Um 5.30 klopft Gokul an meine Tür, einen Tee für mich in der Hand und fragt ob ich fertig bin. Nö, bin noch mitten beim Packen. Gestern hiess es noch kurz vor 6. Schnell schmeisse ich meine paar Brocken in den Rucksack und schwinge mich zu ihm aufs Moped. Die Strassen sind um diese Uhrzeit noch leer. Aber es begegnen uns echt eine Menge Jogger. Crazy bei der Hitze und dem Smog rennen sie auf der Strasse lang. Als wir am Park vorbeifahren traue ich meinen Augen kaum. Auf der Grösse eines Fussballfeldes ist halb Kathmandu versammelt. Es sieht aus wie auf dem Tempelhofer Feld. Alle machen irgendeine Art von Sport, einige joggen, andere sitzen und meditieren, etc. Wahnsinn, sehe ich heute zum ersten Mal obwohl ich an dem Platz schon oft vorbeigefahren bin. Aber eben nicht morgens um kurz von 6 Uhr.
Gokul zeigt mir stolz die modernen Touristenbusse, die so tolle Namen haben wie „Google“; „Facebook“; „Samsung“; „Converse“ oder „Nike“ und dann setzt er mich am zentralen Busbahnhof für Nepalesen ab. Die Busse hier haben dann schon gefühlte 100 Jahre mehr auf dem Buckel. Und die transportieren auch alles, inklusive Ziegen und Hühner. Alles was mitwill darf einsteigen. Es gehen immer noch mehr Leute rein. Zum Glück habe ich einen Sitzplatz am Fenster und kann gut atmen. Los geht es also nach Pharping, dem Hotspot der Klöster und heiligen Höhlen.
Nach 1,5 Stunden Fahrt sehe ich plötzlich Krishnas oranges Hemd am Strassenrand. Er hat mir schon gesagt, dass er auf mich warten wird in Pharping. Ich springe aus dem Bus (Bushaltestellen gibt es ja nicht) und schon werde ich wieder warm empfangen. Krishnas Familie kenne ich ja schon. Es gibt Tee, Doughnuts und wieder neue Leute zum Kennenlernen. Hmm, eigentlich wollte ich ja in ein Kloster um mal für ein Wochenende alleine zu sein. Nur mit mir. Aber daraus wird erst mal nichts. Nach dem Tee gehen wir durchs Dorf. Treffen weitere Freunde von Krishna. Einige kenne ich auch noch vom letzten Wochenende. Ein anderer begleitet uns auf unserem Rundgang, denn er ist ganz neugierig, wen Krishna da wieder angeschleppt hat.
Dann gehen wir in das Kloster, das Krishna ausgewählt hat. Es ist berühmt für seine Höhle, in der Rinpoche Guru erleuchtet wurde.
Wir sind zu früh. Machen noch einen Spaziergang auf den Berg, kehren zurück und oh Wunder, ich bekomme ein Zimmer. Und ein richtig tolles mit super Ausblick.
Nach dem Mittagessen (um 11 Uhr) schleppt mich Krishna auf seine Hausberge. Er kennt hier jeden Stein. Ich bin zu früh aufgestanden und habe generell keine gute Kondition. Ausserdem geht es nur Bergauf und das bei 30 Grad. Krishna in Flip-Flops und ich in Wanderschuhen. Patsch nass geschwitzt erreiche ich einige Meter hinter Krishna ein Plateau. Endlich geht es mal geradeaus. Und was sehen wir da. Ein Fussballplatz. Auf dem Berg. Wer ist denn so bekloppt erst den verdammten Berg hochzuklettern und dann noch in der Hitze Fussball zu spielen?
Es sind die Mönche. Unter ihren Kutten haben sie erstaunlich professionelle Fussballtrikots. Am Spielfeldrand lassen sie die Hüllen fallen unter denen sie schon in Spielermontur gekleidet sind. Erstaunliches Schauspiel.
Wir kraxeln noch ein bisschen höher, setzten uns auf dem Kamm ins Gras und schauen aufs Tal. Schön. Danach verabschieden wir uns im Kloster und ich bin endlich allein.
Ich finde ein schönes Plätzchen vor meinem Zimmer im Schatten und bin mit mir und der Welt zufrieden. Dann kommt Alex. Ein durchgeknallter Ukrainer, der jetzt in Tel Aviv lebt, aber eigentlich auf Höhlen-Tour ist. D.h. er reist von Höhle zu Höhle um dort zu meditieren. Ein Profi sozusagen. Es stört ihn, dass ich da sitze. Ob ich nicht weggehen kann. Also doch kein Profi, sonst könnte er das ja ausblenden ;-).
Beim Abendessen lerne ich dann einen Geschäftsmann aus Singapur kennen, der auch auf dem Höhlentrip ist. Gemeinsam mit Alex geben sie mir jede Menge Tipps, in welchen Höhlen ich noch „good vibrations“ spüren könnte. Abgefahren. Ich glaube so weit bin ich dann doch noch nicht.
Nach dem Abendessen um 6 Uhr werden die Klosterbürgersteige hochgeklappt und mit dem letzten Tageslicht verschwindet auch innerhalb der Mauern jegliche Aktivität. Keine abendlichen Chants, auf die ich insgeheim gehofft hatte. Auch die Höhle ist jetzt zu. Nach einem kleinen Schwätzchen mit Alex gehe ich auch ins Bett.