Nach einer Stunde QiGong und Meditation auf dem Felsen mit der Sonne im Rücken und mit Blick auf die Berge sowie einem ausgiebigen Frühstück fühle ich mich gewappnet heute alle Schulklassen zu besuchen.
Heute schließen wir das Fotoprojekt ab. Oliver hat die 100 besten Fotos der Kinder aus allen Gruppen und über alle Themen in einer Bildschirmpräsentation zusammengestellt. Inzwischen gibt es im Dorf auch erste Nachahmer des Fotoprojekts 😉
Sidi, Oliver und ich fangen in Klasse 8 an und arbeiten uns dann runter bis zur 1. Klasse. In jeder Klasse sagt Oliver noch kurz etwas zu dem Fotoprojekt, Sidi übersetzt und dann zeigen wir die Top 100 auf unseren Rechnern. Die Reaktionen sind in jeder Klasse unterschiedlich. Aber unisono kommen die Fotos gut bei den Kids an. Die beeindruckendsten Reaktionen gibt es in der 1. Klasse, wo wirklich jedes Bild von den Kleinen kommentiert wird: „Hund“; „Ziege“; „Tante Sowieso“, „Parvati Madam“, etc.
Oliver spielt die Fotos auch auf den Schul-Laptop und wir werden in Kathmandu einige der Fotos ausdrucken und laminieren lassen. Dann kann Bhagwan sie bei seinem nächsten Besuch in Swaragau mitbringen und in den Klassenzimmern aufhängen.
Am Nachmittag fotografieren wir noch mal alle Waisenkinder in der Gruppe und einzeln. Da werden Mützen abgenommen, Hosen zugeknöpft und die Hemden in den Hosenbund gestopft. Das ist eine ernste Angelegenheit und während jeweils ein Kind vorm Heuhaufen in Pose gebracht wird stehen 11 andere drum herum und kommentieren das Geschehen.
Dann fange ich endlich an, die Dokumentation über das Dorf zu erstellen, damit es die nachfolgenden Volontäre einfacher haben, hier zu landen und schneller aktiv werden können. Und da ist es wieder: mein Lieblingsthema „Einführung für neue Mitarbeiter“, was mich in allen Lebenslagen, sogar in abgeschiedenen Bergdörfern, verfolgt ;-). Ich sehe den Schulleiter auf dem Hof sitzen und Hausaufgaben überwachen. Das ist meine Chance einige Infos über das Dorf aus erster Hand zu erfahren und so geselle ich mich mit meinem Rechner dazu und frage ihn aus. Schnell haben die Kleinen ihre Hausaufgaben beiseite geschoben und gucken uns über die Schulter, während ich die Informationen, die mir der Lehrer gibt, in meinen Rechner schreibe. Das ist ja auch viel interessanter! So wird das Ganze doch noch eine kurzweilige Aktion und ich erfahre viele interessante Dinge.
Seifenblasen funktionieren immer, hat mir Kathrin in Berlin prophezeit und wie recht sie hatte! Ich sitze am Dorfplatz und 2-3 Mini-Nepalis gesellen sich zu mir. Ich ziehe ein kleines Fläschchen Seifenblasen aus der Tasche und lasse sie abwechselnd pusten. Wahnsinn, innerhalb von Sekunden haben die anderen Kids das mitbekommen und stürmen auf mich zu. In kurzer Zeit bin ich umringt von einer ganzen Traube brauner Gesichter in allen möglichen Schattierungen. Sie pusten was das Zeugs hält und jagen jeder Seifenblase hinterher. Ein großer Spaß mit ganz kleinen Mitteln. Als ich dann irgendwann die Flasche zumache und sage „finish“, zerstreuen sich die kleinen Nepalis sofort. Kein Murren, kein Betteln oder Zetern. Sie hatten ihren Spaß und jetzt ist es zu Ende. So was habe ich in Deutschland bei Kindern noch nicht erlebt.
Zum Abendessen gehen wir heute wieder ins Haus der Waisenkinder. Wir freuen uns, denn hier gibt es den besten Rakshi des Dorfes, überm Feuer aufgewärmt mit Honig. Sehr lecker! Oliver hat die Fotos und Portraits der Kinder, die er am Vormittag gemacht hat, fertig überarbeitet und den Laptop mitgebracht. Gemeinsam schauen wir uns die Bilder an, die wirklich sehr schön geworden sind. Auch die Gasteltern sind ganz begeistert. Als Oliver seiner kleinen Freundin Anju ihr Portrait mit den Worten „Ramro choa“ (sehr schön) zeigt und sie ihn übers ganze Gesicht anstrahlt, verdrehe ich die Augen. Nach dem sehr leckeren Dal Bhat und einigen Bechern Rakshi wollen wir eigentlich aufbrechen und uns von den Kindern im Nebenraum verabschieden. Die Kinder haben sich, während wir gegessen haben, mit Decken und Kissen eine gemütliche Höhle gebaut und kuscheln alle zusammen in den Decken. Sidi ist als erster in den Decken verschwunden, zur hellen Freude der Kids. Ein Blick von Anju und Oliver sinkt auch in die Knie. Vielleicht übertreibe ich hier etwas (hoffentlich!) aber auf jeden Fall ist das nächste, was ich von ihm sehe, dass er mit 2 Mädels im Arm auch unter der Decke verschwindet. Auch ich werde schnell von den restlichen Kindern in Beschlag genommen, mit denen ich kuschelnd und kichernd im Deckenberg versinke. Mit soviel Rakshi intus wäre ich beinahe gar nicht mehr aufgestanden, so gemütlich war das.