Gestern stand ich den ganzen Tag auf Abruf und habe jeden Moment damit gerechnet, dass wir einkaufen gehen. Schon seit Tagen planen wir in die Altstadt zu fahren und Stoffe und eine Nähmaschine anzuschaffen. Aber warum auch immer ist den ganzen Tag nichts passiert. Gokul und Goma haben zwar gefühlte 100 Mal miteinander telefoniert, aber es ist nichts Erkennbares herausgekommen.
Aber man kann die Zeit ja auch mit der Auswahl von Ricebags sinnvoll nutzen. Also beschliessen Gokul, Prakriti und ich mal kurz beim Reishändler der Familie um die Ecke vorbeizuschauen. Es wundert mich, dass Prakriti sich für diesen kleinen Ausflug so schick gemacht hat. Auf dem Weg erfahre ich warum. Wir gehen danach direkt weiter in die Altstadt und treffen uns mit Goma und ihren Mädels zum Nähmaschienenkauf. Na super, dann werde ich das Ereignis in Flip Flops und ungestylt erleben. Nur gut, dass ich so flexibel bin ;-).
Wir treffen uns mit den anderen in der Nähmaschinenstrasse der Altstadt. Hier reiht sich eine Bude mit Maschinen an die andere. Wir lassen die ersten 3 Geschäfte hinter uns ohne sie eines Blickes zu würdigen. Dann gehen wir zielstrebig in das 4. Geschäft. Dort ist schnell eine Maschine gefunden und die Verhandlungen beginnen. Ich halte mich im Hintergrund um die Preise nicht zu verderben. Es wird laut und heftig. Und nach einer Weile des Schlagabtausches ist es plötzlich still. Der Preis steht fest. Alle gucken mich nun an. Aha, damit hatte ich schon gerechnet. Ohne, dass je ein Wort darüber gefallen ist, sind alle immer davon ausgegangen, dass ich die Ganze Sache finanziere. Ich war schon gespannt, wann das Thema Geld mal zur Sprache kommt.
Da ich das Geld nicht in der Tasche habe, ziehe ich mit Gokul los um einen Geldautomaten zu finden, der mein Geburtstagsgeld ausspuckt, dass ich für den Kauf von Nähmaschine und Material verwenden möchte. Leider bekomme ich an jedem Automaten nur 80 € als Maximum ausgezahlt. Und das kostet mich jedes Mal 10€ Gebühren. Wir suchen vergebens nach einem Automaten mit einem höheren Limit und am Ende bekommen wir die Summe mit Prakritis Hilfe irgendwie doch noch zusammen.
Derweil haben die anderen Ladies im Laden schon Schere und weiteres Zubehör ausgesucht.
Beim Bügeleisen können wir uns nicht einigen. Ich bringe es nicht fertig ein Bügeleisen zu kaufen, was eine Tonne wiegt und was wir zu Hause als Deko noch von der Grossmutter rumstehen haben. Wahrscheinlich muss man dafür noch ein Feuer einheizen um es zu erwärmen. Einen Temperaturregler hat es auch nicht. Wir vertagen die Sache mit dem Bügeleisen und nutzen erst mal das von Gokul und Prakriti.
Dann fahren wir zu viert im Taxi mit dem Nähmaschinentisch auf dem Dach quer durch die Stadt ins HIV Krisenzentrum. Zwischendurch halten wir ein paar mal an und zurren unsere wertvolle Fracht auf dem Dach wieder fest.
Ein grosses Hallo, als wir bei den Damen im Zentrum ankommen. Mittlerweile ist es schon später Nachmittag. Das gute Stück wird in die Mitte des Empfangsraumes gestellt und wir feiern den Kauf mit einem Becher Sprite. Lecker ;-).
Dann gucken mich alle an und fragen mich, was wir nun tun? Diesen Moment habe ich gefürchtet. Seit Tagen sage ich, dass ich weder Designer bin noch Taschen nähen kann (und bestimmt nicht mit Fussbetrieb). Ich brauche dringend jemanden, der sich damit auskennt. Tanja S. bitte komm her!!!
Well, sage ich. Das war ein langer Tag. Jetzt gehen wir erst mal alle nach Hause und morgen gucken wir dann, was wir mit der Wundermaschine alles anfangen können. Das verschafft mir Zeit. Alle nicken zustimmend und dann zerstreuen wir uns.
Auf dem Rückweg kaufen Prakriti und ich noch eine Auswahl von buntem Nähgarn und einen Baumwollstoff. Auf meiner Shoppingliste steht noch viel mehr (Stecknadeln, Wachspapier, Ösenzange, Zickzackschere, etc.) aber so etwas gibt es hier alles nicht. Leider kann ich die Stoffe auch nicht anfassen und mich inspirieren lassen. Man muss immer genau wissen was und wie viel man will. Rumstöbern ist nicht.
Den Abend verbringe ich mit Nähvideos auf Youtube. Bei der Internetgeschwindigkeit schaffe ich genau 1,5 Videos, bevor der Strom abgeschaltet wird. Ohjeh, was wird das Morgen geben?