Wir feiern heute und morgen den Höhepunkt des 5-tägigen Lichterfestes. Nachdem am ersten Tag die Krähen Essen auf Blättern dargeboten bekommen und am zweiten Tag die Hunde mit Tika und Blumengirlanden geschmückt werden, bekommen am dritten Tag die Kühe, als Symbol für Lakshmi und Seelenführer in Yamrajs Unterwelt, bunte Blumengirlanden umgehängt. Und dann gibt es am Abend des dritten Tages Lakshmi Puja. Hier umkreisen in ganz Nepal die Familien mit Öllampen, Kerzen oder elektrischem Licht ihre Häuser, damit Lakshmi, die Göttin des Wohlstandes, zu ihnen findet. Um absolut sicher zu gehen, dass Lakshmi die Häuser nicht übersieht, wird hier mächtig aufgerüstet und es blinkt von allen Häuserfassaden wie zur besten Weihnachtszeit in der Berliner Grophiusstadt. Jetzt ist uns auch klar, wofür wir den ganzen Strom aufgespart haben 😉
Durch die Strassen ziehen den ganzen Tag lang Horden von Kindern, die, ähnlich wie bei St. Martin, an den Haustüren singen und dafür Süssigkeiten bekommen. Auch jede Menge lokale Musikgruppen und Tanztruppen sind unterwegs. Alle haben sich herausgeputzt. Auch die ganze Familie Subedi ist nach und nach durch unser Bad gewandert, da das der einzige Ort mit einer warmen Dusche ist. Selbst die kleinen Dreckspatzen aus dem Kindergarten im Erdgeschoss wurden gründlich gewaschen, was ihnen gar nicht gepasst hat.
Zur Feier des Tages hat sich Prakriti ein ganz besonderes Essen einfallen lassen und dafür erst mal die Kochplatten auf die Erde gestellt. Gemeinsam mit Krishna macht sie ganz leckere Brotfladen (habe leider den Namen vergessen), die dann frittiert werden. Yummi!
Das öffentliche Leben liegt lahm. Die meisten Geschäfte sind geschlossen und an den Strassenecken gibt es Wettspielchen um Geld. Auch Gokul und Prakriti haben Besuch von Verwandten, mit denen sie Karten spielen. Prakriti hat 178 Rupien (1,50 Euro) gewonnen und Gokul 100 Rupien verloren. Also alles noch im Rahmen 😉
Aber wir arbeiten natürlich unermüdlich weiter an unseren Projekten ;-). Oliver hat in der Nacht die finale Version des Flyers für die Social Experience Tour geschickt und Gokul und ich machen uns auf zum Copyshop. Wir entscheiden uns erst mal nur ein paar Exemplare zum Verteilen zu drucken und Feedback zu sammeln, bevor wir die Flyer in grossen Mengen drucken lassen.
Der Copyshop, in den Gokul mich mitnimmt, kann es mit jedem in Berlin aufnehmen. Grosse MAC Bildschirme, Hochleistungskopierer, Plotter, alles vom Feinsten. Die Drucke haben eine tolle Qualität aber leider auch ihren Preis (der mit den Preisen in Berlin vergleichbar ist). Da wir ja eigentlich Gelder für das Transitional Home und nicht für den Copyshop generieren wollen, beschliessen wir noch mal weniger zu drucken und sehr sparsam mit den Flyern zu sein.
Mit den frisch gedruckten Flyern fahren wir sofort zu Sandra, der Australierin, in ihr neues Restaurant um dort welche zu verteilen und ans schwarze Brett zu hängen. Sie ist ganz begeistert vom Layout und spricht grosses Lob an Oliver und Josef aus. Bei der Gelegenheit liest sie sich noch mal alles ganz genau durch und muss bei manchen Formulierungen schmunzeln. Sie sagt, sie wisse genau, was ich meine, aber irgendwie klinge es doch sehr Deutsch. Also haben wir schon den ersten Input für die Version 2.0 bekommen.
Ich bleibe ganze 2 Stunden im Restaurant, trinke meinen ersten Kaffee seit knapp 4 Wochen und schaue den Kindern zu, die immer wieder mit ihren Instrumenten vorbeikommen und nach Süssem verlangen. Sandra bietet uns an, auf dem Farmersmarket mit ihr gemeinsam am Stand zu stehen und die Tour zu bewerben. Das ist eine tolle Partnerschaft. Falls jemand Lust hat sie in ihrem Restaurant zu unterstützen, sie sucht noch Volunteers 😉
Danach treffe ich mich mit 2 anderen Volunteers und wir machen uns auf zur Boudha Stupa, dem Augentempel. Wir wollen noch einmal die tolle Atmosphäre hier geniessen und mit Blick auf die Stupa und all die Lichter in einem Restaurant essen gehen. Unterwegs dekoriere ich einige Restaurantwände mit unseren neuen Flyern 😉
Zurück zu Hause finden wir unsere Strasse im Ausnahmezustand. Mittlerweile brennen überall Kerzen, sind vor jeder Haustür kleine Blumen- und Farbmandalas und es dröhnt Musik aus allen Ecken. Und es macht überall blink, blink, blink…. die Kinder sind allesamt aus dem Häuschen.
Mirjam hat mit den Kindern im Transitional Home gefeiert und als sie heimkommt ist sie so in Partylaune, dass sie noch mal raus muss. An Schlafen ist bei dem Lärm eh nicht zu denken, also begleite ich sie. Wir streifen durch die Strassen und stellen dann fest, dass der Hotspot der Partyszene eigentlich direkt im Nachbarhaus ist. Hier drängen sich die Leute am Tor und im Hof gibt es jede Menge Tanzeinlagen a la Bollywood. Neugierig gucken wir auch in den Hof, werden sofort entdeckt und vom Gastgeber hereingerufen. Bleichgesichter sind hier eben noch was Besonderes, mit denen sich jeder gerne schmückt. Dann bekommen wir einen zentralen Sitzplatz und werden über Mikrofon begrüßt. Wir stellen uns der Menge vor, müssen irgendwann natürlich auch mittanzen und dann nimmt der Abend seinen Lauf ;-). Wir haben echt Spass. Und zwischendurch gibt es immer wieder Auftritte der örtlichen Tanz-Mädels. Lachend muss ich an die Zeit mit den More Shakes zurückdenken. Bei uns war es damals auch nicht wesentlich anders.