anblick, wenn die schneebedeckten Gipfel der 7-8 tausend Meter hohen Berge dann tatsächlich vor dem blauen Himmel auftauchen. Wir trainieren das Frühstück dann auch gleich wieder ab, indem wir noch einmal den Berg zur Aussichtsplattform hochlaufen um das ganze Panorama zu genießen. Life is Good!

IMG_8680 IMG_8679Dann packen wir unsere Rucksäcke und machen uns auf zum Absprungplatz der Paraglider. Wir haben ja schließlich heute etwas Besonderes vor und sind schon ganz schön aufgeregt. Und wir können unser Glück kaum fassen, dass wir sehr wahrscheinlich heute beim Absprung das komplette Bergpanorama sehen können. Das ist schon etwas Seltenes. Der Sprungplatz wimmelt nur so von bunten Gleitschirmen, aufgeregten Touris, Sportfreaks und Gleitschirmpiloten. Unsere Crew ist noch nicht da und wir müssen noch ein Stündchen in der Sonne warten, bevor es dann für uns auch losgeht.

IMG_8685Als es dann soweit ist und an den Start geht, bekomme ich die Instruktion zu laufen, nur zu laufen und nicht zu springen. Guck auf den Horizont, nicht nach unten und lauf, sagt mein Gleitschirmpilot zu mir. Kurz wird mir flau im Magen und ich überlege auf was ich mich da eigentlich eingelassen habe. Als der Gleitschirm dann etwas Wind bekommt bin ich sofort in der Luft. Ich komme gar nicht dazu zu laufen und bevor ich noch bis 2 zählen kann, gucke ich auf den Absprungplatz in 100 Meter Entfernung unter mir. WOW. Das macht Spass. Ich fliege wie ein Adler. Oliver taucht irgendwann auch neben, unter und über mir in der Luft auf und gemeinsam mit vielen anderen bunten Schirmen schwingen wir durch die Luft und schrauben uns immer Höher. Und einige Adler fliegen tatsächlich mit uns mit. Aus der Nähe betrachtet sind sie beeindruckend groß. Wir sehen die Berge, wir sehen den Phewa See, wir sehen all die Terrassenfelder und kleine Hütten, das Netz aus Trampelpfaden, dass sich über die Bergrücken zieht. Es ist wirklich toll. Nach ca. einer halben Stunde landen wir dann gemütlich am Ufer des Sees und trinken einen Tee in der Sonne. Und dabei haben wir beste Unterhaltung! Nach und nach trudeln nämlich auch die anderen Paraglider-Touristen ein, um direkt vor uns zu landen. Am meisten Spaß macht es uns, die Chinesen zu beobachten. Irgendwie sind deren Mägen nicht so robust und so muss sich jede Zweite im Landeanflug übergeben. Die armen Piloten.

IMG_8689 IMG_8696 IMG_8708 IMG_8710 IMG_8724 IMG_8738Wir hängen noch eine lange Weile an diesem schönen Spot, beobachten die Paraglider, freuen uns über unseren gelungenen Sprung, essen lecker Curry, stellen wieder einmal fest, dass man einfach Dinge machen muss und genießen die Sonne.

Irgendwann machen wir uns dann zu Fuss auf den Rückweg nach Pokhara, denn unser Fallschirmteam ist schon längst ohne uns abgefahren. Happy und völlig verschwitzt sammeln wir unsere Klamotten im Office von Mountainflyer ein und checken für eine weitere Nacht im Moonlight Resort in Pokhara ein. Oliver macht die Zimmertür auf und rennt direkt ins Badezimmer um auszutesten, ob die Dusche warm wird. Und danach verschwindet er fast augenblicklich für sehr lange Zeit im Badezimmer, aus dem ich in regelmäßigen Abständen Freudenrufe hören kann. Die erste warme Dusche nach vielen Tagen. Was für eine Wonne. Wir hatten irgendwie vergessen, wie glücklich warmes Wasser machen kann. Nachdem auch ich gründlich eingeweicht und sauber gewaschen bin, leisten wir uns den Luxus des Hotel-Express-Wäscheservices und bringen alle unsere Klamotten zum Reinigen. Hoffentlich ist damit dann auch das Kapitel meiner mysteriösen Stiche an Armen und Beinen beendet.

Abends treffen wir uns mit Rebecca, einer anderen Volontärin, in einem Koreanischen Restaurant. Es ist Vollmond, unser letzter Abend in Pokhara, wir haben den Gleitschirmflug überlebt…wenn das mal nicht alles Gründe zum feiern sind. Wir gönnen uns einen ganzen Tisch voll Leckereien ohne Reis und dazu noch ein Gläßchen Wein. Wehmütig denken wir daran, dass wir schon in ein paar Tagen Nepal verlassen müssen. Die Zeit ist unglaublich schnell vergangen und mittlerweile bewege ich mich mit so einer Leichtigkeit und Sicherheit durch dieses Land, dass ich es hier gut noch eine Weile aushalten könnte.

Mit dem Local Bus zurück nach Pokhara und weiter nach Sarankot

Heute verbringen wir wieder den größten Teil des Tages im Bus. Nach dem Frühstück in der Sonne in Gorkha geht es los. Sidi ist schon früh um 7 Uhr losgezogen um unser Bus-Ticket zu organisieren. Wir wollen heute die letzte Etappe zurück nach Pokhara und weiter nach Sarankot zurücklegen.

Ein kleiner Microbus stoppt direkt bei uns vorm Hotel. Sidi der Fuchs hat es geschafft, dass wir nicht wieder unser ganzes Gepäck den Berg zum Busbahnhof runterschleppen müssen, sondern vor der Tür abgeholt werden. Und tolle Plätze haben wir. Mit viel Beinfreiheit für Oliver. Der Traum währt keine 5 Minuten. Dann stellen wir fest, dass der Bus nach Kathmandu fährt und wir nach Pokhara wollen. Also schnell anhalten, rausspringen, Rucksäcke vom Dach holen und schon stehen wir wieder am Strassenrand mit unserem ganzen Plunder.

Wir nehmen einen anderen Bus, einen Local Bus (wieder so einen mit der tollen Bollywood Musik, bei der man nach stundenlanger Dauerbeschallung einen Dachschaden bekommt). Bis der Bus voll ist und losfahren kann, dauert es noch knapp eine Stunde. Dafür ist er dann aber auch richtig schön voll und Oliver kommt wieder in den Genuss von einigen Frauenhänden, die sich an seinen Knien festhalten. Ansonsten ist die Fahrt unspektakulär und nach ca. 5 Stunden sind wir wieder in Pokhara.

IMG_4482 IMG_4483Hier verabschieden wir uns nach 10 Tagen von Sidi und fahren im Taxi weiter nach Sarankot, einem kleinen Dorf oberhalb von Pokhara in den Bergen. Von hier werden wir morgen Paragliding machen, wenn uns bis dahin der Mut nicht verlässt.

Die Herberge, in der wir untergebracht sind, hat einen Wifi-Anschluss und so verbringen wir den Nachmittag damit, uns nach 10 Tagen in der Abgeschiedenheit von Swaragau, wieder mit der Welt zu vernetzen. In der Zwischenzeit wurden in Kathmandu fleissig Taschen produziert und neue tolle Reissack-Motive gefunden. Und zum Welt-Aids-Tag gab es einen Artikel in der Bielefelder Neuen Westfälischen und der Onlineplattform von Burda über unsere Aktivitäten hier in Nepal. Den Kontakt hat Olivers Mutter hergestellt, die wir zur Pressechefin ernannt haben. Super Job! Weiter so! Mal gucken, ob wir dadurch noch weitere Spendengelder bekommen.